Siemens-Finanzchef Joe Kaeser stellte sich in Uerdingen den Fragen von Gymnasiasten und sprach auch über BenQ
Am Niederrhein. Zu staunen gibt es im Uerdinger Schienenwerk von Siemens eine Menge. Zum Beispiel die Konstruktion des Hochgeschwindigkeitszugs Veralo, der für den deutschen und russischen Markt gefertigt wird. Oder aber die Montage des „Sprinter Lighttrains”, der hier für die „Nederlandse Spoorwegen” zusammengebaut wird. Regina Seese, Elftklässlerin aus Dinslaken, staunte aber ganz spontan über etwas anderes: „Unglaublich, wie sauber es in den Fabrikhallen ist. Hier wird doch gearbeitet”, wunderte sich die Schülerin des Otto Hahn-Gymnasiums.
Sie war gestern mit ihrem Kurs Sozialwissenschaften in dem Krefelder Werk, um dort einen der einflussreichsten Manager der Republik zu befragen: den Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser. „Wir haben diesen Termin bei einem Wettbewerb des Initiativkreises Ruhrgebiet gewonnen”, erklärt die Lehrerin Eva Maria Müller nicht ohne Stolz.
Doch als Kaeser die insgesamt 77 Schülerinnen und Schülern aus Essen, Mülheim und Dinslaken zur Fragestunde bat, musste er schon bei der ersten Runde passen. „Nein, wie viele behinderte Mitarbeiter wir am Standort Krefeld beschäftigen, weiß ich nicht”, gestand der 52-Jährige ein. Aber soviel Detailkenntnis muss der Mann aus München, der persönliches Mitglied im Initiativkreis Ruhrgebiet ist, nicht haben. Dafür konnte Jürgen Matz, Betriebsratsvorsitzender des Uerdinger Werks mit insgesamt 2000 Mitarbeitern, in die Bresche springen und den interessierten Schülern immerhin berichten lassen, dass im vergangenen Lehrjahr zwei schwerbehinderte Auszubildende eingestellt wurden.
Schattenseiten einer Karriere
Die meiste Zeit verbrachte Kaeser übrigens damit, seinen eigenen Werdegang zu schildern. Der Betriebswirt leitet seit zwei Jahren die Finanzabteilung des Konzerns und war davor - nach Auslandsaufenthalten in Malaysia und in Kalifornien - unter anderem Vorstandsmitglied der Abteilung „Information and Communication Mobile” des Konzerns. Ein dunkles Kapitel.
Kaeser ließ auch die Schattenseiten des Geschäfts erahnen: „Das war ein Desaster”, urteilte er rückblickend über die Zusammenarbeit in der Handy-Sparte mit dem taiwanesischen Unternehmen BenQ.
Es wäre besser gewesen, früher einen klaren Schnitt zu machen und die Mitarbeiter in Kamp-Lintfort besser abgefedert und gut qualifiziert in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. „Es ist furchtbar, aber als Vorstand müssen sie das Beste für das Gesamtunternehmen tun. Nicht für einzelne Teile”, bekannte Kaeser rückblickend, sprach aber auch von den großen Chancen des Unternehmens speziell in der Umwelttechnologie habe.
Doch trotz aller Bemühungen: Für technische Berufe konnte Siemens nicht alle Schülerinnen und Schüler nicht begeistern. „Ich möchte später lieber irgendwas mit Sport machen”, sagte Nils Hientzsch. Und auch Regina Seese sieht ihre Zukunft eher in einem Medienberuf: „Interessant war es trotzdem.
Dialog mit der Jugend
Oberstufenschüler von Gymnasien und Gesamtschüler treffen sich auf Einladung des Initiativkreises Ruhrgebiet in den kommenden Wochen und Monaten mit Vorstandsmitgliedern der wichtigsten Unternehmen an Rhein und Ruhr.
Unter anderem haben zugesagt: Gisbert Rühl (Klöckner AG), Christoph Blume (Düsseldorfer Flughafen), Erich Staake (Duisburger Hafen AG), Herbert Lütkestratkötter (Hochtieg AG), Professor Dr. Jürgen Kluge (Haniel Duisburg), Jürgen Grossmann (RWE), Joachim Rumstad (Evonik Energie Voerde), Ekkehard Schulz (ThyssenKrupp in Duisburg), Timotheus Höttges (Deutsche Telekom Bonn) und Wulf Bernotat (Eon AG), Moderator des Initiativkreises.
Für die WAZ-Mediengruppe, zu der auch die NRZ gehört, wird Geschäftsführer Bodo Hombach am 14. Januar in Essen Schülern aus der Region Rede und Antwort stehen.