Nettetal/Berlin/Köln. „Der Ernst des Lebens“, Ulrich Peltzers neuester Roman, ist erstaunlich heiter geschrieben. Obwohl es um Geld, Sucht und Scheitern geht.
Es ist eine beinahe fröhliche Midlife-Lebensbeichte, die Bruno van Gelderen da seinen Leserinnen und Lesern vors Auge und ins Hirn plaudert. Erfunden hat den Mittfünziger, der da seine mutmaßlich bessere Lebenshälfte ausbreitet, der Krefelder Endsechziger und Romancier Ulrich Peltzer.
Bruno van Gelderen, aufgewachsen auf einem Bauernhof in der Nähe von Nettetal, erzählt von seiner Spielsucht, von seinem Weg vom Niederrhein zum Studium nach Berlin und wieder zurück auf den elterlichen Hof. „Vom Ernst des Lebens“ jedenfalls, so der Titel des Buchs, hält sich der Held weitgehend fern. Auch wenn Spielsucht und Geld eigentlich durchaus ernste Themen sind, werden sie hier eher heiter-ironisch präsentiert.
Van Gelderen, so erfahren wir zunächst zwischen den Zeilen und dann auch explizit, war wegen seiner Spielsucht und der daraus resultierenden Überfälle mal im Gefängnis. Das Studium hat er früh geschmissen. Berlin bietet ja so viel mehr. Vor allem an Drogen und Spielotheken. Die führen dazu, dass van Gelderens Laufbahn bei einer Konzertagentur abrupt endet.
Ulrich Peltzers Held war Konzertveranstalter, Fußballreporter, Anlageberater
Es folgt eine kleine Karriere als Fußballreporter, ganz so, als wollte sich Peltzer hier ein wenig vor Richard Fords „Sportreporter“ aus den 70ern verneigen. Über den Sport lernt van Gelderen einen georgischen Investor kennen, gräbt mit ihm einen abgehalfterten TV-Moderator aus, um die ältere, vermögende Kundschaft zu etwas zwielichtigen Anlagegeschäften zu verleiten. Van Gelderen ist damit nicht nur ein typisch niederrheinischer, sondern auch ein klingender Name, und unser Hans im Glück stolpert mit den Erträgen wieder Richtung Heimat und in die Kunstbranche . . .
Er ist also einer, der dem Fluss des Lebens eher zuschaut und ihm nur sehr behutsam durch Dämme und Deiche eine Richtung gibt. Der Ich-Erzähler steht eher staunend am Ufer und scheint sich zu fragen: Was bitte mache ich hier auf diesem Planeten und mit meinem Leben? Ebenso staunend folgen die Lesenden ihm und dem Tanz um Geld und Einfluss in unserer Gesellschaft.
In Ulrich Peltzers Roman „Der Ernst des Lebens“ wird geplaudert wie spätnachts in der WG-Küche
Man kann darin eine große Spiegelei der gegenwärtigen, gesellschaftlichen Zustände im Falle eines desillusionierten, gleichwohl optimistischen Ich-Erzählers sehen wollen. Muss man aber nicht, um sich einfach gut unterhalten zu fühlen.
Alles das wird in drei Akten im fröhlich dahingeplauderten Bewusstseinsstrom erzählt, ganz so, als sei man zufällig an der Bar, spätnachts in der WG-Küche oder im Zugabteil mit jemandem zusammen, der einem ungefragt das Leben ausbreitet. Täte es dieser jemand mit so viel satirischem und sprachlichen Talent wie Ulrich Peltzer in diesem Roman, man wäre auf das Beste unterhalten.