Düsseldorf. Bis zum September präsentieren vier Künstler in Ladenlokalen des Terminalgebäudes ihre Kunstwerke. Damit auch die Gedanken fliegen können.
Augenfällig im Wortsinne sind wohl am ehesten die Arbeiten von Gereon Krebber, gleich links von den Sicherheitsschleusen zu Terminal A und B. Keramikskulpturen in Blau- und Brauntönen stehen da in einem völlig offenen Ladenraum, nackt bis auf Spuren von ein paar Kabeln an der Wand. Sie erinnern an Ruinen in einem Kriegsgebiet, augenscheinlich kleine Quader, aufgetürmt zu verkleinerten Abbildern von Hochhäusern scheinen da wie zerschmolzen, zerfließen in bunten Farben. Und ja: man darf sie durchaus anfassen, vorsichtig allerdings. Krebber, gebürtiger Oberhausener, ist Professor für Bildhauerei der Kunstakademie Düsseldorf.
Künstlerische Mindestflughöhe bei regionaler Bodenhaftung
Der Flughafen hat bei der Auswahl der Künstler die regionale Bodenhaftung genauso berücksichtigt wie eine künstlerische Mindestflughöhe. Das sorgt für künstlerische Irritationen, die sich den meisten Besuchern und Fluggästen zwischen Bäckerei, Buchgeschäft und Parfümgeschäft erst auf den zweiten Blick offenbaren dürften. Wer aber das erste Kunstwerk entdeckt hat, wird zu einem einige hundert Meter langen Spaziergang verleitet, der weitere künstlerische Ein- und Ausblicke verspricht.
Ein bisschen weiter projiziert ein Beamer einen kurzen Clip des gebürtigen Krefelders Matthias Schamp auf die geschlossenen Türen eines Ladengeschäfts. Der etwas angejahrte Film aus dessen Wahlstadt Bochum, erkennbar an den Autos, zeigt, wie er sich, weiß gekleidet auf einer kreisrunden, roten Scheibe fixieren lässt, die dann als überdimensionales „Einfahrt verboten“-Schild aufgerichtet wird. „Schlechte Verstecke“ heißt die hintergründig-humorige Serie, mit der Schamp seinerzeit auch im Satiremagazin „Titanic“ auf sich aufmerksam machte.
Paul Schwer öffnet den Blick der Besucher aufs Vorfeld: Bei ihm kann man durch das geschlossene Ladenlokal auf die Flugsteige blicken – er schafft Durchblick auf den Sehnsuchtsort: Im Hintergrund sind Flugsteig und Startbahn. Dazwischen liegt die Irritation: Eine Baustelle? Aber warum sind dann dort Bildschirme, auf denen offenbar stark verpixelt, ein Kuss gezeigt wird? Und was sind das für merkwürdige zerschmolzene Plastik-Objekte, die da stark verformt im Raum hängen? Was soll das aus Trockenbauprofilen gefertigte Stahlgerüst einer Strandliege? Und was die grün beklebten Scheiben? Der Düsseldorfer liefert Objekte für Gedankenanstöße – und die Spieloase für Kinder und Teenager gegenüber mit ihrem Automaten einen interessanten Hintergrundklang.
Ausstellung in Ladenlokalen läuft bis September
Am Ende, wenn man Richtung Terminal C läuft, warten in einem blau ausgeleuchteten Ladenlokal hölzerne Stelen auf die Betrachter. Hinter verschlossenen Ladentüren sind menschliche Figuren auf die fast mannshohen Stelen gemalt worden. Anne Berlit hat sie von Insassen der JVA Essen gestalten lassen, wo die Meisterschülerin von David Rabinowitch lebt und arbeitet. Zwischen den knapp 20 Stelen liegen weiße Objekte am Boden. Kopfkissen? Reisegepäck? Leichensäcke?
Berlit will mit ihrer Arbeit Fragen aufwerfen nach denjenigen, die nicht reisen können oder dürfen. Flüchtlinge an EU-Außengrenzen, Menschen in Gefängnissen. Der Flughafen, sagt sie, erinnert sie immer auch ein bisschen an die Besuche in der JVA mit seinen strengen Sicherheitsvorgaben, den Menschen in Uniform, denen sie sich ausgeliefert fühlt. Dabei scheinen die Welten doch so unterschiedlich: vom Freiheitsentzug dort bis zum Freiheitsversprechen eines Flughafens, dass einem die Welt offensteht.
So immerhin öffnet sich der Flughafen Düsseldorf zusätzlich der Freiheit der Kunst, die Menschen gerade dann am wirksamsten zu treffen vermag, wenn sie zwischen Gepäckabgabe und Boarding vielleicht nicht damit rechnen. Gleichwohl darf man natürlich auch zum Flughafen kommen, um sich allein den Arbeiten der Künstler zuzuwenden. Weitere Infos und interaktive Karte hier.