Xanten. Ellen de Witte hat über hundert Handspielpuppen selbst hergestellt. Nun, mit 92 Jahren, hat die Xantenerin noch einen großen Wunsch.

Der Schatz befindet sich im Keller. Doch bevor Ellen de Witte zu ihm führt, stellt sie eines direkt klar: „Das hat nix mit irgendeinem Kasperletheater zu tun!“ Nee, die Handspielpuppen, die sie nun aus jeder Ecke des Raumes anstarren, hat sie zu einem anderen Zweck hergestellt. „Ich suchte für meinen Sohn nach einem vernünftigen Spielzeug“, erzählt die 92-Jährige. So stieß sie auf das Hohnsteiner Figurentheater, das als pädagogisch wertvoll gilt. Wieso? Nunja, beispielsweise löst der Kasper seine Probleme nicht mehr mit der Bratpfanne, sondern mit Einfallsreichtum. Das Konzept gefiel ihr, immerhin war sie Lehrerin, nur der Sohn schien anfangs nicht ganz überzeugt... „Aber einmal habe ich ihn doch erwischt“, sagt sie. Dabei, wie er mit einer Puppe spielte.

Dort drüben, Ellen de Witte zeigt auf einen grinsenden Zwerg mit gelber Zipfelmütze, „das ist eine Hohnsteiner.“ Doch die vielen anderen, „das müssen um die 100 sein“, schätzt sie, hat sie selbst gebaut. „Ich überlegte mir im Deutschunterricht, dass ein Puppentheater hilfreich sein könnte, um die Angst, vor Leuten zu sprechen, abzulegen.“ Denn der Mensch bleibt hinterm Vorhang, nur die Puppe spricht zum Publikum. Zugegeben, einige Schüler musste sie mit einem Trick überzeugen, „die konnte ich mit der Technik begeistern“, sagt sie, „und so sind selbst die Jungs, ohne dass sie es gemerkt haben, zu Puppenspielern geworden.“ Dafür brauchte sie aber eben... Handspielpuppen!

Vom Teufel zum Ritter

Ellen de Witte holt einen kleinen Karton, in dem drei Modelle liegen. „Die Köpfe habe ich mit Knete modelliert“, erzählt sie. „Aber ich wollte nicht auch noch schnitzen lernen.“ Deshalb übertrug eine Werkstatt ihre Ideen auf robustes Lindenholz und sie wiederum sorgte für den letzten Feinschliff – mit Schleifpapier, danach mit Pinsel und Farbe. „Das Schwierigste ist, die richtige Hautfarbe zu finden“, erklärt sie. Aber auch für andere Details brauchte es manchmal mehr als einen Versuch... Sie nimmt einen einzelnen Kopf mit schwarzen Haaren in die Hand, „die Augen habe ich drei Mal neu aufgemalt“, verrät sie. Aber dafür ist ihr die Frisur, ein schicker Pagenschnitt, doch ganz gut gelungen!

Aus Knete hat Ellen de Witte die Köpfe modelliert, die anschließend eine Werkstatt auf Holz übertragen hat.
Aus Knete hat Ellen de Witte die Köpfe modelliert, die anschließend eine Werkstatt auf Holz übertragen hat. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

„Die Haare habe ich aus Echthaarperücken gemacht“, erklärt Ellen de Witte. Und auch die Kleider hat sie, „natürlich“, alle selbst aus den feinsten Stoffen genäht. Der König trägt Leder, die Prinzessin Seide... Wobei, das betont sie: „Kleider machen Leute!“ Die Puppe mit schicker Flechtfrisur und blauem Kleid könnte also eine Hofdame sein, „aber wenn ich ihr ein anderes Kleid anziehe, dann ist es ein Bauernmädchen.“ Und selbst der Teufel kann sich blitzschnell in einen Ritter verwandeln. Die Kleider bestehen aus alten Stoffen, die sie auf verschiedenen Flohmärkten gefunden hat. „Das hier war eine alte Trachtenbluse“, erklärt sie und zeigt auf einen roten Stoff, „daraus habe ich einen Umhang gemacht.“

Mit ihrer Klasse hat Ellen de Witte das „Persische Märchen“ als Puppentheater aufgeführt.
Mit ihrer Klasse hat Ellen de Witte das „Persische Märchen“ als Puppentheater aufgeführt. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Der große Wunsch

Das war nicht immer einfach... „Es gab ja keine Schnittmuster“, sagt Ellen de Witte. Aber über die Jahre ist dennoch die Kleiderstange immer voller geworden. Allein für das „Persische Märchen“ hat sie zahlreiche Kostüme nähen müssen. Das Projekt, an dem sie mit einer AG gut ein Jahr lang gearbeitet hat, liegt ihr besonders am Herzen. Doch auch an all die anderen Sketche und Stücke, die sie selbst geschrieben hat, kann sie sich noch gut erinnern. Und scheinbar auch ihre Schülerinnen und Schüler... „Einige sind mittlerweile selbst schon Großeltern“, sagt sie, „aber einen habe ich mal getroffen, der direkt meinte: ‚Sie schmeißen aber unsere Puppen nicht weg, oder?‘“

Zu verschenken!

Ellen de Witte verschenkt ihre handgemachten Handspielpuppen – allerdings explizit nur an Erwachsene, die ernsthaftes Interesse am klassischen Puppentheater haben. Für Kindergärten sind die Puppen nicht geeignet.

Die Niederrheinredaktion stellt gern einen Kontakt zu Ellen de Witte her. Dazu einfach eine E-Mail mit einer kurzen Vorstellung und den wichtigsten Kontaktdaten schreiben an: niederrhein@funkemedien.de

Nee, das macht Ellen de Witte natürlich nicht! Und genau aus diesem Grund hat sie einen kleinen Einblick in den Kellerraum voller Handspielpuppen gegeben, denn einen großen Wunsch hat die 92-Jährige noch: „Ideal wäre es, wenn Erwachsene, die gern Theater spielen, sagen: ‚Das wäre etwas für uns!‘“ Ihnen würde sie dann nur allzu gern ihren ganz persönlichen „Schatz“ schenken.