Am Niederrhein. Christian Krüger interpretiert den Klassiker vom Niederrhein neu. Wie jeder Hobbykoch das moderne „Himmel un Ääd“ nachmachen kann.

Schwungvoll streicht Christian Krüger die Kartoffelcreme auf den Teller, bevor sich gleich noch Apfelkügelchen und Blutwurstpralinen dazugesellen. „Himmel un Ääd ist der Klassiker am Niederrhein“, weiß der Spitzenkoch, der für seine regionale Küche ebenso bekannt ist wie für seine ungewöhnlichen Kreationen. So ist es kaum verwunderlich, dass er auch einem traditionellen Gericht den gewissen Pfiff geben kann. Und das fängt schon bei der Kartoffelcreme an, die aussieht wie... „Kartoffelstampf“, sagt er und nickt. „Normalerweise nimmt man dafür mehligkochende Kartoffeln, die jedoch kleine Löcher haben, wodurch immer viel Wasser reinkommt.“

Nun vertragen sich Wasser und Fett nicht besonders gut, deshalb bevorzugt der erfahrene Koch die festkochenden Kartoffeln. „Die koche ich mit der Schale, danach pelle und zerdrücke ich sie“, erklärt er. Denn jetzt kommt die Butter ins Spiel. Kleine Warnung vorab: „Das ist nix für jemanden in der Abnehmphase“, sagt er und lacht. Nein, bei zwei Teilen Püree und einem Teil Butter ganz sicher nicht. Dafür ist es aber ganz sicher etwas für jemanden in Genusslaune. Einmal probieren bitte! Mmmh, ganz schön cremig. „Ich habe noch etwas Milch dazugegeben und natürlich Salz.“ Auf Muskatnuss verzichtet er bewusst, weil bei ihm alles aus der Region kommen soll. Und noch einen Ansporn hat er, wie er mit Blick auf die Tonne betont: „Da soll nix drin landen!“

Der Regiotable am Niederrhein

Sternekoch Christian Krüger und seine Ehefrau Swetlana Krüger haben den Regiotable ins Leben gerufen, um die Menschen an verschiedenen Orten für regionale Küche zu begeistern.

Wer mitmachen möchte, kann sich unter www.regiotable.de über die nächsten Termine (u.a. 8. Juni im Beginenhof in Kalkar, 16. Juni im Keramikatelier von Sabine Artmann in Kalkar und 14. Juli auf einer Waldlichtung in Issum) informieren und anmelden.

Nix kommt in die Tonne!

Das klingt gut, aber mal ganz ehrlich, was lässt sich schon mit der Kartoffelschale anstellen? Christian Krüger zeigt auf eine kleine Schüssel mit chipsartigen Stückchen. „Die habe ich alle in Öl fritiert“, erzählt er. Das klappt übrigens auch mit der Frühlingslauchwurzel, die er nun hervorzieht. „Die schmeißt man sonst ja immer weg“, sagt er, „dabei schmeckt sie auch so ganz gut.“ Außerdem sieht der haarige Strunk inmitten der feinen Kartoffelcreme mit seinen knusprigen Schalenchips auch noch dekorativ aus. Und wer jetzt denkt, verrückter geht‘s nicht: Die Apfelkügelchen, die schon in Essigsud liegen, waren ja auch mal Äpfel mit Gehäuse und Schale und Strunk...

Selbst die Kartoffelschalen schmeißt der Spitzenkoch nicht weg: Stattdessen stellt er daraus Chips her.
Selbst die Kartoffelschalen schmeißt der Spitzenkoch nicht weg: Stattdessen stellt er daraus Chips her. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Christian Krüger zieht eine Flasche hervor und spritzt damit grüne Tupfer auf den Teller. „Die Apfelreste habe ich püriert“, erklärt er, während er mit einer Pinzette die Apfelkügelchen, Buchenpilze und Perlzwiebeln drapiert. „Das kann man natürlich auch mit einem Löffel machen“, sagt er und lacht, „aber ich habe einfach Wurstfinger.“ Ja, der Profi versucht, sich die Arbeit in der Küche möglichst einfach zu gestalten. Deshalb kommt von ihm gleich noch ein Tipp: „Meine Mutter hat sich früher auch immer viel Stress gemacht, wenn Besuch kam. Aber eigentlich muss man vieles einfach einige Tage vorbereiten.“ So, wie die Blutwurstpralinen, die er nun aus dem Tiefkühlfach holt und in einen kleinen Topf mit heißem Öl wirft.

Kunst auf dem Teller

Es brutzelt und zischt... Dann sind die Pralinen auch schon goldgelb. „Dafür habe ich Blutwurst und Zwiebeln kleingeschnitten“, erklärt Christian Krüger, „und dann wie ein Schnitzel mehliert.“ Jetzt aber: Die Zwiebelschale ist doch ganz sicher in der Mülltonne gelandet, oder? Von wegen. Denn jetzt kommt der knusprigkrönende Abschluss. „Die Schale habe ich verbrennen lassen, alles pulverisiert und dann die Asche mit den angerösteten Zwiebeln vermischt“, sagt er. Aber ist das nicht ungesund? Er schüttelt den Kopf. „Das ist wie Aktivkohle.“ Und die verteilt er nun locker über den Blutwurstpralinen und den Baiserhupferln, die er ebenfalls schon vorbereitet hat. „Die sorgen für etwas Süße.“

Das Auge isst bekanntlich mit, deshalb gibt sich der Koch beim Anrichten besonders viel Mühe.
Das Auge isst bekanntlich mit, deshalb gibt sich der Koch beim Anrichten besonders viel Mühe. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Drei Tupfer Mayo... Dann ist das Kunstwerk, und das ist es wirklich, vollbracht. Christian Krüger nickt. „Das Auge isst immer mit!“ Er holt nur noch schnell Besteck und wünscht dann mit einem Lächeln: „Guten Appetit!“