Düsseldorf. Toxikologe Gerrit Bredeck aus Haltern am See hat für seine Doktorarbeit Staub aus der Sahara analysiert. Mit überraschenden Ergebnissen.
Dass Saharastaub womöglich mehr ist als nur ein kosmetisches Ärgernis auf dem Autodach, hat sich ja immerhin schon bis zum Umweltbundesamt herumgesprochen. Dieses warnt auf seiner Internetseite, dass auch dieser Staub für Menschen mit Atemwegsproblemen gefährlich sein kann.
Jemand, der das etwas genauer weiß, ist Gerrit Bredeck. In drei Wochen hat er seine mündliche Prüfung für die Doktorarbeit. Dabei wird der Toxikologe der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität einiges zu berichten haben über die möglichen Risiken der Stäube aus der Wüste.
Saharastaub ist mit Mikroben angereichert
„Der große Unterschied zu Feinstaub, wie wir ihn kennen, beispielsweise durch Reifenabrieb oder Autoabgase, ist, dass mit dem Saharastaub auch mikrobielle Partikel transportiert werden“, sagt der 28-Jährige, der aus Haltern am See stammt.
Hinzu kommt, so komisch das klingt, der Saharastaub an Rhein und Ruhr ist nicht gleich dem Saharastaub in und um die Sahara. Der Wind transportiert vor allem leichtere Partikel, dies zudem in große Höhen, wo sie deutlich mehr ultravioletter Strahlung ausgesetzt sind und mit feuchterer Luft konfrontiert werden, sich mit anderen Komponenten mischen und vieles mehr.
Immerhin: Es wird geforscht. Unter dem Projektnamen „Dustrisk“ (zu Deutsch in etwa: „Staubrisiko“) sind gleich mehrere Leibniz-Institute beteiligt und am Düsseldorfer „IUF - Leibniz Institut für Umweltmedizinische Forschung“ war Gerrit Bredeck dabei und hat jetzt als Erstautor einen Preis gewonnen.
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Denn seine Forschungen haben gezeigt, wie Saharastaub tatsächlich Entzündungsreaktionen in der Lunge auslösen kann und welche Reaktionen im Körper auf molekularer Ebene ausgelöst werden, wenn Saharastaub und Lunge aufeinander treffen.
Die Deutsche Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT) fand die Forschungsarbeiten des Düsseldorfer Nachwuchswissenschaftlers so bemerkenswert, dass sie ihm den Rudolf-Buchheim-Preis zuerkannte. Mit 1000 Euro dotiert, erinnert die Auszeichnung an den Gründervater des Faches Pharmakologie.
Zurück zum Staub: Die Forschungsarbeit, das gibt Gerrit Bredeck gerne zu, war kein reines Staubfressen. Auf den Kapverden, gut 700 Kilometer vor der Küste Senegals, hat er zweimal Feldstudien gemacht: Dort sind „Staubereignisse“, wie wir sie in den letzten Wochen erlebt haben, weitaus häufiger und heftiger und so ließ sich dort auch weit einfacher nachweisen, dass und wie menschliches Gewebe auf den Staub reagiert.
Und die Menschen in der Sahara? Da forscht keiner.
Wie übrigens die Menschen in und um die Sahara herum gesundheitlich mit dem Staub zurechtkommen, weiß man nicht. Im Sahararaum hat die Wissenschaft schlicht noch nicht geforscht.
Aber immerhin gibt es Erkenntnisse von dort, wo wir Urlaub machen: Auf den Kanaren, so Bredeck, zeigt sich durchaus, dass die Kliniken vermehrt Menschen mit Atemwegsproblemen aufnehmen, wenn der Staub aus der Sahara herüberweht. Die übrigens die Hälfte des weltweiten Wüstensandaufkommens in der Atmosphäre liefert.
Und bei uns? Brauchen wir künftig eine Saharastaubvorhersage ähnlich wie die Ozonprognose? Und sollten wir uns beim Autowaschen sicherheitshalber mal wieder eine FFP2-Maske aufsetzen? Eindeutige Antworten mag Gerrit Bredeck da erst einmal nicht liefern. Wie das bei Forschungen so ist: Sie werfen meist mehr neue Fragen auf.
„Das Problem ist beispielsweise, dass für viele Menschen der Saharastaub ja als zusätzliche Luftbelastung hinzukommt“, erklärt Bredeck. Vor allem in Südeuropa kann da der häufigere Staub noch eine zusätzliche Belastung fürs Lungengewebe sein. Und dem ist auch nicht mit Fahrverboten oder Geschwindigkeitsbeschränkungen beizukommen. Der Wind weht, wo er will.
Nächstes Thema: Der heimische Feinstaub
Gleichwohl, da ist sich auch Bredeck sicher: Das weitaus größere Risiko hierzulande ist vermutlich eher der Feinstaub, der hinten aus dem Auto herauskommt als der, der sich als Schmutzfilm auf Dach und Motorhaubeniederschlägt. Diesen Stäuben, gewissermaßen aus heimischer Produktion, will er sich als Nächstes widmen, ohne sein bisheriges Forschungsfeld komplett aus den Augen zu verlieren.
Zwischendurch ist manchmal auch Zeit für anderes. Kann jemand wie er noch unbefangen und ohne Hustenreiz den Wüstenplaneten „Dune 2“ im Kino gucken. Kann er. „Großartiger Film“, sagt er. Hat sich aber gefragt, ob die Wüstenwürmer dort mit ihren Borstenhaaren noch zusätzlich gefährliche Fasern absondern.