Xanten. Nicole Benz und Thomas van de Löcht aus Xanten geben alten Möbeln und Küchen einen neuen Anstrich. Wie das funktioniert.
Das „Scheunenglück“ liegt so nah! Das verrät die Kreideschrift auf einer Aufstelltafel, die in der Hofeinfahrt von „Nickies Homestyle“ steht. Das klingt ja schon mal gut, aber was steckt überhaupt dahinter? Nunja... Einfach mal anhalten und eintreten! Nicole Benz und Thomas van de Löcht wuseln gerade noch herum, zwischen Farbeimern, Trockenblumen und Kerzenhaltern, bevor sie dann endlich ihre Geschichte erzählen. „Wo fange ich am besten an?“, überlegt die 52-Jährige, nur um sich dann schnell selbst die Antwort zu geben: „Am besten ganz am Anfang!“ Denn sie war es, die schon immer gern alten Möbel einen neuen Anstrich verpasst hat. Wobei, „eigentlich habe ich alles gestrichen“, muss sie zugeben. Zum Beispiel? „Teekessel!“ Und das, so viel sei schon an dieser Stelle verraten, ist noch nicht die verrückteste Idee.
Dabei schlug Nicole Benz beruflich zunächst einen ganz anderen Weg ein. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Friseurin, arbeitete später im Einzelhandel und danach in der Personenbeförderung. Ihr Hobby aber blieb. „Ich räume und dekorieren immer alles um“, erzählt sie. Und dabei kann es auch schon mal passieren, dass ihr auffällt: „Ups, das Sofa hat ja vom UV-Licht gelbe Flecken.“ Nun kann, und will, sie sich nicht immer sofort alles neu kaufen. Denn auch eine Couch aus Kunstleder braucht doch eigentlich nur einen anderen Anstrich... „Ich habe es dann einfach mal mit Möbelfarbe ausprobiert“, erzählt sie. Das Ergebnis? „War mega!“ Ähnlich erfolgreich war auch eine andere Arbeit, Moment, sie rollt mal eben eine lange Lamelle auf. „Wir haben zuhause riesengroße Fenster und die Vorhänge waren gelblich-blau“, sagt sie. Oder anders gesagt: „Hässlich.“
Im ehemaligen Ochsenstall
Zugeben, ihr Partner war zunächst wenig begeistert von ihrer Idee. „Du kannst doch keine Lamellen streichen!“ Doch, sie kann, und zwar in „Bay leaf“, einem Lorbeerblättergrün. Irgendwann aber sah bei ihnen zuhause alles perfekt aus – Schränke, Sofas, Lamellen, Teekessel und Co. –, sodass andere Projekte kommen mussten. Also kaufte Nicole Benz alte Möbel an, die sie neu anstrich und anschließend verkaufte. Von jedem „Möbelrestyling“, wie sie es nennt, postete sie ein Bild auf Facebook, wo sie schon bald eine Anfrage erreichte... „Das war ein sehr alter Schrank“, erzählt Thomas van de Löcht, der mit der Zeit immer häufiger seine Partnerin unterstützte, auch „beim Riesenteil, das dann bei uns im Wohnzimmer lag“. Doch die Arbeit lohnte sich! „Der Kunde war so zufrieden, dass er uns am Ende mit einem Sekt empfangen hat“, sagt er.
Und das war erst der Anfang. Seitdem trudeln ständig Nachrichten ein, ob sie den alten Kabinettschrank oder das schäbige Bücherregal oder, oder, oder streichen können. „Viele haben Erbstücke der Urgroßeltern, die sie behalten wollen, aber nicht so, wie sie eben aussehen“, erklärt Thomas van de Löcht. In solchen Fällen können sie helfen – indem sie selbst Hand anlegen oder aber indem sie anderen Tipps geben. Denn, das sagt er auch: „Jeder kann jederzeit alles streichen!“ Dazu geht‘s nun einmal durch den ehemaligen Ochsenstall, den sie in einen kleinen Verkaufsraum verwandelt haben. „Wobei wir auch noch eine Halle haben, wo wir viele Möbel lagern“, fügt er hinzu. Das eigene Wohnzimmer reicht einfach nicht mehr aus, schließlich ist das einstige Hobby längst zum richtigen Vollzeitjob des Paares geworden.
Über 200 verschiedene Farben
Hier, Thomas van de Löcht zeigt auf das Regal, stapeln sich die Farben: Von „Buttermilk Cream“ über „Midnight Blue“ bis hin zu „Chocolate“ ist so ziemlich alles dabei. Der 52-Jährige nickt. „Wir haben 120 Kreidefarben und 90 Mineralfarben“, sagt er. „Wobei uns wichtig ist, dass alles ökologisch vertretbar ist.“ Er öffnet gleich mal eine Dose, bitte schnuppern, „das stinkt nicht nach Lack, deshalb kann man damit ruhig auch direkt im Wohnzimmer streichen.“ Denn, auch das wissen viele nicht, „man muss nicht immer alles abschleifen.“ Hauptsache, die Oberfläche ist fett- und staubfrei! Bei manchen Möbelstücken aber hört auch bei ihnen die Farbfreudigkeit auf, der Kabinettschrank aus dem 18. Jahrhundert beispielsweise, „das wäre Blasphemie.“ Deshalb bekommen Raritäten wie dieses nur eine „Beauty-Kur“, wie sie es nennen, bestehend aus Saubermachen und Einölen.
Neben dem Aufhübschen von Möbelstücken, die sie übrigens bis nach Dresden, Berlin oder sogar in die Schweiz bringen, verschönern die beiden mittlerweile aber auch ganze Küchen. Egal ob Eiche Rustikal oder Schweden Chic, „wir können mit jeder Oberfläche arbeiten“, betont Thomas van de Löcht. Und auch hierbei gilt wieder, dass sie manchmal einfach nur Tipps geben... und Mut machen! Neulich erst war wieder eine Frau bei ihnen, die nach einer Trennung ihre Küche neugestalten wollte. „Aber im Baumarkt hat man sie nicht ernst genommen“, erzählt Nicole Benz. Das kennt sie selbst nur allzu gut, „mir wurde auch immer gesagt, dass ich das nicht kann und kein Geld damit verdiene.“ Von wegen! Ihr Geschäft wächst immer weiter, was auch an ihrem Konzept liegt, da ist sie sich sicher.
Puppenschrank vom Ururgroßvater
Möbel, Deko und Workshops
„Nickies Homestye“ befindet sich auf der Trajanstraße 12 in Xanten. Anfragen sind telefonisch oder per Whats App möglich: 01722537042.
In Zukunft möchte das Paar auch Workshops anbieten, in denen Interessierte selbst das „Möbelrestyling“ ausprobieren können. Damit ein solches Angebot möglich ist, suchen die beiden allerdings derzeit noch eine größere Scheune.
Darüber sowie über aktuelle Projekte informiert das Paar auf ihrer Facebook-Seite „nickieshomestyle“ oder auf ihrem Instagram-Kanal „NickiesHomestyle“.
„Die Menschen sollen sich wohlfühlen“, erklärt Nicole Benz. Deshalb gibt‘s bei ihnen nicht nur die Farben und das Zubehör zu kaufen, sondern auch so manches Kinkerlitzchen: Kerzenhalter aus Weckgläsern, selbstgemachte Blumenkränze oder auch Handtaschen aus Fahrradschläuchen. Und natürlich steht hier auch ein gestrichener Buffetschrank, um zu zeigen: So kann ein altes Schätzchen in neuem Glanz erstrahlen! Das kann einige Emotionen hervorrufen, wie sie bereits miterlebt haben. An den Puppenschrank vom Ururgroßvater einer Kundin kann sie sich noch allzu gut erinnern, „als sie den dann abgeholt hat, habe ich selbst gezittert vor Aufregung.“ Thomas van de Löcht fällt noch ein anderer Kunde ein, „der auf die Knie gegangen ist und den Schrank umarmt hat.“ Bei dem Gedanken bekommt er glatt wieder Gänsehaut. Was für ein Scheunenglücksmoment!