An Rhein und Ruhr. Die Verbraucherzentrale NRW kritisiert unübersichtlichen Ausbau und warnt vor Haustürgeschäften. Was der Anschluss kostet.
- Mehr als 50 verschiedene Anbieter werben in NRW um Kunden für Glasfaser-Anschlüsse. Zieht sich ein Anbieter zurück, verlieren die Verträge ihre Gültigkeit.
- Die Verbraucherzentrale NRW warnt vor Haustürgeschäften und fordert die Politik auf, diese Methode einzuschränken.
- Je nach Anbieter können die Kosten für einen Anschluss stark variieren. Die Verbraucherschützer raten dazu, sich gut über Konditionen zu informieren.
Fast 50 Unternehmen sind am Glasfaser-Ausbau in NRW beteiligt. Das geht hervor aus einer am Donnerstag vorgestellten Erhebung der Verbraucherzentrale (VZ) NRW anlässlich des Weltverbrauchertags am Freitag, 15. März. Das Glasfasernetz gleiche daher einem unübersichtlichen Flickenteppich. Einige Unternehmen setzen potenzielle Kunden an der Haustür zudem stark unter Druck, kritisieren die Verbraucherschützer.
Zieht sich ein Anbieter zurück, verlieren Verträge ihre Gültigkeit
Da der Glasfaser-Ausbau den privaten Unternehmen überlassen wurde, können diese selbst entscheiden, wo sie aktiv werden möchten. „Lokal zeigen sich dabei große Unterschiede“, sagte Wolfgang Schuldzinski, Vorsitzender der Verbraucherzentrale NRW, am Donnerstag in Wuppertal. „Während an einigen Standorten nur ein Unternehmen ausbaut, tummeln sich an anderen bis zu sieben Wettbewerber.“ Das habe eine Befragung der mehr als 60 Beratungsstellen der VZ NRW ergeben.
Doch komme es auch vor, dass ein Anbieter sich aus einem Gebiet zurückzieht, wenn eine Quote an geschlossenen Verträgen mit künftigen Kunden nicht erreicht wurde. Dann lohne sich der Ausbau für das Unternehmen nicht mehr. „Bereits angebahnte Verträge verlieren dann ihre Gültigkeit“, erklärte Michelle Schüler-Holdstein, Leiterin der Wuppertaler Beratungsstelle der VZ NRW.
Das sei ärgerlich für Verbraucher, die in manchen Fällen monatelang auf ihren Anschluss warteten und am Ende ohne Vertrag da stehen. „Es ist aber leider rechtens. Das sollte Betroffene aber nicht dazu verleiten, bei mehreren Anbietern parallel zu unterschreiben“, betonte sie. Im Zweifel habe man dann zwei laufende Verträge.
Glasfaser-Ausbau in NRW
Im Schnitt sind nach Zahlen des Kompetenzzentrums „Gigabit.NRW“ vom Landeswirtschaftsministerium 35,2 Prozent der Haushalte in NRW mit einem direkten Glasfaseranschluss versorgt.
Die höchste Rate hat der Kreis Coesfeld mit 82,5 Prozent. Ebenfalls gut ausgebaut ist das Netz in den Kreisen Steinfurt (75,5 Prozent) und Heinsberg (65,5 Prozent). Schlusslichter sind dagegen Herne (5,5 Prozent), Solingen (7,1 Prozent) und Hamm (6,7 Prozent).
Auch an Rhein und Ruhr gleicht der Ausbau einem Flickenteppich. Während im Kreis Kleve 48,2 Prozent der Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen sind, ist dies im Kreis Wesel für 29,7 Prozent der Fall. Und die Städte Essen (35,5 Prozent) und Oberhausen (34,9 Prozent) liegen weit vor den Nachbarstädten Düsseldorf (26,9 Prozent), Duisburg (17,8 Prozent) oder Mülheim (13,2 Prozent).
Warnung vor aufdringlichen Werbern an der Haustür
„Vergangene Woche hatten wir einen Senior in der Beratungsstelle, bei dem die Werber drei Stunden lang in der Wohnung waren. Aus Angst, wie er sagte, hat er einen Vertrag für Internet, Telefon und Fernsehen und dazu noch einen Strom- und Gasvertrag unterschrieben“, berichtete Schüler-Holdstein. Zum Glück für den älteren Herrn sei die 14-tägige Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Doch auch nach Ablauf dieser Frist habe man oft Erfolg dabei, die Leute aus ungewollten Verträgen zu bekommen.
Nach Angaben der VZ NRW seien Geschäfte direkt an der Haustür eine beliebte Methode. „Dazu gehen auffällig viele Beschwerden bei uns ein“, berichtete Schuldzinski. Die Verbraucherschützer warnen vor dieser Masche und raten dazu, keine Verträge an der Haustür abzuschließen. Stattdessen sollte man sich ein schriftliches Angebot geben lassen, um dieses vergleichen zu können.
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Die VZ NRW fordert vom Gesetzgeber eine Einschränkung der Haustürwerbung: „Voraussetzung für einen Besuch sollte eine vorherige Zustimmung oder der ausdrückliche Wunsch danach sein“, so Schuldzinski. Alternativ solle die Widerrufsfrist auf 30 Tage verlängert werden, „da Verbraucher oft erst später merken, dass ihnen ein Vertrag untergeschoben wurde“.
Verbraucherschützer fordern freien Zugang zu allen Leitungen
Werden erstmals Glasfaserkabel verlegt, muss dafür die Straße aufgerissen werden. Genauer gesagt wird ein Rohr verlegt, durch das die Kabel dann gezogen werden. „Eigentlich soll das so gemacht werden, dass ein anderer Anbieter, der später hinzukommt, seine Kabel dann durch dasselbe Rohr schieben kann“, so Schuldzinski. „Wir haben aber den Eindruck, dass das nicht alle Unternehmen machen. Und es wird auch nicht kontrolliert.“
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Die Verbraucherschützer appellieren an die Anbieter, ihre Leitungen allen Unternehmen zugänglich zu machen. Nach dem Prinzip des sogenannten „Open Access“ (offener Zugang) sollen Anbieter die bereits verlegten Kabel eines anderen Unternehmens nutzen können.
Nach Angaben der VZ gewähren zwar besonders größere Anbieter ausgewählten Kooperationspartnern den Zugang, aber nicht allen interessierten Konkurrenten. „Dass ein mehrfaches Aufreißen der Straße in keiner Weise nachhaltig ist, liegt auf der Hand“, betonte Schuldzinski und fordert: „Die Infrastruktur sollte für alle zugänglich sein – ähnlich wie das Stromnetz.“
Große Unterschiede bei Anschlusskosten
So unterschiedlich die ausbauenden Firmen sind, so verschieden sind auch die Kosten für den Anschluss. Während der Vermarktungsphase bieten einige Unternehmen den Anschluss kostenlos an, teilt die VZ NRW mit. Für den nachträglichen Anschluss jedoch verlangen sie Summen von bis zu 2000 Euro. Bei anderen Anbietern dagegen sei auch der nachträgliche Anschluss kostenlos.
Wolfgang Schuldzinski rät Verbrauchern, sich gut über die Rahmenbedingungen vor Ort zu informieren und sich nicht zur Unterschrift drängen lassen. Besonders die Tarifkosten sollte man im Blick haben. „Verbraucher sollten Verträge wählen, die zu ihren Bedürfnissen passen und sich keine überteuerten Verträge andrehen lassen, deren Leistung sie vielleicht gar nicht brauchen.“