Am Niederrhein. Der Klimawandel am Niederrhein macht die Welle. Hochwasserperioden nehmen zu. Dürreperioden auch. Was tun?
Die letzten beiden Hochwasser der vergangen Monate am Niederrhein haben aufgezeigt, dass wir schnell mit unserem Latein am Ende sind, wenn eine Naturgewalt mit den Fingern schnippst. Und mehr war es noch nicht. Dieses Mal sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.
Sanierung der Deiche
In Haffen bei Rees konnte ein feiner Rheindeichriss durch engagierten Bürgereinsatz und etlichen LKW-Ladungen Sand gerade noch rechtzeitig verdichtet werden. Ein Deichbruch hätte katastrophale Folgen gehabt. Nicht nur Rees und das ganze Umland wären geflutet worden. Auch Teile der Niederlande wären vom ungezügelten Fluss betroffen gewesen, so die Experten. Deichgrafen am Niederrhein fordern seit Jahren, dass die alten Deiche dringend saniert werden müssen. So, wie schon lange auf Landesebene geplant und beschlossen. In den letzten 15 Jahren sind einige Kilometer Rheindeich in den Kreisen Wesel und Kleve nach neuesten Erkenntnissen professionell gebaut worden. Doch etliche Deichabschnitte links und rechts des unteren Niederrheins sind noch nicht saniert. Dort lauert überall die Gefahr, dass eine Stelle im Rheindeich durchlässig wird, eine gewaltige Flut sogar einen Deichbruch auslösen könnte.
Die überbordende Bürokratisierung und die zähen Detailgenehmigungen sowie fehlendes Fachpersonal in den Behörden sei der größte Bremsklotz beim Neubau der Rheindeiche, so Fachleute. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Oliver Krischer (GRÜNEN) sucht nach effizienteren Beschleunigungsverfahren. Allerdings: Selbst wenn morgen überall die Bagger zum Einsatz kommen dürften, würde es noch Jahre dauern, bis die Deiche am unteren Niederrhein komplett ausgebaut sind.
Nicht immer lassen sich Hochwässer ausreichend früh erkennen
Doch die nächsten Hochwasser stehen in den Startlöchern. Sie erreichen jetzt häufiger auch den Niederrhein und fallen unterschiedlich heftig aus. Und dann auch noch antizyklisch und nicht immer mit ausreichender Zeit vorhersehbar.
Aber auch Lippe, Issel und Co. bedrohen zunehmend den urbanen Raum in unserer Region. Woran liegt das? Der nachweislich durch menschliches Ausbeuten der Naturressourcen forcierte Klimawandel lässt weltweit das Fass immer wieder überlaufen. Der ungebremste Kohlendioxydausstoß beim Straßenverkehr und bei menschlichen Produktionen dürfte das Hauptübel sein.
Hitze und Starkregen
Die anthropogene Handschrift auf unserem Planeten ist für viele Naturkatastrophen ursächlich. Insbesondere die Konsumgier westlicher Industriestaaten spielt dabei eine führende Rolle. Der Jetstream ist ein Starkwindband in etwa zehn Kilometer Höhe. Experten beobachten, dass er, sehr wahrscheinlich wegen des Klimawandels, an Kraft verliert. Dadurch mäandriert er in größeren Schleifen, kommt langsamer von der Stelle. Und dies führt wohl zu mehr länger anhaltendem Extremwetter wie Hitze und Starkregen.
Auch am Niederrhein hatten wir in den vergangenen Jahren ausgedehnte Trockenperioden; richtige Dürrezeiten mit spürbaren Folgen für Land- und Forstwirtschaft, Artenvielfalt, menschlicher Gesundheit und Co. Im vergangenen Jahr wurden wir mit häufigem Dauerregen und seinen unwirtlichen Auswirkungen konfrontiert. Auch in unserer Region sind bisher alle Maßnahmen gegen den Klimawandel verpufft.
Ausgleichsmaßnahmen sind bislang weitestgehend wirkungslos
Denn: Trotz vieler Klimamanager und sinnvoller Aktionen in den Kommunen, zeigt eine ehrliche Bilanz, dass es leider weiter bergab geht. Das gilt auch deutschlandweit. Ein Beispiel mit klimaschädlichen Auswirkungen ist in den letzten Jahren der Bau von riesigen Logistikzentren, insbesondere die, die entlang der Rheinschiene unglaublich viele Hektar Retentionsräume und wertvollste Auegebiete am unteren Niederrhein versiegelt und unter sich begraben haben. Jedes Richtfest in solch hochwertigen Natur-Lebensräumen ist gleichzeitig eine Grabesrede für die Bioversität spezialisierter Tier- und Pflanzenarten.
Die jeweiligen Ausgleichsmaßnahmen, die von Fachbehörden dem jeweiligen Bauträger in Rechnung gestellt werden, sind weitgehend wirkungslos. Sie erreichen bestenfalls in ein paar Jahrzehnten einen Ausgleich für den Naturhaushalt. Und den nächsten Generationen dürfte das Wasser zunehmender bis zum Hals stehen.