Wesel. Antonio Maatz aus Wesel ist Puppenspieler in sechster Generation. Mit seiner Puppenbühne Lilliput hat er schon so einiges erlebt.
Der Duft von zuckersüßem Popcorn liegt in der Luft, das Stimmengewirr von aufgeregten Kinder erfüllt den Raum… Nur noch wenige Minuten, dann beginnt die Vorführung der Puppenbühne Lilliput aus Wesel. Doch egal wie wuselig es vor der Bühne zugeht, hinter dem Vorhang steht einer, den nix aus der Ruhe bringen kann. Zumindest fast nix. Antonio Maatz ist seit über 30 Jahren Puppenspieler und führt in sechster Generation die Puppenbühne, die früher mal „Altdeutsche Märchenbühne“ hieß und mittlerweile schon in ganz Deutschland war – „außer am Bodensee“, fügt er hinzu. „Das ging wegen Corona nicht.“ Und in all der Zeit, das kann er wirklich sagen, hat er schon so einiges erlebt.
An sein erstes Stück, „Räuber Hotzenplotz“, erinnert sich Antonio Maatz nur allzu gut. Klar, das Stück hatte er bei seinen Großeltern und Eltern schon oft gesehen, „aber trotzdem musste ich mich erstmal in die Stimme vom Räuber einarbeiten“, erzählt er. Wie der klingt? Naja, „Gauner sprechen ja immer gaaaanz tief“, führt er gleich mal vor. Im Gegensatz zum lustigen Kasperle. „Jeder Charakter hat eine eigene Stimme“, betont er. Dafür braucht er nur sein Headset, damit er nicht so schreien muss, ansonsten ist alles live. „Auch wenn manche Eltern das nicht glauben können und schon mal den Stecker vom Verstärker gezogen haben“, sagt er und lacht.
Keine Angst vor den Puppen!
Damit das nicht noch einmal passiert, gibt Antonio Maatz nun vor jeder Vorführung einen kleinen Einblick in seine Arbeit. „Das hier ist Gauner Wilfried“, sagt er dann und hält die Puppe hoch, „habt ihr Angst?“ Kurze Pause. „Nee“, rufen die Kinder. Aber was passiert, wenn plötzlich die Puppe zum Leben erwacht und mit der gaaaanz tiefen Stimme spricht? Auch dann muss niemand Angst haben! „Denn alle Puppen bleiben auf der Bühne und kommen nicht zu euch runter!“ Das ist ihm wichtig zu betonen, weil es sie doch manchmal gibt, „die Windelpupser“, wie er sie liebevoll nennt, die erst laut prahlen und dann doch leise zurückschrecken. Den umgekehrten Fall gibt’s übrigens auch!
Dabei fällt Antonio Maatz direkt eine Situation ein, „bei der ich immer noch Gänsehaut bekomme“, sagt er. Wirklich! Zum Beweis hält er direkt seinen Arm hoch. „Am Ende einer Vorstellung kam ein acht- oder neunjähriger Junge im Rollstuhl nach vorne und wollte dem Kasperle etwas sagen“, erzählt er. Was denn? „Dass er ihn ganz doll lieb habe.“ Solche Momente sind der Grund, weshalb er noch immer so viel Freude an seinem Job hat. Obwohl, das muss er zugeben, „es mit der Zeit immer schwieriger geworden ist.“ Wegen der Konkurrenz, der Pandemie, dem Arbeitsstress. „Wir haben drei bis vier Auftritte in der Woche, sind fast jeden Tag in einer anderen Stadt.“
Paw Patrol auf der Puppenbühne
Damit auch weiterhin die Leute kommen, muss sich der Puppenspieler regelmäßig etwas Neues überlegen. Gleich mehrere Stücke gehören zu seinem Repertoire: „Der Räuber Hotzenplotz“ ist immer noch dabei, dazu kommen „Kasper und der Wolf Hans-Dieter“, „Das Waldmännlein“, „Der gestiefelte Kater“ und seit Neustem auch „Paw Patrol“. Aber, das ist ihm wichtig zu betonen: „Alles sind eigene Geschichten.“ Der hier, jetzt spricht er mit lispelnder Stimme, „ist der Esel aus Shrek, den ich mit eingearbeitet habe.“ Allerdings spricht er etwas deutlicher als im Film, „damit die Kinder mich auch verstehen.“ Denn ja, die Stücke sollen Spaß machen, „aber das Pädagogische ist mir auch wichtig.“
Das Gute gewinnt, immer! Wobei der Kasperle den Räuber nicht mehr mit dem Knüppel verkloppt, sondern lieber den Polizeiwachmeister Dimpfelmoser holt. „Wir müssen auch mit der Zeit mitgehen“, sagt Antonio Maatz. Insgesamt 60 Puppen, alle nach seinen Wünschen geschnitzt, gehören ihm und seiner Frau Nadine, die übrigens selbst auch aus einer Puppenspielerfamilie stammt und seit 22 Jahren mit ihm die Puppenbühne Lilliput führt. Die beiden haben aber nicht nur 60 Puppen, sondern auch vier Kinder, von denen einer auf jeden Fall in ihre Fußstapfen treten wird. Giorgio ist 20 Jahre alt und aktuell in der „Lehre beim Papa“, wie er sagt.
Die nächste Generation der Puppenspieler
Und eines muss der Vater direkt zugeben: „Wenn ich ein neues Stück vorführe, bin ich die ersten drei Male total aufgeregt und renne 20 Mal aufs Klo.“ Ganz im Gegensatz zu seinem Sohn. „Der ist kurz vorher noch an seinem Handy und super entspannt.“ Gleich aber, wenn „Paw Patrol“ auf die Bühne kommt, schaut der Sohn nur zu, so wie die vielen Kinder, die vor der Bühne langsam ungeduldig werden. Doch Moment mal, wo sind eigentlich die Zettel, von denen der Puppenspieler gleich ablesen muss? „Ich habe alles im Kopf“, sagt er. „Und wenn die Kinder mal Antworten geben, mit denen ich nicht rechne, muss ich eben improvisieren.“ Alles ganz entspannt. So, jetzt muss er aber wirklich langsam los, gleich geht der Vorhang auf!
>>> Puppenbühne Lilliput in Wesel
Die Puppenbühne Lilliput tritt auch in ihrer Heimatstadt auf. Das nächste Mal kommt sie am Samstag, 20. Januar, um 15 Uhr und am Sonntag, 21. Januar, um 11 und um 15 Uhr zum Bürgerschützenhaus, An de Tent 9 in Wesel. Karten kosten zehn Euro.
Weitere Informationen sind auf Facebook zu finden unter „Puppenbühne Lilliput“. Kontakt: 0163/4757367 oder per E-Mail an nadinemaatz82@web.de