Voerde. Zu Besuch bei Hannibal, Jolene und Tara: Ralph Grieblinger war früher Hundetrainer und hat sich nun in Voerde eine kleine Falknerei aufgebaut.
Mit ruhiger und bedachter Stimme ruft Ralph Grieblinger es immer wieder: „Tara, Tara, Tara...“ Sein Arm ist in einem dicken Lederhandschuh eingepackt, um seinen Oberkörper trägt der 51-Jährige eine Ledertasche, in die er vor ein paar Minuten das Futter gesteckt hat.
Und dann endlich! Zielstrebig fliegt die große Wüstenbussard-Dame mit lautem Flügelschlag in seine Richtung und landet auf seinem linken Unterarm. Ein breites Grinsen zieht über die Wangen des Voerders. Dass die Bussard-Dame ihm so ein Vertrauen schenkt, hätte der Falkner nicht gedacht, als er sie bei sich aufnahm. „Sie kam aus wirklich schlechten Verhältnissen zu mir, wurde wohl in der Vergangenheit misshandelt. Dass sie mir so vertraut, ist ein sehr großes Geschenk“, erklärt Ralph Grieblinger, der heute sein grünes Polo-T-Shirt mit seiner grünen Outdoor-Hose abgestimmt hat.
Wenn der gebürtige Kölner über seine Vögel spricht, wirkt er fröhlich. Kein Wunder, immerhin ist Ralph Grieblinger schon seit 15 Jahren Falkner, hat den Jagd- und Falknerschein lange in der Tasche und bereits bei vielen Falknereien hospitiert. „Mittlerweile ist das Ganze aber übers Hobby hinausgestiegen“, sagt er und lacht, während die Bussard-Dame Tara auf seinem Arm sitzt.
Aufklärung in Schulen
Vor über drei Jahren ist er über weite Ecken und Umwege – so sagt er – in Voerde gestrandet und hat ein kleines Waldgrundstück gepachtet. Während der Coronazeit habe er die Falknerei dann Stück für Stück aufgebaut. „Es war gut, dass ich die Zeit hatte und alles so machen konnte, wie ich es wollte.“ Trotzdem sei die damalige Zeit für ihn nicht einfach gewesen. „Es war eine Zeit, in der ich mich erst einmal wieder selber finden musste“, blickt der jetzt Alleinstehende zurück. „Meine Vögel haben mir währenddessen ganz viel Ruhe und Kraft gegeben“, ist sich der 51-Jährige sicher.
„Ich habe keine Riesen-Falknerei, aber das ist auch nicht das Ziel. Mir geht es einfach darum, die Natur im Kleinen näherzubringen“, stellt er klar. Dafür geht er unter anderem auch in Schulen und führt Kinder langsam an die hiesigen Greifvögel heran. Mittlerweile könne er von den Einnahmen der Falknerei leben, sagt er. Denn neben geführten Wanderungen, Fotoshootings und Shows liegt sein Hauptgeschäft in Taubenvergrämungen.
„Das sind dann Unternehmen, die sich melden, weil sich zum Beispiel in Lager- oder Arbeitshallen Tauben eingenistet haben.“ Doch mit einer blutigen Jagd habe diese Arbeit nur wenig zutun. Vielmehr würden seine Bussarde die Tauben beunruhigen und dafür sorgen, dass sie sich einen anderen Ort suchten, stellt der Voerder direkt klar. „Das ist eine sehr natürliche Methode der Taubenabwehr“, betont er.
Die Leuchtende Falknerei
Ralph Grieblinger lädt im November zu einem besonderen Rundgang ein. Gleich hinter der Falknerei kann man auf einem illuminierten Weg eintauchen in eine kleine Klang- und Lichterwelt der Greifvögel und Eulen. „Wir sind eine kleine private Falknerei und möchten euch die Faszination der Greife auf eine neue Art und Weise vorstellen“, so Ralph Grieblinger. Für das leibliche Wohl wird gesorgt und auch bei schlechten Witterungsverhältnissen gibts es gemütliche Plätze zum Ausruhen.
Termine: Freitag 3. November, 17 bis 22 Uhr; Samstag 4. November, 17 bis 22 Uhr; Sonntag, 5. November, 17 bis 22 Uhr. 22 Uhr ist der letzte Eintritt. Kleinkinder bis 6 Jahre frei; Kinder bis 16 Jahre vier Euro; Erwachsene sechs Euro. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Das Gelände ist nicht für alle Menschen mit körperlichen Einschränkungen geeignet. Es liegt in einem naturbelassenen Wald. Infos: Tel.: 01522-2 48 77 06; Falknerei Grieblinger, Risselweg 1 in 46562 Voerde. Parken am Waldrand im Risselweg (ausgeschildert).
www.falknerei-grieblinger.de
Insgesamt sind es neun Vögel, die bei ihm leben. Da ist beispielsweise der Steppenadler Paco, der Besucherinnen und Besucher direkt am Eingang hinter dem Gartenzaun mit lauten Schreien herzlich begrüßt, eine Schleiereule namens Hannibal und eine Schneeeule namens Jolene. Und natürlich sein anfängliches Sorgenkind Tara – sie ist eine von mehreren Wüstenbussarden, denen Ralph Grieblinger ein Zuhause gibt.
Dass ihn ausgerechnet die großen Greifvögel einmal so faszinieren werden, hätte er als Kind wohl nicht gedacht. Bevor er sich den Vögeln zuwandte, war der Voerder Hundetrainer. „Ich habe von Kind auf immer mit Hunden trainiert, auch im Verein. Nach und nach habe ich mich aber von dem Sport abgewandt. Dass die Tiere dort abgerichtet und dressiert werden, hat mir irgendwann nicht mehr gefallen.“ Und genau das sei es, was ihn an den Greifen so fasziniere. „Sie kann man nicht abrichten. Ohne Grund fliegt kein Vogel. Entweder geht es um Futtersuche, Paarsuche oder sie werden vom Menschen gestört. Mich fasziniert schon lange, dass man diese Tiere nicht dressieren kann.“
Ohne Vertrauen geht’s nicht
Alles, was die Vögel im Training machen, passiere auf freiwilliger Basis. „Der Vogel weiß genau, wie er fliegen muss und was er tut. Und er entscheidet frei – das ist das Schönste an meiner Arbeit.“ Sorge, dass seine Vögel einmal Reißaus nehmen und genauso flink über den kleinen Gartenzaun hinwegfliegen könnten, hat der 51-Jährige nicht. „Ich biete den Vögeln hier alles, was sie in der Natur auch finden möchten. Dazu gehören genügend Sonnen- und Schattenplätze und reichlich Futter.“ Und das Wichtigste: Die Vögel vertrauen ihm.
„Ohne Vertrauen geht die Arbeit auch nicht. Das ist ja das Hauptziel. Es gibt für einen Falkner nichts Schöneres, als wenn die Vögel einem das Vertrauen schenken.“ Es scheint so, als hätte der gebürtige Kölner sein Leben den Greifvögeln und Eulen verschrieben. „Wenn ich in den Himmel schaue und einen Greifvogel in der freien Natur sehe, dann geht mein Herz auf. Die Tiere sind schützenswert“, sagt er. Noch ein letztes Mal zieht Ralph Grieblinger einen Leckerbissen aus seiner Tasche. Diesmal reicht ein leises „Tara“ und die Wüstenbussard-Dame landet zielsicher auf seinem Unterarm.