Neukirchen-Vluyn. Jutta Jell aus Neukirchen-Vluyn muss beweisen, dass sie keine Versorgungsehe geführt hat. Warum sie weiterkämpfen will.
Kurz war Jutta Jell aus Neukirchen-Vluyn enttäuscht, doch dann fasste sie schnell den Entschluss: „Ich kämpfe weiter!“ Seit Jahren streitet sie dafür, dass sie Witwenrente bekommt. Doch weil sie und ihr Mann kein ganzes Jahr lang, sondern nur sieben Wochen, verheiratet gewesen waren, steht der Verdacht der Versorgungsehe im Raum. Dabei waren Jutta Jell und Günter 38 Jahre lang ein Paar.
Während ihr das Sozialgericht in Duisburg Recht gab, entschied das Landessozialgericht in Essen anders. Ihr Anwalt Peter Klusmann legte daraufhin im Mai eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht in Kassel ein. Die lehnte das Gericht nun ab.
Im Kern führt Jells Anwalt an, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Er bemängelt, dass das Landessozialgericht Essen aus den Aussagen der ersten Verhandlung in Duisburg einen anderen Schluss gezogen habe. Eine förmliche Anhörung von Jutta Jell und den Zeugen, die in der erstinstanzlichen Verhandlung ausgesagt haben, hätte wiederholt werden müssen. Das Bundessozialgericht sieht allerdings keine ausreichende Begründung für die Nichtzulassungsbeschwerde.
Ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen
Jutta Jell macht weiter. Ihr Anwalt hat nun Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt.
Sie will damit auch ein Zeichen gegen Diskriminierung vor allem der Frauen und auch der Unverheirateten setzen. Das Gesetz besagt in § 46 des sechsten Sozialgesetzbuches: „Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.“
Rechtsschutzversicherung zahlt nicht
Unterstützung erhält die 67 Jahre alte Witwe von den Bergarbeiterfrauen der Bewegung „Kumpel für Auf“ am Niederrhein, die unter anderem auf das Thema bei einer Kundgebung am 16.11. voraussichtlich in Dinslaken aufmerksam machen und Spenden für die Anwaltskosten sammeln will. Denn für eine Verfassungsbeschwerde komme die Rechtsschutzversicherung nicht auf, erklärt Anwalt Klusmann.
Generell habe eine Verfassungsbeschwerde geringe Aussichten auf erfolg, meint Jutta Jells Anwalt Peter Klusmann. So würde er es schon als Erfolg werten, wenn die Beschwerde bis in den Senat käme und öffentlich verhandelt würde. Jutta Jell indes hat noch Hoffnung, dass sie vielleicht doch noch Recht bekommt. Sie hält ein Schild hoch, das auf ihrem Kaminsims steht: „Wenn du aufgeben willst, denke daran, warum du angefangen hast.“