Duisburg. Brückenabriss im Kreuz Kaiserberg: Rund um Duisburg fährt fast keine Bahn mehr. Wie Pendler den ersten Arbeitstag am Montag erlebten.

Wer am Montagmorgen auf der A 59 unter der Duisburger Innenstadt durchfuhr, sah oben am Hauptbahnhof etwa 100 Menschen stehen. Sie knubbelten sich in Fünferreihen am Taxistand, einige hatten große Taschen und Koffer dabei – so wie eine Reisegruppe, die auf ihren Bus wartet. Und tatsächlich kam auch ein Bus, es kamen mehrere, viele, doch Urlaubsspaß war den meisten nicht anzusehen.

Das lag wohl daran, weil die Reisenden am Montag viel lieber in einen Zug eingestiegen wären als in einen Bus. Das ist normalerweise auch kein Problem, denn vom Duisburger Hauptbahnhof fahren sonst haufenweise Züge in die benachbarten Großstädte. An diesem Montag nicht – ebenso wenig wie am Wochenende zuvor und in den beiden Wochen danach.

Umbau im Kreuz Kaiserberg: Fast kein Zug fährt um Duisburg

Die Autobahn GmbH des Bundes erneuert gerade die Brücke der A 3 im Kreuz Kaiserberg. Autos kommen auf schmalen Spuren an der Baustelle vorbei. Doch unter der Brücke liegen acht Gleise, die in den Herbstferien komplett gesperrt werden. Kein Fernzug und kaum Regional- und S-Bahnen halten in Duisburg. Nach Oberhausen, Mülheim und Essen kommen Reisende nur mit Ersatzbussen.

Montagmorgen, 7 Uhr: Das Chaos trifft zum ersten Mal Pendler, die zur Arbeit oder Uni müssen – wenn auch an einem Brückentag. Viele versinken mit ihrem Blick auf dem Smartphone-Bildschirm, haben Kopfhörer im Ohr, versuchen wohl den Ärger zu verdrängen, dass sie nun viel länger brauchen.

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Ein Mann mit neongelber Weste leistet Erste ÖPNV-Hilfe. Er rennt umher zwischen Menschen, die fragen, wann und wo der nächste Bus abfährt, und Autos, die auf den Bahnhofsparkplatz fahren und den Bussen den Weg versperren.

Gerade noch ein Auto zurückgepfiffen, flitzt er zum Taxistand, denn ein blau-weißer Ziehharmonikabus fährt ein. „Der fährt nach Essen über Mülheim Hauptbahnhof“, brüllt er ziemlich außer Puste.

Ersatzverkehr rund um Duisburg: Busse nach Essen besonders voll

Die Busse nach Mülheim und Essen sind besonders voll. Mitten im Getümmel ist Lehramtsstudentin Eileen, die zur Uni nach Essen fährt. Obwohl ihr Seminar um 9 Uhr beginnt, klingelte der Wecker um 5.30 Uhr. „Ich muss jetzt eine Stunde früher los als sonst, weil ich von Rheinhausen nicht mehr bis Essen durchfahren kann“, erzählt sie.

Auch Andre Gerk ist normalerweise nicht um diese Zeit am Bahnhof. Jetzt muss er es sein, weil der Arbeitsweg nach Mülheim länger dauert: „Ich stehe morgens früher auf und bin erst später zu Hause. Das ist unbefriedigend.“ Die Zeiten, in denen er entspannt zur Arbeit fährt, seien vorerst vorbei.

Hauptbahnhof Duisburg: Bahn-Mitarbeiter informieren über Alternativen

Währenddessen in der Bahnhofshalle: Verlassene Gleise, leere Sitzbänke, Rolltreppen, die niemanden transportieren. Die großen Abfahrtstafeln sind ein Magnet für alle, die erst spontan merken, dass fast alle Züge ausfallen.

Davon anziehen lassen sich Karin Heinrich und Hans-Gerald Pfirschke. Das Ehepaar aus Moers will mit der Bahn in den Harz und hatte den Urlaub seit Februar geplant: ein Taxi bestellt, das sie nach Duisburg bringt, einen ICE nach Goslar gebucht, von da aus sollte es weitergehen in den Harz.

Karin Heinrich und Hans-Gerald Pfirschke fuhren am Montag in den Harz, mussten ihre Anreise am Sonntag aber spontan umschmeißen. Bei der Baustelleninfo der Bahn in Duisburg fragten die beiden um Hilfe.
Karin Heinrich und Hans-Gerald Pfirschke fuhren am Montag in den Harz, mussten ihre Anreise am Sonntag aber spontan umschmeißen. Bei der Baustelleninfo der Bahn in Duisburg fragten die beiden um Hilfe. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Am Sonntag mussten sie alle Pläne umschmeißen: „Das ist für ältere Leute, die sich damit nicht auskennen, sehr schwierig“, sagt Heinrich. Statt des ICE nehmen sie jetzt die S-Bahn 1 nach Solingen, um dort in einen ICE nach Hannover zu steigen. „Das ist schon viel Stress“, sagt Karin Heinrich.

Oberhausen: Wie Reisende zum Flughafen Düsseldorf kommen

Oberhausen um kurz vor neun: Am Bahnsteig zehn, an dem die Ersatzbusse abfahren, stehen sich Pendler auf den Füßen – noch mehr als in Duisburg. Reisende mit großen Koffern haben es besonders schwer. Sitzplätze sind begehrt, und selbst diejenigen, die sich im Stehen mit ihrem Rücken gegen eine Scheibe oder Stange anlehnen können, können sich glücklich schätzen.

Hier wird deutlich, dass auch viele Flugreisende von den Zugausfällen betroffen sind. Vom Hauptbahnhof Oberhausen kommen sie nur mit den Ersatzbussen zum Düsseldorfer Flughafen. Zwar fährt auch noch die S-Bahn 1 zum Flughafen, aber erst ab Duisburg. Und um dort hinzukommen, müssen sich Menschen aus dem östlichen Ruhrgebiet erst mal in einen Bus quetschen.

Lila Streifen auf dem Boden führen Reisende in den Hauptbahnhöfen Duisburg und Oberhausen zu den Haltestellen des Schienenersatzverkehrs.
Lila Streifen auf dem Boden führen Reisende in den Hauptbahnhöfen Duisburg und Oberhausen zu den Haltestellen des Schienenersatzverkehrs. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

So geht es zum Beispiel Marcus Schachinger und Sarah Brunotte, die von Herne zum Düsseldorfer Flughafen wollen und ab Oberhausen nur noch mit dem Bus weiterkommen. „Das bedeutet für uns eine Stunde obendrauf“, erzählt Schachinger. Als sie in Duisburg ankommen, überlegen sie kurz, in die deutlich schnellere S 1 umzusteigen. „Aber nein, jetzt noch mal umzusteigen, ist uns zu unsicher.“

Manche Pendler mit Ersatzbussen zufrieden

Unter den Pendlern sind auch Menschen, die sich auf die Bahnausfälle vorbereitet haben und mit dem Ersatzangebot zufrieden sind. Dazu gehören Renate Krüger und Ulrike Vortmeier. Sie kommen aus Castrop-Rauxel, ihr Flugzeug nach Wien startet in Düsseldorf.

„Normalerweise wäre der RE durchgefahren. Aber wir haben zwei Wochen vorher alles geplant und heute hat alles geklappt“, sagt Krüger. Als die beiden am Flughafen angekommen, tragen sie die Koffer aus dem Bus. Schon ist er da, der Urlaubsspaß, und schon vergessen scheint die besondere Anreise.

>> SO KOMMEN REISENDE VON DUISBURG NACH MÜLHEIM, OBERHAUSEN UND DÜSSELDORF

  • Nach Mülheim und Essen kommen Reisende ab Duisburg mit dem Schienenersatzverkehr (SEV) E. Die Busse fahren von Essen Hbf über Mülheim Hbf, Duisburg Hbf und Düsseldorf Flughafen bis Düsseldorf Hbf, und zwar alle zehn Minuten, abends alle 15 bzw. 30 Minuten.
  • Nach Oberhausen kommen Reisende ab Duisburg mit dem SEV O. Die Busse fahren von Oberhausen-Sterkrade über Oberhausen Hbf, Duisburg Hbf und Düsseldorf Flughafen nach Düsseldorf Hbf – ebenso alle zehn Minuten, abends alle 15 bzw. 30 Minuten.
  • Nach Düsseldorf kommen Pendler von Duisburg aus am schnellsten mit der S-Bahn 1 (Richtung Solingen). Sie hält sowohl am Flughafen als auch am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Mit den beiden SEV-Bussen kommen Reisende auch nach Düsseldorf – wenn alles klappt tagsüber im Fünf-Minuten-Takt.