Essen. Die Grippe könnte Kinder im Winter „stark treffen“, warnt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein. Mit einem Angebot will sie Eltern helfen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) warnt vor einer starken Krankheitswelle im kommenden Herbst und Winter. Grippe, Corona, Erkältung, dazu wahrscheinlich wieder ein Engpass an Arzneimitteln: „Wir erwarten eine Dreifachbelastung“, sagte Viola Gräfe, bei der KVNO zuständig für Datenanalyse, bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
Zwar liege die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen auf einem niedrigen Niveau. Auch „so gut wie keine“ Grippefälle seien in den vergangenen Monaten gemeldet worden. Doch in Australien habe eine Grippewelle in den vergangenen Wochen vor allem Kinder getroffen.
Ärzte warnen vor Grippe: Infos zur Hilfe für Eltern
„Australien ist oft Vorbote für die Entwicklungen in Europa“, erklärte Gräfe. Daher würden wohl auch in Deutschland Kinder in diesem Winter „stark betroffen sein“. So könnten auch wieder Notdienste und Kinderarztpraxen „stark beansprucht“ werden.
Daher ergreift die KVNO schon jetzt Maßnahmen, um Praxen zu entlasten. Ab dem 1. Dezember soll es wieder Videosprechstunden im Kindernotdienst geben: In einem Videotelefonat können sich Eltern eine erste Einschätzung einholen, wie es ihrem Kind geht und welche weiteren Schritte nötig sind. Der Service ist zunächst bis zum 31. Januar 2024 befristet.
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Schon im vergangenen Winter habe dieses Angebot die Kinderarztpraxen und Notdienste stark entlastet, meinte KVNO-Vorstandsvorsitzender Frank Bergmann am Dienstag. Rund 2300 Sprechstunden habe die KVNO in sieben Wochen durchgeführt. „Fast die Hälfte war danach ausreichend beraten und musste nicht mehr in eine Notdienstpraxis fahren.“
Videosprechstunde im Kindernotdienst: Das soll sich ändern
Vier Änderungen soll es jetzt geben: Die Videosprechstunde soll unter der Servicenummer des Notdiensts (11 6 11 7) bundesweit einheitlich erreichbar sein. Es soll ein Ersteinschätzungsverfahren geben, das vorher sortiert, welche Eltern direkt einen Notdienst aufsuchen sollen und bei welchen eine Videosprechstunde helfen kann.
„Wir werden versuchen, Termine zu vereinbaren, sodass niemand unnötig lange in Warteschleifen hängen muss“, sagte Bergmann. Und auch soll es diesen Winter möglich sein, sich Rezepte und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Sprechstunden ausstellen zu lassen.
„Reihe von Defiziten“: Was Ärzte vom Bund fordern
Frank Bergmann nutzte die Pressekonferenz auch, um auf die Missstände im Gesundheitswesen aufmerksam zu machen. Die Pandemie habe „eine Reihe von Defiziten“ offenbart. So gebe es viel zu wenig Personal. Vor allem der ambulante Bereich habe zudem mit den steigenden Kosten zu kämpfen. Die Mittel, die den Praxen zur Verfügung stehen, reichten nicht mal, um die Personalkosten auszugleichen.
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So kritisierte er auch die Regierung: „Die im Koalitionsvertrag festgehaltene Budgetierung findet bis heute nicht statt, noch nicht mal im hausärztlichen Bereich.“ Auch die Digitalisierung komme im Gesundheitswesen nicht voran. Gut getestete Technik stehe nicht bereit. Der Vorstandsvorsitzende sagte: „Pleiten, Pech und Pannen verfolgen uns bis heute und der versprochene Abbau der Bürokratie findet in keiner Weise statt.“