An Rhein und Ruhr. Offensichtlich sollte mit dem falschen NRZ-Artikel Stimmung gegen die Ukraine gemacht werden. Faktenchecker von Correctiv deckten die Sache auf.
Ohne sie wären die Briten womöglich noch in der EU und Trump vielleicht nie Präsident geworden. Sie befeuerten den Widerstand gegen die Corona-Regeln, schüren Hass gegen Ausländer und unterhöhlen das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die Rede ist von Fake News. Der Duden definiert das so: „In den Medien und im Internet, besonders in den sozialen Netzwerken, in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen.“ Und jetzt wurde sogar eine abfotografierte NRZ-Seite aus dem Internet gefälscht, manipuliert und in Umlauf gebracht. Die NRZ startet heute eine Aufklärungs-Serie zum Thema.
Gefälschter NRZ-Artikel kursierte im Netz
Am 9. August meldete sich der Journalist Max Bernhard vom gemeinnützigen Recherche-Netzwerk „Correctiv“ bei der Redaktion: „Ich arbeite als Journalist im Faktencheck-Team von Correctiv. Wir überprüfen mögliche Falschnachrichten und veröffentlichen dazu Faktenchecks.“ Gerade verbreitet sich ein Screenshot, der angeblich einen Artikel der NRZ zeigen solle, informierte er uns. Die Überschrift: „Die USA bereiten einen Plan zur Teilung der Ukraine nach dem Vorbild Südkoreas vor“. Der Faktenchecker vermutete, dass es sich dabei um eine Fälschung handelt. „Können Sie mir bestätigen, dass es diesen Artikel nicht gibt?“, fragte er die Redaktion.
Eine plumpe Manipulation, wie sich schnell herausstellte. Die Ursprungsfassung hat NRZ-Chefkorrespondent Miguel Sanches geschrieben. Er stellte sofort klar: „Sowohl die Überschrift als auch die grün markierten Stellen wurden nie von uns veröffentlicht. Wir haben auch nie so einen Plan den Amerikanern zugeschrieben.“ Er habe in seinem Beitrag lediglich mit Quellenverweis auf die US-Zeitung „Politico“ erklärt, dass Amerikaner es für möglich halten, dass der Krieg als eingefrorener Konflikt endet. Das würde bedeuten, dass es bei der derzeitigen faktischen Teilung bleibe.
Juristen sind die Hände gebunden
Offensichtlich wollen die Drahtzieher der Fälschung mit Verweis auf die als serös anerkannte Regionalzeitung NRZ den Eindruck verbreiten, dass die Ukraine und ihr Präsident zunehmend isoliert seien. Der Screenshot (abfotografierte Internetseite) verbreite sich in den sozialen Medien. Juristisch dagegen vorzugehen, ist kaum möglich. Die Juristen unseres Verlags haben das geprüft. Ihre Einschätzung: „Wenn jemand unsere Texte manipuliert und mit veränderter Aussage in Umlauf bringt, ist das rechtlich angreifbar. Um hier jedoch einschreiten zu können, müssten wir wissen, wer diese Änderungen vorgenommen hat. Das werden wir vermutlich nie herausfinden, weshalb uns tatsächlich die Hände gebunden sind.“
Wer dahinter steckt – das bekamen die „Fake-News-Jäger“ von „Correctiv“ heraus. Eher zufällig war Journalist Max Bernhard auf den Fall gestoßen, wie er unserer Redaktion erklärt. Bei Twitter, nun X, habe er sich aktuelle Themen angesehen, sei dabei auf die Bildschirmfotos des vermeintlichen NRZ-Artikels gestoßen und habe sich auf die Suche gemacht.
Falsche Profile teilten pro-russische Propaganda
Dann begann die Recherche: „Zunächst wollten wir natürlich erstmal schauen, ob es einen Artikel mit dieser Überschrift auf der Seite der NRZ oder anderswo gab. Den fanden wir aber wie erwartet nicht“, sagt Bernhard. Dann habe er sich die Profile, die den Beitrag auf Twitter geteilt haben genauer angesehen. „Dabei fanden sich Anzeichen, dass es sich nicht um echte Personen handelt. So wurden zwar deutsche Namen verwendet, und Orte in Deutschland im Profil angegeben, aber ältere Tweets waren in anderen Sprachen wie Indonesisch oder Portugiesisch verfasst“, berichtet der Faktenchecker. Zudem sei auf den Profilen ausschließlich pro-russische Propaganda verbreitet worden.
Auch auffällig: Wie Correctiv bemerkte, verwendeten die Nutzer, die den NRZ-Fake teilten, Schlagworte, die zu diesem Zeitpunkt auf Twitter sehr gefragt waren. So stehen Begriffe wie „Digitalisierung“ und „Existenzangst“ unter dem gefälschten NRZ-Artikel, obwohl diese nichts mit dem Thema zu tun haben. Außerdem finden sich sprachliche Fehler im manipulierten Teil des Artikels, die darauf hinweisen, dass hier jemand Deutsch geschrieben hat, der des Deutschen offenbar nicht mächtig ist.
Verdächtige Hinweise in Daten-Analyse
Für die Recherche hat Correctiv mit dem Datenanalysten Zhouhan Chen gesprochen, der mithilfe eines Programms zur Analyse sozialer Netzwerke etliche weitere verdächtige Accounts gefunden hat. „Laut der Analyse von Chen besteht das Desinformations-Netzwerk aus mehr als 1300 verdächtigen Profilen, die auf Twitter Beiträge auf Deutsch und Französisch veröffentlichten“, resümiert Bernhard. Die Verantwortlichen hinter der Kampagne, erklärte Chen gegenüber Correctiv, seien „wahrscheinlich russischsprachig“ und gut finanziert.
Wie Correctiv Fake News aufspürt, werden wir noch in einem gesonderten Beitrag in unserer Reihe „Achtung Fake!“ beschreiben, die in den folgenden Tagen erscheinen wird. Den Artikel der Faktenchecker von Correctiv über die NRZ-Fälschung können Sie hier nachlesen.