An Rhein und Ruhr. In der NRW-Getränkebranche wird heiß über höhere Pfandsätze diskutiert. 10 Euro pro Kasten stehen im Raum. Das sagen Bolten, Stauder und Co.
In der deutschen Brauereibranche wird über das Pfand diskutiert. Losgetreten wurde die Debatte durch die bayerische Brauerei Riegele, deren Chef jüngst in der „Augsburger Allgemeinen“ zehn Euro Pfand für einen Kasten mit 20 Glasflaschen forderte. Der Vorschlag spaltet die Brauereien an Rhein und Ruhr – obwohl sie gleichermaßen unter gestiegenen Preisen leiden.
Kern des Problems ist, dass eine neue Bierflasche sehr viel mehr kostet als das auf sie erhobene Pfand. „Es ist schon ein Wahnsinn, dass uns eine Drittelliter-Bügelflasche mittlerweile 42 Cent kostet, wir aber nur 15 Cent an Pfand zurückbekommen“, berichtet Michael Hollmann. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der privaten Altbierbrauerei Bolten aus Korschenbroich und wünscht sich einen höheren Pfandsatz. „Mindestens den doppelten Satz halte ich für angemessen.“ Bei den normalen, bislang 8 Cent teuren Flaschen, schlägt er 20 Cent Pfand vor, bei Bügelflaschen mit Ploppverschluss sogar 30. Schließlich hätten sich die Herstellungskosten seit dem Krieg in der Ukraine verdoppelt.
Höheres Pfand – Bolten: Viele Bierflaschen in NRW nicht zurückgegeben
Auch wenn das Mehrwegsystem grundsätzlich einen wichtigen Beitrag für die Umwelt leistet, werden viele Flaschen entweder gar nicht oder unbrauchbar, also kaputt oder mit Zigarettenkippen gefüllt, zurückgegeben. „Eine teure Veranstaltung“, klagt Hollmann.
Unter „drastischen Kostenentwicklungen“ leidet ebenso die Gruppe AB-Inbev, zu deren Portfolio auch die Brauerei Diebels aus Issum gehört, wie Sprecher Fried-Heye Allers mitteilt. „Da der Pfandbetrag nicht die Kosten der Flaschen deckt, haben wir wie auch andere Brauer das Problem, dass sich nicht zurückgegebene Flaschen negativ auswirken.“ Mit einer Plakatkampagne will AB-Inbev nun mehr Menschen zur Flaschenrückgabe animieren. Zu der Forderung nach höheren Pfandsätzen will sich das börsennotierte Unternehmen jedoch nicht positionieren. Die Königs-Brauerei, die der Bitburger-Gruppe angehört, möchte sich auf Nachfrage ebenfalls nicht äußern.
Deutscher Brauer-Bund über Pfanderhöhung: Mehrweg-Kreislauf funktioniert
Auch der Deutsche Brauer-Bund gibt sich zurückhaltend. Eine Pfandsatzerhöhung wäre „nur sehr schwierig umzusetzen“ und „extrem kostenintensiv für die Brauereien“, betont Hauptgeschäftsführer Holger Eichele gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Zudem müssten neben allen Getränkeherstellern und Abfüllern auch Handel und Verbraucher mitziehen.
Die Belastung für die Brauer würde insbesondere dadurch entstehen, dass sie bei einer Erhöhung des Pfandes für Flaschen und Kästen, die bereits im Umlauf sind, mehr Pfand zurückzahlen müssten, als sie zuvor eingenommen haben und in der Bilanz höhere Rückstellungen nötig würden. Eine Erhöhung des Pfandsatzes von 8 auf auf 15 Cent würde bei 4 Milliarden Mehrweg-Bierflaschen im deutschen Markt bei den Brauereien zu einem Aufwand von insgesamt 280 Millionen Euro führen, rechnet Eichele vor. Bei 25 Cent wären es sogar 680 Millionen Euro.
Stauder aus Essen: Brauereichef rechnet nicht mit schneller Erhöhung der Pfandsätze
Diese Kosten hat auch Thomas Stauder im Blick. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Familienbrauerei aus Essen betont, dass der Großteil aller Flaschen sich in den Kellern der Verbraucher oder in den Lagern von Groß- und Einzelhandel befinde.
Für seine Brauerei würde eine simple Pfanderhöhung auch für Flaschen im Umlauf in einer „riesigen Kostensteigerung“ resultieren. „Der saubere Weg wäre es, die erstmals zum erhöhten Satz ausgegeben Flaschen zu kennzeichnen“, so Stauder. „Aber das ist derartig komplex und erfordert Abstimmung in der gesamten Branche, so dass ich kurz- und mittelfristig keine Umsetzung sehe.“
Veltins über Forderung nach höherem Pfand: „Verbraucher nicht überfordern“
Beim Deutschen Brauer-Bund hat man Zweifel, ob das Leergut mit höherem Pfand wirklich schneller zurückkommt. In einer Umfrage hätten sich nur 22 Prozent der Verbraucher entsprechend geäußert, sagt Eichele. Und grundsätzlich funktioniere der Mehrweg-Kreislauf auch mit den aktuellen Sätzen „nach wie vor sehr gut“.
Die Großbrauerei Veltins im Sauerland positioniert sich deutlich gegen eine Pfanderhöhung. Es sei der falsche Weg, „den treuen Verbraucher gerade in diesen konsumbelasteten Zeiten durch sprunghafte Pfandsatzerhöhungen zu überfordern“, warnt der Generalbevollmächtigte Michael Huber. „Diese Versuche werden in regelmäßigen Abständen in die Diskussion geworfen, um dann an der Komplexität des deutschen Mehrwegsystems zu scheitern.“ Die Risiken einer Umstellung seien „enorm“. Andere Branchenvertreter wie Bolten-Chef Hollmann sehen in einer Pfanderhöhung auf lange Sicht das Potenzial für eine Verbesserung des Systems.
„Die Diskussion ist ins Laufen gekommen“, sagt Branchenexperte Niklas Other, der das Getränkemarktmagazin „Inside“ herausgibt. Es sei naheliegend, dass man nach sehr, sehr vielen Jahren am Pfand drehen wolle. Doch noch stehe die Debatte am Anfang. „Es ist alles unausgegoren.“(mit dpa)