Amsterdam. In Amsterdam wird Leben und Werk des berühmten niederländischen Malers gezeigt. Was nach der Wiedereröffnung des Rembrandthuis im Museum neu ist.

Ja, diese Stadt hat viele schöne Brücken, diese gehört sicher nicht dazu. Während ein paar Meter die Staalmeestersbrug zu den meistfotografierten Instagram-Hotspots Amsterdams gehört, wird die Oost-Indische Huisbrug in der Regel einfach achtlos überquert, um über die Raamgracht zu gelangen. Dass sich hier Geschichte um den berühmtesten Sohn der Stadt abgespielt hat, wissen die wenigsten. Mehr als dreieinhalb Jahrhunderte ist es her, als zwei junge Männer einen Auftrag nicht ganz ernstnehmen.

Auf dieser Brücke haben zwei Träger vor fast 400 Jahren einen Original-Rembrandt, ein Porträt von seinem Sohn Titus, fallen lassen.
Auf dieser Brücke haben zwei Träger vor fast 400 Jahren einen Original-Rembrandt, ein Porträt von seinem Sohn Titus, fallen lassen. © nrz | Heiko buschmann

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Rembrandt van Rijn, der Größte der alten niederländischen Meister, ist auf dem absteigenden Ast. Die Zeit, als das Malergenie wie ein Star gefeiert wird, ist vorbei, auch das Geld wird knapp. Sein Sohn Titus kauft von einer wohlhabenden Familie für 40 Gulden, im 17. Jahrhundert zwei Monatseinkommen, ein Porträt von ihm selbst zurück.

Damit das Ölgemälde unbeschadet ins Haus der Rembrandts in der Jodenbreestraat 6 kommt, beauftragt Titus zwei Kuriere. Für den sehr guten Lohn von vier Gulden sollen sie das Bild transportieren, doch auf der Oost-Indische Huisbrug passiert das Unglück. Die beiden Männer albern herum, dann knallt das Kunstwerk aufs Pflaster und bricht entzwei. Titus, außer sich vor Zorn, will die Leute verklagen, erhält aber vor Gericht kein Recht. Das Geld ist weg, das Porträt beschädigt.

Es ist eine Episode, die Aufstieg und Fall Rembrandts gut beschreibt – einige von ihnen sind im Rahmen einer geführten Tour durch Amsterdam nachzuerleben.

1606 in Leiden geboren, schicken Harmen Gerritsz van Rijn und Neeltje van Zuytbrouck ihren Sohn Rembrandt zur örtlichen Lateinschule. Er soll etwas Gescheites lernen: klassische Mythologie und Bibelkunde. Mit jungen 14 Lenzen schreibt sich Rembrandt an der Uni Leiden ein, zwei Jahre studiert er an der ältesten Universität der Niederlande Humanwissenschaften, doch sein Interesse gilt einem anderen Fach: der Malerei.

Am Samstag, 18. März, hat das renovierte und erweiterte Rembrandthaus in Amsterdam neu eröffnet.
Am Samstag, 18. März, hat das renovierte und erweiterte Rembrandthaus in Amsterdam neu eröffnet. © nrz | heiko buschmann

An einer Hochschule wird das aber nicht angeboten. Jacob van Swanenburg ist Rembrandts erster Lehrer in Leiden, dann zieht es ihn nach Amsterdam. In Pieter Lastman findet er einen Förderer, der das überwältigende Talent erkennt. Nach zwei intensiven Jahren in Pieter Lastmans Atelier kehrt Rembrandt nach Leiden zurück und eröffnet ein eigenes, schnell erfolgreiches Studio.

1631 geht Rembrandt endgültig nach Amsterdam, er kommt beim Kunsthändler Hendryck van Uylenburgh unter. Dieser vermittelt ihm viele Aufträge, Porträts von wohlhabenden Leuten, darunter der Beginn des Passionszyklus und die in der historischen Stadtwaage („De Waag“) gemalte „Anatomiestunde“.

Er heiratet Saskia, eine Nichte von Hendryck van Uylenburgh, die Familie zieht in ein größeres Haus in der besten Gegend Amsterdams ein, in der Nieuwe Dolenstraat direkt an der Amstel. Während das Paar später schlimme Schicksalsschläge erleidet – drei der vier Kinder sterben früh, nur Titus überlebt die Kindheit, wird aber auch nur 27 –, steigt Rembrandt zum gefragtesten Künstler der Stadt auf.

Das, obwohl seine Eltern Katholiken sind, im zwar protestantisch geprägten, aber weltoffenen Amsterdam hat der neue Malerstar keine Repressalien zu befürchten. Zu seinen Kunden zählen der schwerreiche Kaufmann Jan Six sowie die Waffenhändler-Brüder Louys und Hendrick Trip. Dann macht sich Rembrandt an „Die Nachtwache“.

Das bekannteste Gemälde des Barockmalers, heute dick hinter Glas im Rijksmuseum zu sehen, entsteht 1642 in seinem neuen Studio. Nebenan, in der Nieuwe Dolen-straat 26, wo heute das 1880 eröffnete und somit älteste Hotel der Stadt beheimatet ist, gehen zu der Zeit wichtige Leute ein und aus. Auch die Männer, die auf der „Nachtwache“ zu sehen sind. Übernachtungsgäste im „Hotel Tivoli Doelen“ müssen nur die erste Etage hinaufgehen und dort die Tür zum Treppenhaus öffnen, dann stehen sie vor einer Backsteinmauer mit zwei fenstergroßen Einsparungen – dort hing vor 381 Jahren „Die Nachtwache“.

Hier, im Treppenhaus des „Hotel Tivoli Doelen“, neben dem früheren Wohnhaus Rembrandts in der Nieuwe Dolenstraat direkt an der Amstel, hing vor fast vier Jahrhunderten die Nachtwache.
Hier, im Treppenhaus des „Hotel Tivoli Doelen“, neben dem früheren Wohnhaus Rembrandts in der Nieuwe Dolenstraat direkt an der Amstel, hing vor fast vier Jahrhunderten die Nachtwache. © nrz | heiko buschmann

Wer Zimmer 105 bucht, kann die historische Bedeutung für die Kunstwelt nicht nur spüren, sondern in dem Raum hängt sogar das über drei mal vier Meter große Gemälde mit den insgesamt 31 Personen drauf – allerdings natürlich nicht das Original.

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Zimmer Nummer 105 im „Hotel Tivoli Doelen“ ist die Rembrandt-Suite.
Zimmer Nummer 105 im „Hotel Tivoli Doelen“ ist die Rembrandt-Suite. © nrz | heiko buschmann

Heute erinnern nach wie vor viele Plätze in Amsterdam an den berühmten Maler – nicht nur die ziemlich hässliche Skulptur am Rembrandtplein, sondern vor allem das Rembrandthuis. 1639 zieht die Familie in die teuerste Straße in Amsterdam. Selbst der inzwischen reich gewordene Künstler muss sich Geld leihen, um das mehrstöckige Gebäude in der Jodenbreestraat bezahlen zu können, das wird ihm später finanziell zum Verhängnis.

Leben und Werk auf vier Etagen

Als Saskia 1642 stirbt, geht es mit ihm bergab. „Die Nachtwache“ ist zwar gerade fertig geworden, aber künstlerisch verliert Rembrandt danach rapide an Bedeutung. Er heiratet zwar erneut, doch 1658 muss er das Haus, das heute das „Rembrandthuis“ ist, verlassen und in die Rozengracht in einer deutlich ärmeren Gegend Amsterdams ziehen.

Nicht nur das Porträt, das ihm Titus zurückkaufen will, zerbricht. Ein Jahr, nachdem sein Sohn stirbt, segnet auch das gefallene Malergenie das Zeitliche – verarmt und ob seiner späten Kunstwerke auch noch kritisiert. „Er konnte das nicht verstehen, schließlich hielt er sich für den besten Maler der Welt“, weiß Epco Runia, Kurator des frisch renovierten und erweiterten „Rembrandthuis“ zu berichten.

Rembrandts hohe Kunst hat die Zeit überlebt, wie er lebte und arbeitete, ist in seinem früheren Wohnhaus und Atelier in der Jodenbreestraat zu erleben.

Die Staffelei des Meisters: Hier. in der Jodenbreestraat in Amsterdam, lebte und arbeitete das Malergenie Rembrandt – und gab seine Kunst an etliche Schüler weiter.
Die Staffelei des Meisters: Hier. in der Jodenbreestraat in Amsterdam, lebte und arbeitete das Malergenie Rembrandt – und gab seine Kunst an etliche Schüler weiter. © nrz | heiko buschmann

Weitere Informationen:

Tickets und Öffnungszeiten des Wohnhauses der Rembrandts (mit Museum): www.rembrandthuis.nl.

Die Reise der NRZ nach Amsterdam wurde von Amsterdam Partners unterstützt.