Düsseldorf. Zum ersten Mal stellt Präses Thorsten Latzel der Evangelischen Kirche im Rheinland seinen Jahresbericht live vor – warum er das genießt.

„Ich habe zum ersten Mal die Rheinische Synode mit ihrer ganzen Energie gespürt“, bilanzierte Thorsten Latzel gegen Mittag: Das Parlament der Rheinischen Landeskirche hatte seinen „Bericht über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse“ entgegengenommen – so etwas wie die Regierungserklärung.

Erst die Frohe Botschaft, dann die üblen Nachrichten

Apropos: Mit Energie meinte der vor zwei Jahren ins Amt gewählte Präses auch den Widerspruch und die Kritik einiger Synodalen. „Dem einen ist es zu politisch, dem anderen nicht politisch genug“, so Latzel. Anderen sei es wieder zu theologisch - oder nicht theologisch genug. Was denn ein Whistleblower Gottes sei, lautete eine Nachfrage. Whistleblower würden ja immerhin auch als Verräter krimineller Machenschaften gesehen.

Präses Latzel präzisierte: Hinter aller menschlicher Herrschaft gelte es, die Nachricht vom Reich Gottes zu verkünden – wie ein Whistleblower eben. So empfahl er auch, vor den täglichen schlechten Botschaften aus und über die Welt zun#chst einmal einen Blick in die Frohe Botschaft zu werfen.

Im Blick auf das kirchliche Leben äußerte Latzel den Wunsch, dass mehr Menschen anderer Herkunft in den Gemeinden heimisch werden: „Wir sprechen viel von Offenheit und sind aber doch ziemlich biodeutsch.“

Latzel: Wir brauchen einen anderen Lebensstil

Die Probleme der Gegenwart dieser Welt kamen indes dennoch zur Sprache – und die Ausbeutung dieser Welt. Hatte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Montag noch auf der Synode betont, gerade NRW und Deutschland müssten zeigen, dass Wohlstandsmehrung und Wirtschaftswachstum mit Klimaschutz einhergehen, damit auch andere Länder dies nachahmten, vertrag Latzel erneut die Gegenposition: „Es stirbt die Haltung, dass wir mit der Schöpfung gedankenlos umgehen könnten, als sei sie unerschöpflich. Es stirbt die Selbstverständlichkeit, mit der wir Müll produzieren, Energie verbrauchen, weltweit in den Urlaub fliegen, Tiere als Massenware behandeln, dem Artensterben zusehen. Das funktioniert mit acht Milliarden Menschen nicht. Wir brauchen schlicht einen anderen Lebensstil.“ Deswegen sei es gut, dass die Evangelische Kirche im Rheinland umkehre und ambitioniert die Klimaziele angehe: „Auch auf dieser Synode: Dafür ertüchtigen wir unsere Gebäude, ändern unser Mobilitätsverhalten, kaufen wir nachhaltig ein.“

Der Landessynode liegt – wie berichtet – ein Antrag aus Reihen der evangelischen Jugend vor, in dem ein Moratorium für die Kohleförderung unter Lützerath gefordert wird. „Eine Atempause dient der Deeskalation und schafft Zeit für klimapolitisch verantwortbare Entscheidungen“, heißt es in dem Antrag, über den bis Freitag entschieden wird. „Zukünftigen Generationen dürfen nicht die Belastungen der jetzigen Generation überlassen werden, sie haben ein Recht auf eine natürliche Lebensgrundlage.“

Umweltbischöfin der EKD äußert sich zu Lützerath

Der Konflikt um Lützerath macht nach den Worten der evangelischen Umweltbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt deutlich, dass der Ausstieg aus den fossilen Energien beschleunigt werden muss. „Mit Lützerath ist die Thematik um den Klimaschutz und unsere eigene Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung in ihrer Dringlichkeit in den Fokus der öffentlichen Diskussionen gerückt“, sagte die Schöpfungsbeauftragte der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD).

Der Ausstieg aus der Kohle könne nicht frühzeitig genug kommen, unterstrich die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche. Dazu sei eine Gesamtstrategie für eine sozial-ökologische Transformation nötig. Kühnbaum-Schmidt erklärte, sie finde es großartig, dass sich so viele und insbesondere junge Menschen für Klimaschutz engagierten.