An Rhein und Ruhr. NRZ und Freddy Fischer Stiftung suchen pfiffige Ideen gegen den Klimawandel. Ein Gespräch von Freddy Fischer und Chefredakteur Manfred Lachniet.
Die Proteste in Lützerath haben gezeigt, wie hart um die notwendigen Konsequenzen aus der Bedrohung unserer Welt durch den Klimawandel gerungen wird. Der Solidaritätspreis von Freddy Fischer Stiftung und NRZ will in diesem Jahr die Aufmerksamkeit auf jene richten, die sich mit guten Ideen und engagierten Projekten für ein besseres Klima einsetzen. Im Gespräch erläutern der Unternehmer und Preisstifter Freddy Fischer und NRZ-Chefredakteur Manfred Lachniet die Idee hinter dem Projekt.
Manfred Lachniet: Das ist jetzt innerhalb von zwölf Jahren der siebte Solidaritätspreis, den wir zusammen ausloben. Es ging schon um Flüchtlingshilfe, um Leseförderung und Ehrenamtler im Sport. Für die NRZ ist der Klima-Preis die konsequente Fortsetzung unseres Klima-Schwerpunktes im vergangenen Jahr.
Freddy Fischer: In guten Gesprächen mit der Redaktion haben wir ausgelotet, was denn die wichtigen Themen sind, die für den Preis in Frage kommen. Dann sind wir schnell auf das wichtigste gekommen: der Klimawandel. Ich habe einen Arktisforscher getroffen, der mir von der dramatischen Gletscherschmelze erzählt hat. Und dass der Süden Europas irgendwann unbewohnbar sein wird, und bei uns herrschen dann Temperaturen wie in Madrid. Das direkte Gespräch hat mich sehr bewegt.
M.L.: Für unsere Redaktion wird der Klimawandel immer stärker zum Thema. Nicht nur beim Streit um Braunkohle und Lützerath. Wir schreiben über Dürren, Flutkatastrophen und der Gefahr durch die Hitze in den Städten. Da verändert sich etwas dramatisch.
F.F.: Wir müssen auf die Wissenschaft hören. 50 Jahre und länger werden wir gewarnt – und es ist viel zu wenig passiert. Wir müssen aber auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern und ihnen zutrauen, dass sie Lösungen entwickeln.
M.L.: Es ist ganz wichtig, sich von den schlechten Nachrichten nicht lähmen zu lassen. Wir suchen auch immer nach Themen für die Zeitung, die Hoffnung machen und die zeigen, dass man vor Ort was tun kann gegen den Klimawandel – und auch für eine Anpassung an seine Folgen.
F.F.: Wir sollten aus der Vergangenheit lernen. Und aus den Fehlern, die wir gemacht haben, erwächst auch die Verantwortung, Lösungen voranzutreiben. Europa ist durch die Ausbeutung von Menschen in Afrika und Asien reich geworden. Und mit dem Reichtum haben wir Industrien entwickelt, die jetzt den Lebensraum gerade auch in diesen Ländern bedrohen – etwa durch den Anstieg der Meeresspiegel.
M.L.: Es ist ja was dran an dem Argument, dass wir den Anstieg der Meeresspiegel nicht in Deutschland alleine stoppen können. Aber das heißt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen und darauf warten, dass die USA, China und Indien mehr für den Umweltschutz tun. Wir können Beispiele geben und Vorreiter sein. Das gilt auch für die Entwicklung neuer Technologien.
F.F.: Darum haben wir diesmal das Spektrum für die Bewerbungen zum Solidaritätspreis ausgeweitet. Es geht nicht nur um Ehrenamtliche. Diesmal geht es auch um kleine Firmen, um Ideenschmieden, die gemerkt haben, dass man mit Klimaschutz und Klimafolgenanpassung auch Geld verdienen kann. Es gibt ja auch die Theorie, dass die Marktwirtschaft eher zur Lösung beitragen könne als staatliche Vorschriften und Verbote.
M.L.: Wir haben bei uns vor der Haustüre ja Beispiele, wie das auch im Großen angepackt wird. Konzerne fangen an umzusteuern. In Duisburg soll „grüner Stahl“ umweltfreundlich gekocht werden. Da wird es ohne staatlichen Anschub kaum gehen, wenn man international wettbewerbsfähig bleiben will. Aber Thyssenkrupp kommt für unseren Preis nicht in Frage. Wir suchen kleine Firmen, die noch am Anfang stehen.
F.F.: Mein Freund Reinhard Wiesemann, der in Essen das „Unperfekthaus“ auf die Beine gestellt hat und von Beginn an in der Jury unseres Preises ist, hat sogar extra 2500 Euro für einen Sonderpreis gestiftet. Er war begeistert von unserem Thema und hat mir geschrieben: „Wir brauchen möglichst viele Beispiele und eine Denkweise, wie Klimaschutz pfiffig machbar ist. Er darf nicht mit Verzicht und Rückschritt verbunden sein, es muss als pfiffig gelten, sich klimafreundlich zu verhalten.“ Das trifft genau das, was ich auch denke.
M.L.: Es gibt ja eine lebhafte Start-up-Szene an Rhein und Ruhr. Da kommen junge Leute mit guten Ideen von der Uni und probieren was aus.
F.F.: Das war ja immer die Stärke der deutschen Wirtschaft. Wir haben keine Rohstoffe, aber wir haben eine gute Bildung und Leute, denen etwas einfällt. Dazu braucht es Mut und Tatkraft und die Bereitschaft von Banken und auch Gesellschaft, dafür auch Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Nicht alles bringt sofort Geld ein.
M.L.: Wir freuen uns auf spannende Bewerbungen. Jeder kann bei uns Vorschläge einreichen – auch Kammern und Verbände. Aber wir suchen ja auch die kleinen Initiativen und auch Einzelpersonen vor Ort, die sich engagieren.
F.F.: Zwei Schlagrichtungen sind notwendig, wenn es um die Konsequenzen aus der Klimaveränderung geht: 1. Die Wirtschaft muss sich neu ausrichten. 2. Das Verhalten jedes Einzelnen muss sich ändern. Man hat den Eindruck, dass die Jüngeren das eher begreifen als viele von uns Älteren.
M.L.: In allen Generationen muss man dafür werben. Wir als Journalistinnen und Journalisten tun das mit Informationen – übrigens auch für Kinder. Auf der täglichen Kinderseite der NRZ drucken wir bald die 130. Folge unserer Klimaserie. Da wird auch Kompliziertes so erklärt, dass es Achtjährige verstehen können.