Wegberg/NRW. Siemens und Deutsche Bahn testeten neuen Wasserstoffzug in Wegberg im Kreis Heinsberg. Technologie sei ein großer Schritt zur Klimaneutralität.

Ohne Brummen und Rattern eines Motors fährt der Zug an und gleitet sanft und leise über die Gleise der Teststrecke. Siemens und die Deutsche Bahn haben am gestrigen Freitag den neuen Wasserstoffzug „Mireo Plus H“ erstmals getestet. Da der Zug seine elektrische Energie aus einer Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff generiert, hört man im Inneren nichts, während der Zug – gefühlt fast schon schwebend – auf der Teststrecke seine Runden um das Gelände des Siemens Prüfcenters in Wegberg-Wildenrath im Kreis Heinsberg dreht.

Bahn will bis 2040 klimaneutral sein

Der Zug solle künftig Diesel-Züge ersetzen und somit einen wesentlichen Beitrag zum Dieselausstieg leisten. Wasserstoff sei dabei besonders klimafreundlich, denn mit grünem Wasserstoff fahren Züge emissionsfrei – ausgestoßen werde nur Wasserdampf, teilen Siemens und die DB mit. Die Testfahrt sei dabei der nächste Schritt im Projekt „H2goesRail“, das Siemens und die DB bereits im November 2020 vorgestellt hatten. Ziel ist es, im Regionalverkehr der Bahn wasserstoffbetriebene Züge einzusetzen.

Neben der ruhigen Fahrweise leiste der Zug zudem noch einen Beitrag zum Klimaschutz. Denn, wie Roland Busch, Vorstandsvorsitzender von Siemens, nach der Testfahrt erklärt stoße der Zug keine Emissionen aus. „Wir machen einen entscheidenden Schritt in die Zukunft des klimaneutralen Verkehrs“, so Busch. „Der neue Mireo Plus H hat eine Reichweite von rund 1000 Kilometern, ist bis zu 160 Stundenkilometer schnell und kann innerhalb von rund 15 Minuten betankt werden.“ Ein einziger Zug spare über seine Lebensdauer von 30 Jahren bis zu 45.000 Tonnen CO2 gegenüber Autofahrten ein, so der Siemens-Chef.

Ab 2024 in Baden-Württemberg im Einsatz

Über den Fortschritt erfreut zeigt sich auch Richard Lutz, Vorstandschef der Deutschen Bahn. „Wasserstoff gehört zur Mobilität der Zukunft“, betont er und kündigt an, dass die Bahn bis 2040 klimaneutral werden wolle. „Ein wichtiger Hebel dabei ist der Abschied vom Diesel. Mit unserer Entwicklung einer mobilen Wasserstofftankstelle zeigen wir, wie innovative Antriebstechnologien aussehen und wie klimaneutrale Mobilität von Morgen geht.“

Als einen „Meilenstein für den Klimaschutz“, sieht Hartmut Höppner, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, das Projekt. Daran zeige sich die Innovationskraft, die aus den Förderprogrammen des Ministeriums entstehe. Immerhin unterstützt das Ministerium das Projekt im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt 13,74 Millionen Euro. „Unser Ziel ist es moderne, leise und klimafreundliche Mobilitätsangebote zu entwickeln und voranzubringen“, so Höppner.

Der „Mireo Plus H“ ist für den Regionalverkehr der Bahn in Baden-Württemberg geplant und soll ab Januar 2024 regulär zum Einsatz kommen. Bereits im kommenden Jahr werde es Testfahrten geben, heißt es. Für NRW gebe es derzeit kein Projekt für Wasserstoffzüge. Jedoch gebe es in ein bis zwei Jahren eine Ausschreibung des Zweckverbands Nahverkehr Rheinland (NVR) für einen Wasserstoffzug im Regionalverkehr, die man bereits beobachte. Von Siemens stammt auch der seit einigen Jahren in NRW eingesetzte Rhein-Ruhr-Express (RRX), der mit Zügen des Modells „Desiro HC“ fährt

Schnelle Betankung mit Wasserstoff

Um Wasserstoff im Betriebsalltag konkurrenzfähig zum bisher verwendeten Diesel zu machen, ist eine schnelle Betankung nötig. Die Deutsche Bahn hat daher nach eigenen Angaben ein Verfahren entwickelt, mit dem die Betankung eines Wasserstoffzugs erstmalig genauso schnell verläuft, wie die Betankung eines Dieselzugs. Der Wasserstoff werde in Tübingen mit Ökostrom produziert.

Bei Wasserstoffantrieben entsteht aus der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie und als „Abfallprodukt“ Wasser. Der Einsatz solcher Züge sei für die DB eine Möglichkeit, klimaneutral zu werden und Dieselfahrzeuge durch alternative Antriebe zu ersetzen, so die DB. Für die Erzeugung des umweltfreundlichen grünen Wasserstoffs werde Ökostrom genutzt.