Karenzzeit? Der Verein Lobby Control kritisiert den Wechsel des Ex-Wasserstoffbeauftragten der Bundesregierung, Stefan Kauffmann, zu Thyssenkrupp.
Ist es in Ordnung, wenn Dr. Stefan Kaufmann als ehemaliger „Wasserstoffbeauftragte der Bundesregierung“ nun beim Unternehmen Thyssenkrupp tätig ist? Zumindest der gemeinnützige Verein Lobby-Control sieht den hochkarätigen Wechsel von Berlin nach Essen kritisch: „Dr. Kaufmann hatte eine Schlüsselstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die Forschungsgelder und Subventionen verteilt. Es sollte auch hier Karenzzeiten, weil schließlich Interessenkonflikte verhindert werden sollen“, sagte uns Kathrin Anhold von Lobby Control auf Anfrage.
Sie bedauert, dass es für diesen Bereich keine Regeln gebe. „Wir sehen hier ein Schlupfloch“, sagt Kathrin Anhold weiter. Ihre Organisation will sich dafür einsetzen, dass auch Tarifbeschäftigte und anderweitig Angestellte in den Ministerien Regeln bekommen, die Interessenkonflikte verhindern.
„Schon 2016 hatten wir den Fall, wo die Referatsleiterin Energiepolitik – Marion Scheller – aus dem Bundeswirtschaftsministerium direkt in einen Lobbyjob zur Nord Stream AG wechselte“, so Anhold.
Lobby Control will als Verein Machtstrukturen und Einfluss-Strategien in Deutschland und in der EU sichtbar machen.
Mit pauschaler Aufwandsentschädigung
Dr. Stefan Kaufmann (CDU-Bundestagsabgeordneter von 2009 bis 2021) war bis vor Kurzem beim Bundesforschungsministerium tätig. Auf NRZ-Nachfrage hieß es dort: „Er war bei uns Innovationsbeauftragter ‚Grüner Wasserstoff‘, dabei war er kein Mitglied der Bundesregierung.“ Zudem hieß es im Ministerium, dass mit Kaufmann ein „unentgeltliches Auftragsverhältnis mit einer pauschalen Aufwandsentschädigung“ bestanden habe. Über die Höhe der Entschädigung wollte man keine Auskunft geben.
Thyssenkrupp hält sich dazu bedeckt. In einer Pressemitteilung über den personellen Neuzugang wird die Vorstandsvorsitzende Martina Merz so zitiert: „Mit Dr. Stefan Kaufmann haben wir einen ausgewiesenen Wasserstoffexperten gewinnen können. Seine Erfahrung und Expertise werden uns voranbringen.“ Der Essener Konzern setzt seit geraumer Zeit auf Wasserstoff bei der Stahlherstellung. Da die neue Technologie sehr teuer ist, baut das Unternehmen auf öffentliche Gelder zur Finanzierung.