Am Niederrhein. Ingrid Schmitz aus Rumeln ist dem Verbrechen auf der Spur. Gerade ist ihr dritter Insel-Krimi erschienen. Und: Frau Schmitz ist auch Jerry Cotton

Die „Zwergenpost“ ist schuld. Eine lustige fröhliche Kindergartenzeitschrift – die hat, zugegeben vor geraumer Zeit, Ingrid Schmitz – inzwischen viel beachtet und erfolgreich als „Mörderische Schwester“ unterwegs – in die Schriftstellerkarriere katapultiert. So ganz klar ist irgendwie nicht, wo sie wohnt, irgendwo auf dem Land zwischen Krefeld, Moers, Rumeln und Duisburg.

Der erste Mord auf Spiekerook

Freilich fing das Schreiben harmlos an – mit Gedichten, Erzählungen, Anthologien – bis das Böse, das Unfassbare, die düstere menschliche Seele Frau Schmitz eroberten. Seitdem schreibt sie Krimis – hat den ersten Mord der Inselgeschichte nach Spiekeroog gebracht, und jetzt gibt es sogar handfeste Beziehungen vom Niederrhein nach New York in das Hauptquartier des FBI. Frau Schmitz ist – Jerry Cotton. Also zumindest in den Romanfolgen 3339 („Mit der Liebe kam der Tod“), 3399 „Tödliches Casting“ und 3423 „Rette deine Haut“ – die beiden letztgenannten erscheinen noch in diesem Jahr.

Mia Magaloff und die Reisen nach Spiekeroog

Mia Magaloff kann tun, was sie will – irgendwann stolpert die Künstlerin und Trödelmarkthändlerin aus Krefeld wieder über eine Leiche – selbst auf der beschaulichen Insel Spiekeroog. „Mördermuschel“ ist nun der dritte Insel-Krimi von Ingrid Schmitz. Erschienen sind die Insel-Krimis in der edition oberkassel.

Ingrid Schmitz ist Mitglied bei „Mörderische Schwestern“, „Syndikat“ und „International Association of Crime Writers“.
Ingrid Schmitz wurde 1955 in Düsseldorf geboren, arbeitete dort als Speditionskauffrau bei einer kanadischen Reederei und im sowjetischen Außenhandel. Seit 2000 ist sie hauptberufliche Autorin.

Tach Frau Schmitz, das nenne ich mal eine kriminalistische Bandbreite. Mehr als 60 Kriminalkurzgeschichten haben Sie geschrieben, 16 Anthologien zusammengestellt, mit drei Inselkrimis das schöne Spiekeroog heimgesucht, und jetzt sind Sie auch noch ins organisierte Verbrechen eingetaucht.

Tach Frau Waldor-Schäfer, tja, je älter man wird, desto mehr muss man sich beeilen, um noch alles geschafft zu bekommen, was man sich so vorgenommen hat.

In Ihren Spiekeroog-Krimis lassen Sie die Hobby-Detektivin Mia Magaloff permanent und ungeschickt immer wieder über Mordopfer stolpern. Warum – und warum Spiekeroog?

Ja, das ist bitter. Ursprünglich wollte sie deswegen mal in Therapie oder zu einem Schamanen gehen, um herauszubekommen, warum es ihr immer passieren muss. Ich konnte sie davon abhalten, in dem ich sie schnell mit dem nächsten Fall beauftragte.

Krimi-Autorin Ingrid Schmitz. Man hat das Gefühl, da entsteht gerade die Idee zu einem neuen Fall...
Krimi-Autorin Ingrid Schmitz. Man hat das Gefühl, da entsteht gerade die Idee zu einem neuen Fall... © wasch

Dabei zählte ich auf ihre zügellose Neugierde und ihr Helfersyndrom und setzte ihr einen neuen Freund an die Seite. Da wusste ich noch nicht, welche Ausmaße es annehmen würde. Spiekeroog war dabei ursprünglich als Urlaubsinsel gedacht, wo sie sich erholen sollte. Aber da, wo scheinbar die größte Idylle herrscht, sieht es hinter den Kulissen manchmal ganz anders aus – zumindest in meiner Phantasie. Vielleicht sollte ich mal in Therapie gehen.

„Mördermuschel“ ist nun gerade auf dem Markt – Sie deuten an, dass Mia Magaloff eine Pause braucht…

Na ja, sie hat jetzt schon soviel mitgemacht und wird auch nicht jünger. Meine Serienfigur liegt mir sehr am Herzen. Man soll niemals nie sagen, aber ich denke, es ist Zeit für eine Pause. Es sei denn, ich bekomme Drohbriefe, die mich dazu zwingen weiterzumachen – dann überlege ich es mir selbstverständlich nochmal.

Sie erzählen leicht und locker, immer mit einem Schuss Humor und sehr viel Schüssen Ironie – Absicht?

Ja klar, ich möchte Spaß beim Schreiben haben und mich zunächst einmal unterhalten. Niemand dürfte mich sehen, wie ich über meine eigenen Witze lache oder mich vor Spannung ängstige. Ich sitze dann sozusagen in meinem immateriellen Elfenbeinturm.

Spuren verfolgen, Indizien sammeln

Warum muss es immer Mord sein?

Weil in mir vermutlich eine verkappte Kriminalhauptkommissarin steckt. Es ist äußerst spannend Spuren zu verfolgen, Indizien zu sammeln, das Opfer-Umfeld zu befragen, um dann ein Täter-Profiling machen zu können und irgendwann den Täter (m/w/d) zu schnappen und dahinter zu kommen, warum die Tat begangen wurde. Überhaupt, was treibt Menschen dazu, anderen Menschen das Leben zu nehmen?

Ganz schön düster.

Dafür gibt es bei mir immer die siegende Gerechtigkeit und das Happy End. Sonst würde ich es selbst nicht aushalten.

Wie um alles in der Welt wird man dann Jerry Cotton?

Da ich nicht nur bei den Mörderischen Schwestern bin, sondern auch im Syndikat (damit kein falscher Eindruck entsteht: beides sind Autorenvereinigungen) bekam ich eines Tages in unserem Newsletter die Ausschreibung zu lesen, dass Jerry Cotton-Autoren gesucht werden.

Jerry Cotton – der Held der Groschenromane

Jerry Cotton ist die im deutschsprachigen Raum erfolgreichste Serie von Kriminalromanen. Über 3.200 Fälle hat der New Yorker FBI-Ermittler seit 1954 gelöst – ein Ende ist nicht in Sicht. Erfunden hat die Serie in den frühen 1950er Jahren der Waschmittelvertreter Delfried Kaufmann – als „Juxfigur Jeremias Baumwolle“. Gesamtauflage heute: ca. 850 Millionen. Bislang gibt es mehr als 100 verschiedene Verfasser. Alle schreiben als ‘Jerry Cotton‘ in der Ich-Form. Die Autoren werden nie genannt, selbst die Identität von Delfried Kaufmann war bis 1998 unbekannt. Die Heftserie erscheint im Bastei-Verlag . der Jerry-Cotton-Erstling von Ingrid Schmitz.

Ich wollte zu dem Zeitpunkt mal aus meiner Komfortzone herauskommen und über den großen Teich schauen. Der Reiz war groß, mich zu bewerben, auch wenn ich mir nicht viel Chancen ausrechnete, weil ich mir denken konnte, dass ich nicht die Einzige sein würde, der es so erging. Versuchen wollte ich es aber, denn bereits meine Mutter hatte diese Romanhefte in den 60-er Jahren gelesen und aufbewahrt, bis ich diese sogenannten Groschenromane als Jugendliche in die Hände bekam und „verschlang“. Ich bewarb mich und bekam eine Chance.

Die Cotton-Heftromane erscheinen ja seit 1956. Was bedeutet es für Sie, als Autorin da nun zuzugehören? Was ist das Besondere, als FBI-Agent Cotton die Welt zu erleben?

Zunächst einmal ist die männliche Hauptfigur in der ICH-Erzählform etwas Besonderes für mich. Das war bei meiner ersten Lesung aus dem Roman gewöhnungsbedürftig.
Ich hatte mein Publikum vorher darauf aufmerksam gemacht, dass ich kein Mann sei. Das hatten sie aber vorher schon vermutet. Mit Jerry Cotton und Phil Decker vom FBI in den Vereinigten Staaten von Amerika auf Ermittlung zu gehen war und ist für mich natürlich eine große Ehre und eine ebensolche Herausforderung. Amerika, das Land meiner Träume, New York – eine Stadt, die niemals schläft. So ganz anders als der Niederrhein, auch wenn man es nicht glauben mag.

Krimi-Lesung im Frisörsalon. Das Böse und Frau Schmitz sind nahezu überall...
Krimi-Lesung im Frisörsalon. Das Böse und Frau Schmitz sind nahezu überall... © FFS | Lars Froehlich

In Ihrem Jerry Cotton-Debutroman haben Sie Helen, der Sekretärin von Mr. High, ein gewissermaßen eigenes Leben zugebilligt und eine besondere Rolle verschafft … das ist neu.

Ja, das habe ich mir herausgenommen, natürlich nicht, ohne vorher danach zu fragen. Helen war bisher immer die attraktive, Kaffee kochende, Sekretärin von Mr. High, dem unmittelbaren Vorgesetzten von Jerry Cotton und Phil Decker. Ich wollte sie nicht darauf reduzieren und wusste, dass sie mehr kann.

Jerry Cotton gibt’s auch als E-Book

Leider ist dieser Roman als Print ausverkauft, aber es gibt ihn noch als E-Book.

Worauf müssen wir uns jetzt einstellen?

Dass Mia Magaloff für längere Zeit Urlaub machen wird und ich mich solange mit Jerry Cotton und Phil Decker in Amerika herumtreibe und dem organisierten Verbrechen auf der Spur bin. 2023 sollen vier weitere Heftromane von mir erscheinen.
Auf meiner Website krimischmitz.de wird es immer wieder aktuelle Details zu den Veröffentlichungen und Lesungen geben. Natürlich bleibe ich dem Niederrhein treu.