An Rhein und Ruhr. . Der Tankrabatt löst am Mittwoch bei Autofahrern noch keine Begeisterungsstürme aus. In der Bahn herrscht dank 9-Euro-Ticket Gedränge - und Stau!

Dieser Mittwoch ist der große Entlastungstag. An den Tankstellen sollen die Preise sinken, das ganze Land steht uns für neun Euro im Monat offen. Also rein ins Vergnügen…

Die Tankstellen-App auf dem Smartphone macht schon beim ersten Kaffee schlapp. Ein Fehler sei aufgetreten. „Versuchen Sie es später nochmal“. Also muss der analoge Blick auf die Preistafel reichen.

Die Freude hält sich am Morgen noch in Grenzen, von Euphorie ist eine Dame an einer Oil-Tankstelle in Essen weit entfernt. Macht das schon mehr Spaß? „Naja“, sagt die junge Frau noch wenig begeistert. „Ich bin froh, dass der Chef zahlt“, sagt sie lächelnd. Der Liter Diesel kostet gegen 7.30 Uhr hier 1,93 Euro. „Ist doch schon günstiger“, entgegnet der Tankwart der Kundin, die gehofft hatte, dass der Preis noch niedriger sei.

Tankstellen senken am Morgen ihre Spritpreise leicht

Nun, günstiger als einen Tag zuvor ist der Sprit zwar schon, aber am Dienstag waren die Preise auch eben besonders hoch. Den Diesel gab es tagsüber für mehr als zwei Euro, am Abend gegen 18.30 Uhr auch schon mal für 1,96 Euro.

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Es ging auch mal anders, Diesel fuhr man auch schon mal für einen Euro, 1,33 oder 1,40 Euro. „Ich kenne auch noch Zeiten, da hat die Schachtel Zigaretten 2,85 D-Mark gekostet“, ruft der Kassierer der Tankstelle.

Dann vielleicht doch lieber in die Bahn?

Mit dem 9-Euro-Ticket in Lübeck und München unterwegs

Eine Dame mit grauem Haar hat soeben ihren 9-Euro Fahrschein mit Hilfe ihrer Tochter Andrea am Automaten gezogen. Sie trägt Vor- und Zunamen ein. Ihre Mutter Brigitte ist üblicherweise Autofahrerin, aber jetzt will sie es mal mit dem Zug probieren. „In meinem Alter muss man das schon mal trainieren“, sagt die Seniorin. Sie reist heute nach Lübeck – aber mit dem ICE, da herrsche nicht so ein Gedränge. Das 9-Euro-Ticket will sie aber in Lübeck nutzen, für den Bus zum Beispiel.

Ihre Tochter hat auch den günstigen Fahrschein. Sie fliegt aus beruflichen Gründen öfter nach München und will damit auch dort Bus und U-Bahn nutzen.

Der RRX1 vom Essener Hauptbahnhof hat knappe fünf Minuten Verspätung. An Gleis 2 ist es voll, viele wollen in diesen Zug steigen, der über Mülheim, Duisburg über Düsseldorf und Köln bis nach Aachen steuert.

Jeder Sitzplan ist besetzt, die Gänge sind voll

Es kommt, wie es kommen musste: Jeder Sitzplatz in diesem ersten Waggon der zweiten Klasse ist besetzt. Mehr als 20 Personen stehen in den Gängen und in den Stehbereich vor den Türen. In Mülheim schafft es eine Frau noch so gerade, ihr Fahrrad mit in den Zug zu nehmen.

Drei Freunde sind beim Frühschoppen angelangt, den Koffer zwischen den Beinen prosten sie sich zu. Ob die Dame auf dem Fensterplatz auch ein Pils möchte. Sie winkt lachend, aber vehement kopfschüttelnd ab. Es ist 8.20 Uhr.

Ein anderer junger Mann greift zu seinem Kaffee im roten To-Go-Gefäß. Er fährt diese Strecke regelmäßig um diese Zeit. „Heute ist es wirklich besonders voll“, sagt er. Dem 9-Euro-Ticket sei Dank.

Am Flughafen Düsseldorf fährt parallel der Skytrain ein paar Meter höher. Der sieht schön leer aus…Eine Stunde früher war der RRX1 in dieselbe Richtung auch schon gut ge-, aber nicht überfüllt.

Familie fährt im ICE - und wird erwischt

In einem ICE zwischen Düsseldorf und Köln wurde derweil eine Familie erwischt, die mit dem 9-Euro-Ticket diese schnelle Verbindung nutzen wollte. Das aber geht leider nicht, es wäre wohl zu viel des Guten…

Im Düsseldorfer Hauptbahnhof steuerten viele Fahrgäste die Fahrscheinautomaten an. Zwei Männer nestelten ein paar Minuten herum, schauten sich gegenseitig auf die Bildschirme. Dann kamen sie raus: zwei 9-Euro-Tickets. „Is it right?“, wollen die beiden englischsprachigen Gäste ihre Ticketwahl bestätigt wissen. Ja, ja, das ist richtig. Das können Sie jetzt täglich und im gesamten Nahverkehr nutzen… Ihre Augen strahlen, es freut sie. Eigentlich brauchen sie es heute nur für die U-Bahn. Jetzt haben sie obendrein noch ein Schnäppchen gemacht.

Die S6 hält nicht überall

Auch eine Radfahrerin steuert zielgerichtet den Fahrscheinautomaten an, wirft Münzen hinein. 9-Euro-Ticket? „Klar“, sagt sie und eilt davon „Sorry, ich bin in Eile!“ Sie hat eindeutig nicht zum ersten Mal die Bahn benutzt, anders als vielleicht der junge Mann am Automaten neben ihr. Er drückt schon seit Minuten die Felder auf dem Bildschirm, um das richtige Ticket zu bekommen.

Eine blonde Frau behütet zwei Koffer, sie wartet vor der Buchhandlung auf ihren Mann. Mit dem 9-Euro-Ticket günstig in den Urlaub? Sie lacht. „Wir kommen aus der Schweiz. Wir haben kein 9-Euro-Ticket“, sagt sie.

Aber Stephan Ludwig hat es. Indirekt zumindest. Er ist Student aus Münster und hat ein Semesterticket. Das wird nun dank des Entlastungstickets günstiger. Für seine Eltern hat er das 9-Euro-Ticket gekauft. „Ich glaube schon, dass es sinnvoll ist, um den Nahverkehr attraktiver zu machen“, sagt er. Doch es braucht auch eine vernünftige Planung. „Wenn die Züge überfüllt sind und sie nicht vorwärts kommen, dann demotiviert das“, sagt er.

Er steigt in die S6 nach Essen ein. Doch die S6 hält heute nicht überall, eigentlich fast nirgends. Ein paar wenige Stopps in Düsseldorfer Stadtteilen dann geht es in einem durch bis nach Essen, weil ein Stellwerk in Hösel ausfällt. Schade für diejenigen, die zum Beispiel in Ratingen-Ost aussteigen müssen, schön für diejenigen, die nach Essen wollen. Denn plötzlich ist es hier ganz entspanntes Reisen, der Zug ist leer, es ist leise, sauber.

Doch dann das, der Zugführer spricht von… Stau! Er bittet um Geduld, in Essen staue es sich. Vor ihm sei ein roter Zug, davor ein grüner und davor noch ein roter… Mal stoppt er zwischen Feldern, mal an Bahnhöfen wie in Essen-West. Die Türen aber werden nicht geöffnet, offiziell wird ja nicht gehalten.

Stau auf der Schiene. Und das am großen Entlastungstag.