Essen. Was das Wandern vom Spaziergang unterscheidet, wie man sich grüßt und was man auf jeden Fall tun sollte: Auf Tour mit dem SGV Essen.

Der Mann mit Hut stellt eines sofort klar: Unter Wanderfreunden sagt man Du. Er ist der Jens und wird uns heute durch Essen-Kray, Essen-Leithe und Gelsenkirchen führen. Zu Fuß. Die NRZ macht sich schon mal für den Wandertag am Donnerstag warm und wandert ein Stück der rund elf Kilometer langen Tour beim Sauerländischen Gebirgsverein (SGV) mit. Also: Los geht’s! Ach nee: Frischauf, so sagt man unter Wanderern.

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Doch bevor uns die Füße tragen, geht es zunächst vom Essener Hauptbahnhof mit dem Bus nach Kray. Am Treffpunkt fällt es wahrlich nicht schwer, die Wanderer zu finden. Sie stehen unter der großen Anzeigentafel im Hauptbahnhof, tragen Wanderschuhe, leichte Jacken, Rucksäcke, Hut oder Sonnenbrille.

Durch die Corona-Pandemie Mitglieder verloren

Es ist ein kleiner Trupp an diesem Sonntag, andere SGV-Mitglieder informieren beim FestivalEssen Original“ über die Vereinsarbeit. Sie wollen Gleichgesinnte finden, die Lust am Wandern, Lust an der Gemeinschaft haben. Knapp 450 Mitglieder hat der SGV Essen, vor der Pandemie waren es um die 900, weiß Vereinssprecher Rainer Krause.

Dabei hat der Essener SGV eine Besonderheit: Hier wird nämlich nicht nur gewandert, sondern auch Wintersport betrieben! Die Mitglieder der Skigilde fahren in die Alpen zur Abfahrt oder zum Langlauf. Ist ja irgendwie auch eine Art Wandern...

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Von der Bushaltestelle in Kray geht es kurz die Straße entlang und schon sind wir im Grünen! Die Rhododendren im Volksgarten Kray blühen in Lila und Weiß, die großen Fische im Teich reißen ihre Mäuler auf, ein Mann sonnt sich liegend auf der Parkbank in der Sonne.

Es geht weiter durch eine Wohnsiedlung, vorbei an einem Feld hinauf auf einen Trampelpfad. „Das hab ich am liebsten“, sagt Wanderführer Jens. Asphalt hat er gar nicht gern unter den Füßen, „der ermüdet schnell“. Auch die Wanderfreundinnen Maria und Andrea laufen am liebsten auf weichem Untergrund, gern im Wald, wo sie der Natur ganz nah sind, die Vögel zwitschern hören. „Manchmal muss man unter einem Ast her rutschen oder ein wenig klettern“, sagt Andrea. Das Klima im Wald mag sie besonders, gerade an heißen Tagen.

Vom Reiten zum Fahrradfahren zum Wandern

Doch bis sie die Wanderschuhe schnürte, dauerte es. Eigentlich saß sie fest im Sattel, Reiten war ihr großes Hobby. Später tauschte sie den Pferdesattel gegen den Fahrradsattel und wurde Mitglied im Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). Sie kam mit anderen Mitgliedern ins Gespräch, hörte Geschichten vom Jakobsweg, besorgte sich Lektüre und bekam Lust. „Den möchtest du auch gehen“, sagte sie sich und begann, ein paar Strecken zu gehen. Doch der Start war von der Erkenntnis geprägt: „Alleine laufen macht keinen Spaß.“

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Sie schloss sich dem Sauerländischen Gebirgsverein an und ist seitdem mit ihm auf Tour. „Die Wanderführer wissen so viel!“, ist sie begeistert. Der Martin zum Beispiel sei ein wandelndes Geschichtslexikon und Roland „hat es mit den Viechern“, sagt sie lächelnd. Und auch Maria will wissen: Was wächst auf diesem Feld? Ist der Pferdehof hier noch in Betrieb?

Die klassische Karte hat Jens (re.) immer dabei, aber auch Apps helfen ihm bei der Planung. Er zeigt Maria, Rainer und Andrea, wo es dieses Mal vom Volksgarten Kray aus lang geht.
Die klassische Karte hat Jens (re.) immer dabei, aber auch Apps helfen ihm bei der Planung. Er zeigt Maria, Rainer und Andrea, wo es dieses Mal vom Volksgarten Kray aus lang geht. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Wanderer wollen mit allen Sinnen genießen, gucken, hören, fühlen, schmecken (wenn die Stulle in der Pause ausgepackt wird). Es ist ein wirklich munteres Völkchen, was sich hier gefunden hat. Lebenslust und gute Laune. „Ich kenne niemanden aus unserem Verein, der mit Corona infiziert war“, wagt Rainer eine mutige These. Jens nickt zustimmend.

Maria wandert meist sonntags, seit Kurzem zusätzlich auch mittwochs. Sie wohnt im Essener Südviertel. „Das Ruhrgebiet ist so vielfältig“, schwärmt die gebürtige Spanierin. Anders als Andrea war sie schon immer viel zu Fuß unterwegs. Sie mag vor allem auch die Gesellschaft, die netten Gespräche.

Aber ab wann ist man denn ein Wanderer und eben nicht nur ein Spaziergänger?

Sechs Kilometer müssen es sein

„Wandern, das ist Strecke“, sagt Rainer. Jens bestätigt, sechs, sieben Kilometer müssten es mindestes sein, meint er. Er selbst ist zum Wandern gekommen, nachdem er sieben Schlaganfälle hinter sich gebracht hat. „Ich nutze das als Reha“, sagt der 64-Jährige. Wegen Gleichgewichtsstörungen kann er sich nicht mehr aufs Fahrrad setzen, schildert er. Und so hält er sich nun beim Wandern fit.

Wer nun Lust aufs Wandern bekommen hat, sollte zwei Tipps beherzigen: Festes, bequemes Schuhwerk sollte schon sein. Und dann „sollte man wissen, wohin man will“, sagt Rainer. Sprich: Nicht zu viele Kilometer am Anfang, Höhen einplanen und vielleicht auch das Wetter beachten. Wie passend, dass am Donnerstag der NRZ-Wandertag stattfindet...Frischauf!

Infos zum SGV gibt es auf der Internetseite https://sgv-essen.de. Wer sich fürs Wandern interessiert, kann auch mal kostenlos zum Schnuppern mitwandern