An Rhein und Ruhr. CDU und FDP verabschieden im dritten Anlauf ein neues Denkmalschutzgesetz, das Eigentümern weitaus mehr Spielraum gibt als bislang.

Die Landesregierung hat sich auf den letzten Metern vor der Wahl keine Blöße gegeben: CDU und FDP verabschiedeten mit ihrer Mehrheit das in letzter Minute noch weiter liberalisierte Denkmalschutzgesetz. CDU und FDP ließen zusätzlich festschreiben, dass Denkmalbesitzer künftig ohne Einbindung von Fachleuten nicht wesentliche Bestandteile von Denkmalen verändern dürfen.

Und Eigentümer, die derzeit im Denkmalschutzverfahren sind, können ab 1. Juni die neue Gesetzeslage anwenden. Die Landschaftsverbände rechnen daher mit einer schnell steigenden Zahl von Abrisswünschen. In Westfalen lagen in den letzten sechs Monaten 16 Abrissanfragen auf dem Tisch – viermal mehr als sonst. Im Rheinland rechnet der LVR mit ähnlichen Effekten.

„Sie finden an vielen Stellen erhebliche Verbesserungen“

Begleitet von Protesten hatte der Landtag mit schwarz-gelber Mehrheit die Vorgaben für den Denkmalschutz in Nordrhein-Westfalen liberalisiert. In seiner vorletzten Sitzung in dieser Legislaturperiode verabschiedete der Landtag am Mittwoch gegen die Stimmen von SPD, Grünen und AfD das neue Denkmalschutzgesetz.

Denkmalgeschützte Gebäude wie Höfe, Burgen, Schlösser, Wohn- oder Handelshäuser können künftig leichter umgenutzt werden. Auch die Installation etwa von Photovoltaikanlagen wird erleichtert. Das neue Gesetz tritt am 1. Juni in Kraft. Das bisherige Gesetz war mehr als 42 Jahre alt. Bis zuletzt hatten Fachverbände gegen den Entwurf gekämpft.

Die Wogen schlugen also noch einmal hoch auf den letzten Metern – rund 30 Teilnehmer einer kleinen Demonstration appellierten in letzter Minute dafür, nach der Wahl einen neuen Anlauf zu nehmen, um unter Einbindung aller Fachgremien ein Gesetz zu schaffen, das breitere Anerkennung findet.

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, brachte im dritten Anlauf das umstrittene Gesetz durchs Parlament – hier bei einem Besuch in Duisburg-Hochheide.
Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, brachte im dritten Anlauf das umstrittene Gesetz durchs Parlament – hier bei einem Besuch in Duisburg-Hochheide. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Indes, die Regierungsparteien sind überzeugt, dem Denkmalschutz zu dienen. Bau-, Kommunal- und Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) betonte: „Sie finden an vielen Stellen erhebliche Verbesserungen.“ Belange von Klimaschutz und Menschen mit Behinderung würden gewürdigt, die ehrenamtliche Denkmalpflege gestärkt. Unterstützung erhielt sie vom baupolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, dem Essener Fabian Schrumpf: Die Entscheidung, wie Denkmale gepflegt würden, solle vor Ort fallen. „Deshalb stärkt unser Gesetz die Kommunen mit ihrer wichtigen Rolle im Denkmalschutz.“

Dem widersprachen schon vor der Debatte die SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Willi Körfges und Jochen Ott, die sich mit den Demonstranten unterhielten: Viele Kommunen seien fachlich unterbesetzt, könnten den Denkmalschutz vor Ort kaum leisten. Zudem passe es nicht in die Zeit, dass den Kirchen Sonderrechte im Denkmalschutz eingeräumt würden. Sie, schließlich ist Wahlkampf, sicherten zu, im Falle eines Regierungswechsels das Gesetz zu kassieren.

„Es ist ein Kulturbruch, was hier geschieht“

Nun, wenn man Stephan Paul von den Liberalen zuhörte, dürfte das zumindest bei Regierungen mit FDP-Beteiligung knifflig werden. Er befand im Plenum: „Wir entbürokratisieren das Gesetz, Denkmäler müssen nutzbar bleiben.“ In der Anhörungen hätten Experten der Immobilienwirtschaft und von Haus und Grund das Gesetz gelobt.

Johannes Remmel (Grüne) widersprach heftig: Das Gesetz sei in der Fachwelt des Denkmalschutzes bis hin zu Verfassungsrichtern auf Ablehnung gestoßen. „Ich habe in der Geschichte des Landtags noch nie so einhellige Ablehnung erlebt.“ Zweimal habe Ministerin Scharrenbach versucht, ein Denkmalschutzgesetz durchzubringen und sei gescheitert. Nun werde es mit der Brechstange auf den letzten Metern probiert. Es werde ein eigentümerorientierter Denkmalschutz geschaffen: „Es ist ein Kulturbruch, was hier geschieht.“