An Rhein und Ruhr. Eine Energieberatung ist nicht teuer. 30 Euro kostet der anderthalbstündige Rundgang. Doch der kann durchaus teure Erkenntnisse nach sich ziehen.
Die dunkle Wahrheit versteckt sich ja immer im Keller. Das ist im Thriller nicht anders als im wahren Leben. „Hat der Schornsteinfeger noch nichts gesagt?“, fragt Martin Grampp streng. Nö, wieso? Irgendwas von „der Daimler Diesel unter den Heizungen“. Das reichte mir. „Eben“, sagt Martin Grampp. „Quasi unkaputtbar, aber nicht mehr zeitgemäß.“
Der Mann ist Energieberater, unterwegs im Namen des Klimaschutzes und der Verbraucherzentrale NRW und steigt mir aufs Dach. Aufs angebaute Flachdach meiner Doppelhaushälfte, Baujahr 1926, an- und umgebaut und teilsaniert vor 20 Jahren und seit fünf Jahren vermietet. Für den Architekten und Diplom-Ingenieur ist das ein Routinejob, erledigt in maximal anderthalb Stunden, für den Gasbrenner im Keller jedoch ein Todesurteil. Zeitnah zu vollstrecken.
„Nach 30 Jahren muss ein Brenner getauscht werden“, sagt Grampp. So will es ein kompliziertes und durchaus lückenhaftes Gesetz aus dem Jahr 2020. Ich kann diese Lücken suchen – oder zur Bank gehen, Förderanträge stellen, Kredit aufnehmen, Handwerker zu finden versuchen und mich dann irgendwann sonnen – im guten Gefühl, der Abhängigkeit vom Gas entronnen zu sein und was fürs Klima getan zu haben.
Dabei fing der Besuch so schön an. Grampp untersucht den Patienten von außen nach innen und von oben nach unten. Los geht’s auf der Sonnenseite im Garten. Grampp linst zwischen die Fensterscheiben: In der Doppelverglasung steht irgendwo das Baujahr der Fenster und die Güte. „Alles gut. Klar, würde man heute dreifach verglasen, aber das lohnt den Austausch nicht“, sagt er. Die Fenster dürfen auch nach 20 Jahren bleiben.
Gleiches gilt fürs Dach. „Gedämmt?“, fragt er. Ja, weiß ich noch gut, wie ich diese eklige Glaswolle zwischen die Sparren geklemmt habe. Wie dick? Tja. 12 oder 14 Zentimeter. „Heute würde man sicherlich auf 20 Zentimeter aufdämmen, aber gut.“ Auch da lohnt der Aufwand nicht, denn ansonsten ist das ebenfalls 20 Jahre alte Dach in Ordnung. Gleiches gilt für die Haustür, die ist brandneu, quasi, vor zirka zehn Jahren eingebaut, weil es so zog. „Gute Idee, aber hohe Kosten für bloß zwei Quadratmeter“, sagt Grampp.
Was also tun fürs klimafreundlichere Haus? Sollte es vielleicht doch ein paar Photovoltaik-Zellen bekommen? „Könnte man machen“, so der 56-Jährige. „Selbst hier in Ost-West-Ausrichtung. Ist aber schwierig zu rechnen, weil Sie nicht selbst hier wohnen.“ Ich müsste quasi ein eigenes Stromerzeugungsunternehmen gründen, meine Mieter preislich an mich fesseln mit reichlich Papierkram. „Sonst bekommen Sie nur sechs Cent pro Kilowattstunde“, sagt er. Statt als Selbstnutzer derzeit bei meinen Ökostromanbieter 35 Cent pro Kilowattstunde zu sparen.
„Ihr Haus atmet nicht durch die Wände“
Was hält er von Fassadenisolierung? „Würde ich drüber nachdenken.“ Kostet bei dem Haus, so peilt er über den Daumen, rund 25.000 Euro. „Es gibt Förderprogramme und Kredite über die KfW-Bank“, sagt er Und umlegen auf die Mieter könnte ich auch noch was. Da wird sich die Großfamilie aber freuen.
Ich gestehe: Nicht erst seit dem Brand in Essen vor drei Wochen sehe ich Fassadendämmungen kritisch. Grampp kontert: Erstmal ist nicht klar, ob es an der Dämmung lag. Er sagt: Sehr unwahrscheinlich. Mineralwolle brennt nicht, auch Styropor ist schwer entflammbar, da sind die Kunststoffrahmen der Fenster genauso gefährlich. Und nein, ein Haus atmet nicht durch die Wände. „Die Wände werden wärmer, das Wohnklima besser.“ Und schimmeln kann es so oder so, wenn man nicht richtig lüftet. Ja, es könnte etwas dunkler werden. „Wird es aber durch die heutigen Fenster auch.
Aber da ich auch jeden Kredit-Euro nur einmal ausgeben kann, geht es zurück zum Krisenherd Heizung. Was empfiehlt der Energieberater in so einem Fall? „Hängt von vielen Faktoren ab“, sagt Grampp. „Wenn Sie hier selbst wohnen würden und Spaß daran haben, mit einer Anlage zu arbeiten, die ein bisschen Betreuung braucht, wäre vielleicht eine Holzhackschnitzelheizung das richtige“. Die muss ein wenig betüddelt werden, verbrennt Holzschnitzel, macht aber keinen Staub und gilt als klimaneutral, weil man davon ausgeht, dass für die verhackselten Bäume wieder neue angepflanzt werden.
Fernwärme ist gut – für den Vermieter, nicht für die Mieter
„Sie können prüfen, ob Sie hier Fernwärme haben. Das ist für Vermieter günstig, für Mieter jedoch weniger.“, sagt Grampp. „Meine Empfehlung wäre eher eine Heizung mit Wärmepumpe“, sagt Grampp. Eine mit – möglichst ökologischem Strom – betriebene Wärmepumpe entzieht der Umgebungsluft (oder dem Boden oder dem Grundwasser) per Wärmetauscher die Energie, kann charmanterweise im Sommer sogar kühlen und kommt ansonsten ohne Energieträger aus.
Der Abschied vom Gas jedoch hat seinen Preis: – das Projekt kostet je nach Ausstattung zwischen 25.000 und 40.000 Euro. „Auch dafür gibt es Fördermittel“, sagt Grampp.- „Lassen Sie sich beraten ...“ Nach der Beratung ist vor der Beratung lautet also Lektion 1. Und Lektion 2: Sparen wollen muss man sich auch erstmal leisten können.
Günstig, aber gefragt: Die Energieberatung
Fast alles, was beim Energiesparen rings ums Haus hilft, wird gefördert. Dazu gehört auch schon der Besuch des Energieberaters zu Fragen der Gebäudesanierung. Der kostet eigentlich 289 Euro, mit Förderung sinkt der Eigenanteil auf 30 Euro. Ein Basischeck ist sogar gratis, dann geht es aber nicht ums Sanieren, sondern „nur“ um den Verbrauch.
Die Folge: Energieberatungen sind gefragt, es gibt Wartezeiten. Ratsam ist die Suche über die Verbraucherzentralen ( Verbraucherzentrale-energieberatung.de) oder unter www.deutsches-energieberaternetzwerk.de. Bei anderen Gewerken gibt es oft einen gewissen Tunnelblick: Der Dachdecker will Dächer decken, der Installateur kennt sich mit neuen Heizungen aus ...
Hinzu kommt: Energieberater darf sich jeder nennen, aber nur wer eine offizielle Anerkennung hat, kann förderfähige Anträge stellen.