Die Verkehrswende muss weiblicher werden: Warum Frauen noch mehr an ihren Autos hängen als Männer. Eine Kolumne.
Typisch, die Frau am Steuer ist auch in grüneren Zeiten noch ein Thema für Herrenwitze. Etwa über die Zahnarztgattin, die mit ihrem Monster-SUV die Kinder von der Schule abholt und damit Mutter Erde ruiniert. Zeit für einen weiblichen Blick auf die Verkehrswende. Rund 16 Millionen Frauen besitzen in Deutschland ein Auto, die meisten haben das gleiche Motiv wie die 32 Millionen männlichen Kfz-Halter. Sie wollen zuverlässig von A nach B. Längst gibt es auch unter Frauen jede Menge Vollgas-Närrinnen, die ihr Ego mit vielen PS feiern. Aber in einem Punkt werden wir ewig anders ticken als Männer. Die Liebe zum Auto gründet bei Frauen in einem Abhängigkeitsverhältnis.
Mein erstes Fahrzeug war 1982 ein olivgrünes Wrack, ein Polo, der sich jedoch anfühlte wie der Zauber-Aston Martin von James Bond. Plötzlich war ich unangreifbar. Die Straßen der Welt standen mir offen, sogar nachts. Keine Angst mehr vor besoffener Anmache im leeren Bus, nie wieder in dunklen Ecken auf Schritte lauschen. Riegel runter: My car is my castle! Für Frauen ist das Auto eine rollende Festung.
Der Macho-Spruch vom ADAC war schon immer verkehrt. Eigentlich hätte der „pro Auto“-Slogan heißen müssen: Freie Fahrt für freie Bürgerinnen. Gerne auch Bürger*innen, denn inzwischen fordern emanzipierte Männer für sich ebenfalls gut beleuchtete Stellplätze nah am Eingang der Parkhäuser.
Cinderellas Kutsche statt Bummel-Bus
Also liebe Autolobby, es ging nie um die Freiheit zum Wettrasen auf der Stadtautobahn, sondern um Bewegungsfreiheit ohne Angst, die selbst beim nachhaltigsten Gendern ein größeres Problem für Frauen bleiben wird. Vielleicht setzen sich so viele „Gattinnen“ in die SUVs, weil die dicken Reifen mehr Sicherheit suggerieren. Leider schwemmte der Starkregen im vorigen Sommer diese Alltagspanzer weg wie Matchboxautos. Jetzt lenkt der Klimawandel unsere Mobilität.
Die Verkehrswende sollte funktionieren wie die gute Fee in „Cinderella“ – die einen Kürbis in eine Turbo-Kutsche verwandelt. 16 Millionen Autobesitzerinnen werden ihre rollende Burg nicht für ein paar Bummel-Busse aufgeben, um nach 22 Uhr an einsamen Haltestellen zu zittern. Auch das „Gewaltschutz-Training für Frauen in der U-Bahn“, das die Polizei in einigen Städten anbietet, ist mehr Bankrotterklärung als Hilfe. Genauso wie die „Heimweg-Apps“, mit denen Mädchen sich neuerdings über Handy nach Hause begleiten lassen.
Märchenhafte Investitionen rechnen sich
Wir brauchen kein virtuelles Händchenhalten, wir fordern den ÖPNV-Hammer! Toll getaktete Busse und Bahnen wären naturgemäß so voll besetzt, dass nicht nur die gefühlte Sicherheit steigt. Das verlangt märchenhafte Investitionen, kommt jedoch billiger als die Abermillionen Autos und Straßen, die in künftigen Flutkatastrophen absaufen.
Übergangsweise muss die Regierung weiblicher denken. Weg mit der Förderung für fette E-Dienstwagen. Stattdessen ein schnuckeliger Frauenbonus für E-Autos.
Allgemeiner Aufschrei!
Typisch... Frauen aller Länder, reißt das Steuer rum!