An Rhein und Ruhr. Die Austrittswelle in der katholischen Kirche macht sich bei den Amtsgerichten in der Region bemerkbar. Termine für Anträge gibt es kaum noch.

Die katholische Kirche hat wahrlich schon bessere Zeiten erlebt, die Stimmung ist schlecht, die Zahl der Kirchenaustritte nimmt stetig zu. An einigen Amtsgerichten an Rhein und Ruhr werden die Termine für Kirchenaustrittserklärungen knapp.

So hat das Amtsgericht Wesel nach eigenen Angaben nur noch ein paar Termine für die kommende Woche zur Verfügung. Bis zum 26. Januar gab es dort allein in dem Monat 111 Austritte, im Januar 2021 waren es dagegen 51. Damals war noch keine Online-Terminbuchung möglich. Insgesamt gab es beim Amtsgericht Wesel 867 Kirchenaustritte. In Köln hat das Amtsgericht aufgrund der hohen Nachfrage entschieden, das Terminangebot wieder aufzustocken. Allerdings waren die Termine für März bereits vor dem 20. Januar, als das neue Missbrauchsgutachten in München vorgestellt worden ist, ausgebucht. Am Amtsgericht Köln gab es im vergangenen Jahr mit 19.340 einen neuen Rekord an Kirchenaustritten.

Austrittswelle macht sich in Gemeinden bemerkbar

Vergleicht man die Januar-Zahlen beim Amtsgericht Essen-Mitte zeigt sich folgendes Bild: Im Januar 2021 gab es 153 Austritte, im laufenden Januar dieses Jahres (Stichtag 26.1.) waren es bereits 284. Auch beim Amtsgericht Münster nahm allein im Januar 2022 die Zahl der Kirchenaustritte um 140 auf 436 zu. Allerdings hat das Amtsgericht bereits mehr Termine angeboten. Das trifft auch auf das Amtsgericht Düsseldorf zu. Dort gab es im Januar 2021 381 Austritte, im Januar 2022 (Stichtag 27.1.) bereits 510. Bei den meisten Amtsgerichten werden ab dem 1. Februar wieder Termine freigeschaltet.

Auch in den Kirchengemeinden in der Region spürt man, dass sich viele Mitglieder von der katholischer Kirche abwenden. „Die Zahl der Austritte aus unserer Kirchengemeinde bricht nicht ab“, sagt eine Mitarbeiterin der St. Vincentius-Gemeinde in Dinslaken. Der jüngste Missbrauchsskandal um den emeritierten Papst Benedikt habe jedoch nur bedingt etwas mit der Austrittswelle zu tun: „Das wird sich wahrscheinlich eher in den nächsten Monaten widerspiegeln, wenn die Zahl noch weiter steigt. Aber der Skandal um Kardinal Woelki spielt mit Sicherheit auch eine Rolle, warum es zuletzt so viele Austritte gab.“

Trotz der Skandale sei die katholische Kirche durch ihre gemeinnützigen Einrichtungen für viele Menschen immer noch sehr wichtig. Dass durch die Austrittswelle bald Geld fehlen könnte, um Einrichtungen am Leben zu erhalten, glaubt Pastor Herbert Werth von der St. Martinus-Gemeinde in Moers nicht: „Kitas und andere soziale Einrichtungen können weiterbetrieben werden. Es ist aber wichtig, dass sich die Kirche von innen heraus reformiert. Dafür müssen wir an der Basis alles tun.“