An Rhein und Ruhr. Obwohl die Coronafälle in NRW-Kitas auf dem Höchststand sind, will das Land keine Schließung. Eltern befürchten eine Durchseuchung ihrer Kinder.

Frauke Preiß ist „wütend, ohnmächtig und unendlich besorgt“. Die Mutter dreier Kinder im Alter von zwei, vier und sechs Jahren hat Angst, „ja fast schon Panik“, ihre Kinder nicht mehr vor einer Infektion oder Long-Covid schützen zu können, denn: Die Lollitests, die vornehmlich im Mund gemacht werden, seien „äußerst unpräzise, was die in der Nase sitzende Omikron-Virusvariante betrifft“.

Weder Pooltestungen noch verbindliche Maskenpflicht in Kitas würden ausgesprochen. Dabei infizieren sich derzeit immer mehr Kinder und Mitarbeiter mit Corona, manche Einrichtungen gehen in den Notbetrieb, müssen Gruppen oder gar ganze Tagesstätten schließen.

Corona und Kita: Viele Infektionen in Düsseldorf und Mülheim

„Es sind immer wieder einzelne Gruppen mit besonders hohem Infektionsgeschehen geschlossen, weil beispielsweise das Personal mit betroffen ist. In Einzelfällen betrifft dies auch ganze Einrichtungen. Dies ist jedoch nur tageweise der Fall“, teilt eine Stadtsprecherin aus Düsseldorf auf Anfrage mit. Von den 8000 Erzieherinnen und Erziehern seien 197 Fachkräfte im Laufe des Januars in Quarantäne gewesen. 513 von 26.000 Kitakindern seien nachweislich infiziert worden.

Von einer „angespannten Situation“, spricht eine Sprecherin der Stadt Mülheim. Von insgesamt 452 Fachkräften befinden sich derzeit 90 in häuslicher Isolation. Zudem kommen 407 Kitakinder, die in Quarantäne sind. Zur Einordnung: Die Stadt Mülheim zählt insgesamt 5676 Kitakinder. „Uns drängt sich nunmehr die Vermutung auf, dass eine Durchseuchung der Kleinsten und Kleinkinder gewünscht ist“, mutmaßt Preiß.

Keine Kita-Schließung in NRW: Familienminister Joachim Stamp bleibt bei seiner Linie

Landesweit sieht die Situation ähnlich aus. Laut dem nordrhein-westfälischen Familienministerium haben sich in diesem Monat, Stand 24. Januar, bislang 7967 Kinder infiziert. Das übertrifft den bisherigen Spitzenwert von rund 3000 Corona-Fällen im Dezember deutlich – eine Woche vor Monatsende. Im Schnitt sind an jedem Tag 114 Einrichtungen entweder zum Teil oder komplett geschlossen.

Von seiner Linie, Kitas unter keinen Umständen zu schließen, will der NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) dennoch nicht abrücken: „Angesichts des Urteils der Kinderärzte und weiterer Fachverbände besteht aktuell keine Notwendigkeit zu Beschränkungen bei Kindern, da sie durch Omikron keiner zusätzlichen Gefährdung ausgesetzt sind, sondern in der Regel sehr milde oder symptomfreie Verläufe haben.“

GEW: Ministerium fehlt ein Notfallplan für die vielen Coronafälle in Kitas

Diese Auffassung sorgt nicht nur bei den Eltern für Unverständnis. „Es ist gut, auf sonniges Wetter zu setzen. Wenn es nieselt, sollte man aber immer einen Regenschirm dabei haben. Die Kitas stehen seit zwei Jahren im Regen – ohne Schirm“, sagt Ayla Çelik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW.

Ayla Celik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), fordert einen Notfallplan für die Kitas.
Ayla Celik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), fordert einen Notfallplan für die Kitas. © dpa | Marcel Kusch

Die Labore seien überlastet, die Gesundheitsämter kämen mit der Kontaktnachverfolgung nicht hinterher. Außerdem fehle immer noch „ein Plan B für Notfälle, auch nach zwei Jahren“. Es gebe lauter Missstände, „die uns jetzt auf die Füße fallen“.

Erzieherin aus Dinslaken fordert mehr Schutz durch verpflichtende Tests in NRW-Kitas

Genau diesen Plan B, der ihr eine gewisse Sicherheit verspricht, hätte sich auch Tamara Lasinski gewünscht. Die Dinslakenerin, die selbst selbst als Erzieherin arbeitet, fragt sich, wie das Ministerium sein Versprechen, sie und ihre Kolleginnen und Kollegen „bestmöglich zu schützen“, ohne verpflichtende Tests einhalten möchte.

Denn was für die Infektionen bei Kindern zu beobachten ist, gilt für die Erwachsenen genauso: Mehr als 4500 Mitarbeitende sind im Januar 2022 bisher erkrankt, mehr als doppelt so viele wie im gesamten Dezember. Dazu schreibt Lasinski in einem Leserbrief: „Die meisten von uns sind geimpft und tragen wenn nötig eine Maske. Sonst bleibt nur das Vertrauen in die Ehrlichkeit der Eltern und ihr Bewusstsein für die Verantwortung anderen gegenüber sowie die geöffnete Tür bei winterlichen Temperaturen. Wenn schon kein Corona, dann wenigstens die dicke .“