An Rhein und Ruhr. Wer etwas fürs Klima tun will, fährt Bus und Bahn. Damit das für immer mehr Menschen möglich wird, will der VRR Ein- und Umstieg erleichtern.
Wie wird Nahverkehr grüner? Grüner als er – im Vergleich zum Auto ohnehin schon ist. Nun, einen großen ersten Schritt dafür feiert die Region am 7. Februar. Dann wollen Bahnchef Ronald Pofalla, NRW-Ministerpräsident (und Ex-Verkehrsminister) Hendrik Wüst, die Chefs der Verkehrsverbünde Rhein-Ruhr und Westfalen die Elektrifizierung der Strecke von Wesel nach Bocholt feiern.
Es ist ja auch etwas Besonders: 20 Kilometer Strecke sind dann nach siebenmonatiger Sperre und jahrelanger Planung „unter Fahrdraht“ wie die Bahner sagen. Statt stinkender Dieseltriebwagen werden schnellere, leiserer Elektrotriebwagen rollen. Und immerhin – anteilig – mit Ökostrom. Am 1. Februar soll es für die Fahrgäste losgehen. Gefeiert wird erst eine Woche später, dann wissen DBNetz und der frischgebackene Betreiber des Niederrheinnetzes Vias Rail auch, dass es stabil läuft.
Damit fährt die Bahn nicht nur schneller und leiser, sondern auch ökologischer. Kleiner Wermutstropfen: Durch den Fahrdraht fließt nicht nur grüner Strom. Zwar wirbt die Bahn damit, dass ihr Fernverkehr zu 100 Prozent mit Ökostrom fährt. Der Gesamtmix aller elektrisch gefahrenen Züge, Güter und Nahverkehr eingerechnet, sah indes 2020 noch so aus: Gut 60 Prozent kamen aus erneuerbaren Energien, je etwa ein Zehntel aus Gas und Kernenergie und der Rest stammte (noch) aus der Kohleverstromung. An die ist die Bahn langfristig gebunden, will aber bis 2038 den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix auf 80 Prozent bringen. Also: Elektrifizierung ist ein Schritt zu grünerem Nahverkehr. Aber teuer – die 20 Kilometer auszubauen, kostete rund 50 Millionen.
2. Schritt: Batteriezüge
Heute, das räumt auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr ein, würde man eine Strecke wie die von Wesel nach Bocholt nicht mehr elektrifizieren. Zumindest für kürzere Abschnitte im Bahnnetz setzt der VRR mittlerweile auf eine andere Technik. BEMU steht für Batterieelektrische Vielfach-Einheit, bloß auf englisch. Was eine Vielfach-Einheit ist? Nun, die Dinger kann man, wie damals die Akkutriebwagen, zu längern Zügen zusammenkuppeln.
Fahren sollen die bereits in Spanien bestellten Züge am linken Niederrhein auf Strecken von Düsseldorf über Krefeld nach Kleve (ab 2028) und Duisburg über Moers nach Xanten(ab Dezember 2025)..
Dort, wo der oben erwähnte Fahrdraht hängt – bis Krefeld und bis Rheinberg-Millingen holen sich die Züge den Strom aus der Oberleitung, danach geht es mit Akku weiter. Ähnlich wird es auf den Strecken ins Münsterland zugehen, beispielsweise von Essen über Dorsten nach Borken und Coesfeld.
Damit wird Bahnfahren – ohnehin klimafreundlicher als die PKW-Nutzung (wenn es denn kein E-Auto ist) – noch sauberer. Ein mittelalter Benziner stößt ca 20 Kilogramm CO2 pro 100 Kilometer aus, im IC oder ICE sind es etwa 3,6 Kilo pro Reisendem. Im Nahverkehr liegt der Wert bei rund 6,4 Kilo.
3. Schritt: Neue Busse
Mit anderen Worten: ab drei Fahrgästen ist sogar ein normales Auto klimagünstiger! Weil vielerorts Busse unterwegs sind – die zum größten Teil noch mit Dieselmotoren bestückt sind. Doch da will der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr besser werden: Immerhin 128 Busse sind mit alternativen Antrieben unterwegs, als Hybrid, als Elektrobus oder mit Wasserstoffantrieb. Solingen, als einzige Stadt im VRR ohnehin mit einem Oberleitungsnetz für Buslinien ausgestattet, versucht es auch da mit Batteriebussen.
„Das ist ein langer Prozess, denn die Kommunen können ihre Busflotten ja nicht auf einen Schlag austauschen“, weiß Michael Zyweck. Er ist beim VRR „Leiter der Koordinierungsstelle Rhein-Ruhr des Zukunftsnetzwerkes Mobilität NRW“. Will sagen: Er berät Verkehrsunternehmen, Städte und Gemeinden, wie sie attraktiver für Umsteiger werden. Damit kommen wir zum:
4. Schritt: Besser Verknüpfen
„Wir wollen und können den Menschen ihr Auto ja nicht ausreden und nicht wegnehmen“, sagt er. „Aber wenn sie bei zwei von zehn Fahrten demnächst sagen: Ich lasse das Auto stehen und nehm den ÖPNV ist schon was gewonnen.“ Dafür muss der Umstieg einfach sein. Um das „Zukunftsnetz Mobilität“ zu knüpfen hat sich Zyweck tatsächlich 13.000 Haltestellen angeschaut. Und gibt Hinweise: Wo bündelt man Verkehre, baut – Essen lobt er da als vorbildlich – Mobilstationen, an denen Bus, Straßenbahn mit (Leih-)Auto und (Leih-)-Fahrrad verknüpft werden.
Fürs Fahrrad lässt er sogar Schlösser bauen: Zu besichtigten unter „Dein-Radschloss.de“. 900 Plätze für Fahrräder in 14 Kommunen gibt es bereits. Klingt gut, ist aber eigentlich noch erschütternd wenig, wo doch fast jeder ein Fahrrad hat – gerade am Niederrhein. Derzeitige Bilanz: Im Kreis Kleve und Wesel gibt es je ein „Radschloss“ an den Bahnhöfen Rheinberg und Kleve, in Düsseldorf gibt es auch eins, in Duisburg und Essen immerhin fünf, in Mülheim und Oberhausen je zwei, meist an Bahnhöfen oder zentralen Haltestellen. Dafür sind Radschlösschen auch schicker Luxus, im Internet reservierbar, bezahlbar per Kreditkarte, PayPal oder Lastschrift. Für einen Euro pro Tag, 15 im Monat – zum Teil sogar mit Steckdose zum E-Bikeladen.
Ähnliches ist für Park+Ride-Parkplätze denkbar, so Zyweck. Gern würde er die mit Schranken versehen: Gratis für Nahverkehrsnutzer mit Dauerticket, verbilligt für den Gelegenheitsfahrer und für alle, die da aua anderen Gründen parken, gebührenpflichtig. Und noch schöner wird das alles mit:
5. Schritt: Alles über eine App
Fahrkarte, Abstellplatz, Leihwagen oder Rad, vielleicht sogar E-Roller: das alles über eine einzige App buchen, das ist Zukunftsmusik. Immerhin: Auf mobil.nrw gibt es immerhin alle für NRW wichtigen Tickets, sogar einen schlauen Nahverkehrstarif mit Luftlinie für Gelegenheitsnutzer. Leih-E-Scooter, Radschloss, Parkplatz und vieles mehr kommen vielleicht später noch dazu, vielleicht – wie im Handyticket Deutschland, Tarife anderer Verbünde. Schön wär es, dann könnten mehr Leute auf die „Billiger-Tanken“-App verzichten.