Kempen. Katariina Örmä hat mit „Vergiss-mich-nicht“ in Kempen einen etwas anderen Secondhand-Laden eröffnet. Und ein Promi war hier auch schon zu Gast.
Leuchtende Glühbirnen im Eingangsbereich bilden den Schriftzug „Vergiss-mich-nicht“ – das ist zum einen der Name, zum anderen aber auch die Botschaft des außergewöhnlichen Ladens mitten in der Kempener Innenstadt. Hier hängen Kleider, Blusen, Jacken; hier stehen Stiefel, Lederschuhe, Taschen – alles gebraucht, aber viel zu gut, um vergessen zu werden!
Secondhand ist längst nicht mehr die leicht muffige und etwas verschrobene Art des supergünstigen Kleiderkaufs, sondern Bestandteil eines jungen, hippen, umweltbewussten Lebensstils. „There is no Planet B“, der Spruch der Fridays-For-Future-Bewegung, steht ein paar Meter weiter an einer Holzwand geschrieben. „Das Bewusstsein dafür ist momentan so groß und so wichtig wie nie“, sagt Katariina Örmä.
Konzept aus Finnland
Und aus ebenjenem Grund kam der 38-Jährigen die Idee, ein nachhaltiges Kleidungsgeschäft zu eröffnen. „Ich konnte nicht mehr schlafen, weil ich wirklich das Gefühl hatte, dass es klappen könnte.“ Sie liebt alles, was mit Mode zu tun hat, geht selbst gern in Secondhand-Läden einkaufen. In ihrer alten Heimat Finnland sehen die allerdings anders aus als hierzulande…
„Ich habe überhaupt nicht verstanden, wieso es in Deutschland kaum Läden mit einem solchen Konzept gibt“, sagt Katriina Örmä. Also eröffnete sie März 2021 ihren etwas anderen, finnisch angehauchten Secondhand-Laden. Die Idee dahinter ist schnell erklärt: Interessierte können eine der insgesamt 25 Kleiderstangen für jeweils eine Woche mieten.
40 bis 70 Teile pro Kleiderstange
Mindestens 40 und maximal 70 Teile sollten an einer Stange hängen, empfiehlt die Expertin. 35 Euro kostet die Miete, bei 25 Prozent liegt die Umsatzprovision. Dafür aber übernehmen sie und ihre vier Mitarbeiterinnen das Sortieren und Präsentieren der Ware. Übrigens, auf Marken kommt es nicht an. „Ich habe nichts gegen günstige Marken, wenn der Preis stimmt.“ Viel wichtiger sei, „dass alles ohne Flecken und Löcher ist“.
Es ist früher Morgen, der Laden hat noch nicht geöffnet. Mitarbeiterin Natascha, oder von der Chefin gern auch „Engel“ genannt, ist schon fleißig am Um- und Aufräumen. Kein Wunder, bei einer Mietdauer von nur einer Woche gibt’s ständig etwas zu tun. Aber lohnt sich das Konzept überhaupt für die Verkäuferinnen? „Auf jeden Fall“, betont Katariina Örmä. „Denn das Konzept macht es ja gerade interessant.“
Ohrensessel von Oma
Viele Stammkundinnen kommen regelmäßig vorbei, weil sie wissen, dass es immer wieder etwas Neues an den Kleiderstangen zu entdecken gibt. Die Stangen haben sie und ihr Mann John übrigens alle selbst gebaut, damit sie auch wirklich stabil sind und nicht irgendwann unter der Last der Hosen, Röcke und Mäntel zusammenbrechen.
Generell gilt natürlich auch bei der Inneneinrichtung des Ladens: Neu ist hier nichts, stattdessen alles selbst gemacht oder gebraucht gekauft. Die kleine Sitzecke zum Beispiel, „die haben wir von einer Wohnungsauflösung“, erzählt Katariina Örmä. Alles im Grandmillenial Stil – so nennt sich das, wenn der grüne, altbackene Ohrensessel neben einem modernen, reduzierten Holzregal steht.
Handgemachtes aus Kempen
Es gibt so viel zu entdecken auf den 160 Quadratmetern Verkaufsfläche! Und nicht nur Klamotten, sondern auch Handgemachtes. Holzohrringe mit buntem Blumenmuster zum Beispiel, oder Makramee-Wandbehänge. Alles von lokalen Kreativen hergestellt. Und zwischendrin findet sich noch die ein oder andere Grünpflanze, ein Tresen mit Moos oder ein zur Verkaufsfläche umgebautes Eiswagen-Fahrrad.
Mal eben reingehen und einen Pulli kaufen, das funktioniert hier nicht. Es muss ausgiebig gestöbert werden! Und wer es irgendwann bis in den hinteren Bereich des Ladens geschafft hat, steht mitten im „Vergiss-mini-nicht“. Unter bunten Girlanden sind 22 Stangen für Kinderkleidung aufgestellt. „Erst hatten wir keine Kinderabteilung, aber dann war die Nachfrage danach so groß“, erklärt Katariina Örmä.
Tatsächlich hat sich der etwas andere Secondhand-Laden innerhalb des ersten Jahres einen richtigen Namen gemacht, sogar Autorin und Moderatorin Sophie Passmann hat beim Weihnachtsbesuch in ihrer alten Heimat Kempen hier schon vorbeigeschaut und eingekauft. „Dass es so gut läuft, hätte ich selbst nicht erwartet“, freut sich die 38-Jährige, während sie sich eine Armbanduhr schnappt und das gelöste Band wieder daran befestigt. Kurz darauf ist alles repariert und so gut wie neu – eben viel zu gut, um vergessen zu werden!
>>> Vergiss-mich-nicht in Kempen
Der Secondhand-Laden „Vergiss-mich-nicht“ befindet sich an der Engerstraße 35 in Kempen.
Wer eine Kleiderstange mieten möchte, bezahlt in der Erwachsenenabteilung 35 Euro (und 25 Prozent pro verkauftem Teil gehen an den Laden) sowie in der Kinderabteilung 15 Euro (und 30 Prozent pro verkauftem Teil gehen an den Laden).
Kontakt zu Katariina und John Örmä: 017670118201, info@vergiss-mich-nicht-kempen.de oder im Internet auf www.vergiss-mich-nicht.de