An Rhein und Ruhr. In Zeiten von Corona werden Infos vor allem online weitergegeben. Auch ältere Menschen nutzen vermehrt das Internet. Doch nicht alle können das.
Digitale Impfausweise und Onlinebuchungen für die Booster-Impfung: Auch in der Pandemie greift die Digitalisierung durch und erspart so manch einem die Warteschlangen vor den Impf- und Testzentren. Doch nicht jeder findet sich in der digitalen Welt zurecht. Gerade ältere Menschen sind dabei auf jüngere Verwandte und Hilfe angewiesen. Horst Vöge, Vorsitzender des Sozialverbands VdK NRW appelliert deshalb für mehr analoge Varianten der Kommunikation. „Ich rate immer dringend die unterschiedlichsten Möglichkeiten zu nutzen. Bestimmte Gruppen erreicht man nur durch andere Angebote, wie Plakate oder Flugblätter“, glaubt er. Statt die Öffnungszeiten für ein Testzentrum nur online anzugeben, könnte es auch Plakate in der Stadt geben. Auch Medien, wie die Tageszeitungen, müssten hier laut dem Vorsitzenden mitziehen.
Bei Terminbuchungen für Impfungen oder Tests könnten laut Vöge auch gut laufende Telefonhotlines Abhilfe leisten. „Auch die VdK-Telefonzentralen mussten neu ausgerichtet werden, als damals durch die Pandemie der persönliche Kontakt nicht mehr möglich war. Ausgebaute Telefonmöglichkeiten müsste es in allen Behörden und Zentren geben“, findet der Vorsitzende. Diese sind bereits in vielen Impf- und Testeinrichtungen in NRW vorhanden. Für die meisten mobilen Angebote ist bewusst kein vorheriger Termin nötig, um das Angebot so niederschwellig wie nur möglich zu halten.
Altersarmut erschwert Zugang zum Internet
Jürgen Jentsch, Vorsitzender der Landesseniorenvertretung NRW findet, dass vor allem das ständige Hin und Her von Corona-Regeln ältere Menschen im Besonderen verwirren kann. „Gerade die wirklich Alten, die ja oft auch noch Behinderungen haben, fühlen sich allein gelassen“, sagt Jentsch. Hinzu komme, dass viele gerade im Alter in die Armut gelangen und sich erst recht kein Smartphone oder Internetzugang leisten können, um sich weiter zu informieren.
„Es hieß damals immer: Wenn ihr vollständig durchgeimpft seid, dann gibt es keine Gefahr. Und dann kam die Delta-Variante, die ziemlich schwierig zu erklären ist. Viele ältere Menschen verstehen bis heute nicht, was da los ist“, so Vöge. Auch wenn das Informationsangebot bereits gut ist, sehe er noch Luft nach oben. Besonders ältere Menschen, die eine andere Muttersprache haben oder Senioren mit niedrigem Bildungsgrad gilt es noch analog abzuholen. „Viele leben allein. Die Familie als Ansprechpartner fällt aus. Das heißt, diese Menschen sind auf sich allein gestellt. Und da begreift eben nicht jeder oder jede, warum zum Beispiel der gelbe Nachweis nicht überall gilt“, sagt Jentsch.
Gelber Impfnachweis bleibt in NRW erhalten
In Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg ist nur noch der digitale Impfausweis gültig. In NRW sieht es anders aus: Hier ist und bleibt der gelbe Impfpass ein geltendes Dokument. „Der digitale Impfnachweis ist ein freiwilliges und ergänzendes Angebot. Dies soll gewährleisten, dass auch Personen, die nicht über die entsprechenden digitalen Möglichkeiten verfügen, Angebote, die einen Nachweis erfordern, wahrnehmen können“, macht Charlotte Dymek vom NRW Gesundheitsministerium deutlich. Wer seinen gelben Impfpass verlieren sollte, kann die Impfungen über das Testzentrum oder den Hausarzt neu verifizieren lassen. Die zuständigen Stellen müssen die Impfinformationen zehn Jahre im System speichern.
Der digitale Nachweis enthält einen QR-Code, den Mitarbeitende von zum Beispiel Restaurants und Cafés einfach einscannen können. Den QR-Code erhalten Geimpfte in ihrem Testzentrum oder beim Hausarzt. In einer speziellen App lässt er sich dann einscannen, so dass er immer auf dem Handy abrufbar ist. Alternativ können sich Interessierte in vielen Apotheken für 9,90 Euro eine sogenannte „Immunkarte“ aushändigen lassen, auf der der QR-Code und weitere Informationen abgebildet sind und die wie eine EC-Karte im Portemonnaie aufbewahrt werden kann. Es ist auch möglich, den QR-Code einfach als Ausdruck mitzubringen und als Impfnachweis zu verwenden. Eine Impfkarte kann also auch selbst „gebastelt“ werden, indem der ausgedruckte QR-Code eingeschweißt wird.
Senioren digital so fit wie noch nie
Eine echte „Hürde“ scheint die Digitalisierung bei Impfungen und Tests aber für die meisten älteren Menschen ohnehin nicht zu sein. „Viele Senioren, sagen wir bis 75, nutzen mit der Pandemie auch zunehmend das Internet“, sagt der VdK-Vorsitzende. Und auch die Impfquote von älteren Menschen ist in NRW weit über dem Durchschnitt: Bei Menschen über 60 liegt sie mit 89,8 Prozent (Stand 21. Dezember) höher als in allen anderen Altersgruppen. Geboostert sind von den über 60-Jährigen in NRW bereits über 60 Prozent.
Trotzdem gäbe es laut Vöge noch einzelne, auch ältere, Personen, die es noch zu überzeugen gilt. Und um diese zu erreichen brauche es vor allem im analogen Bereich „viel mehr Fantasie“.