An Rhein und Ruhr. Am 30. Juni 2017 wurde final die „Ehe für Alle“ beschlossen. Ein langer Weg. Wie wird die Möglichkeit von Paaren an Rhein und Ruhr angenommen?
Love is Love – Liebe ist Liebe. Unter diesem Motto kämpfen Personen und Unterstützende der LGBT+-Community, also unter anderem Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender für ihre Rechte und Akzeptanz. Jeder Mensch darf die Person lieben, die er lieben möchte, solange er niemanden damit schadet.
Ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung wurde am 30. Juni 2017 im Bundestag gemacht. Damals wurde über den Entwurf der „Ehe für alle“ abgestimmt: 63 Prozent der Abgeordneten stimmten für die Öffnung der Ehe. Linke, SPD und Grüne stimmten geschlossen dafür, bei der CDU waren es 225 Gegenstimmen.
In der Kaiserzeit bedroht
Beschlossen wurde eine Änderung im Bürgerlichen Gesetzbuch, die am 1. Oktober in Kraft trat. Seitdem steht dort: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Es dürfen also nicht mehr nur Mann und Frau heiraten, sondern auch Mann und Mann oder Frau und Frau. Doch bis dahin war es ein langer Weg.
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In der Kaiserzeit war der gleichgeschlechtliche Verkehr zwischen Männern mit Strafe bedroht. In der NS-Zeit wurden Homosexuelle gefoltert und getötet. Noch 1957 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Strafbarkeit männlicher Homosexualität für vereinbar mit dem Grundgesetz. Erst im Zuge der Wiedervereinigung und der Zusammenführung ihrer Rechtssysteme wurde der Paragraph 175 im März 1994 nach diversen Gesetzesinitiativen endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Seit 2001 gab es dann für gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft schließen.
Unterschied zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe
Rechtlich waren und sind die Ehe und eine eingetragene Lebenspartnerschaft in einigen Teilen gleichgestellt. Ehegatten schließen Eheverträge, Lebenspartner Lebenspartnerschaftsverträge. Ehegatten erhalten nachehelichen Ehegattenunterhalt, Lebenspartner nachpartnerschaftlichen Unterhalt. Unterschiede bestanden und bestehen noch in Adoptions- und Abstammungsfragen. So sollte die Anerkennung der Ehe zum Beispiel die Adoption eines nicht biologischen Kindes erleichtern.
Doch bei leiblichen Kinder hapert es noch heute. im Gesetzbuch steht.: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat“ und „Vater eines Kindes ist der Mann, der zur Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.“ Egal ob er der biologische Vater ist oder nicht. Bekommt eine mit einer Frau verheirateten Frau ein Kind, wird die Partnerin nicht automatisch auch zur Mutter des Kindes erklärt. Sie muss sich einer aufwendigen Prüfung unterziehen und den Prozess er Stiefkindadoption durchlaufen.
„Ehe für Alle“ ist ein Erfolg
Die „Ehe für Alle“ ist durchaus erfolgreich. Laut Zahlen des statistischen Bundesamts haben im ersten vollständigen Jahr 2018, in dem die Eheschließung möglich war, rund 37.000 gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland geheiratet. Im Jahr 2019 stieg die Zahl auf 52.000 Eheschließungen, im Jahr 2020 auf 163.000. Die Anzahl der eingetragenen Lebenspartnerschaften unter Männern und Frauen ging hingegen zurück.
Doch wie viele Menschen haben das Recht an Rhein und Ruhr in Anspruch genommen? Die Städte gehen jeweils anders mit der Datenerhebung um.
Seit Beginn 550 Eheschließungen in Essen
So unterscheiden Essen und Dinslaken zwischen Eheschließung und Umwandlung. In Essen wurden Ende 2017 und 2018 vor allem zur Umwandlung einer eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe genutzt. In der ersten Zeit kam es so zu 177 Übertragungen aber auch 277 neuen Eheschließungen. Davon waren 157 Paare Männer und 120 Paare Frauen. 2019, 2020 und 2021 lag der Fokus auf neuen Eheschließungen. Bis Ende November dieses Jahrs gab es 254 Umwandlungen einer eingetragener Lebenspartnerschaft in eine Ehe und 550 neue Eheschließungen. Davon 253 Frauenpaare und 297 Männerpaare.
Dinslaken zählt die „Ehe für Alle“ dagegen erst ab 2018. Hier gab es 13 Umwandlungen, vier Eheschließungen zwischen zwei Männern und 15 Eheschließungen zwischen zwei Frauen. Im Jahr darauf kam es zu fünf Umwandlungen, fünf Eheschließungen zwischen Männern und vier zwischen Frauen. Im Coronjahr ließ die Hochzeitslust sichtbar nach. So gab es 2020 eine Umwandlung und drei Ehe zwischen Männern und keine zwischen zwei Frauen. In diesem Jahr kam es nur zu drei Eheschließungen zwischen Männern.
Keine Zahlen in Düsseldorf
Die Stadt Düsseldorf erklärt auf Anfrage der Redaktion, keine Zahlen mehr zur gleichgeschlechtlichen Ehe zu erheben. So heißt es: „Die Zahlen für die „Ehe für alle“ sind bei der Landeshauptstadt Düsseldorf nur bis Mitte 2019 erfasst worden. Damals gab es im Anregungs- und Beschwerdeausschuss eine Beschwerde gegen die Differenzierung mit der Begründung, dass bei der „Ehe für alle“ gerade nicht zwischen Ehen von Menschen gleichen oder verschiedenen Geschlechts unterschieden werden sollte.“ Infolgedessen sei auf eine statistische Erhebung verzichtet worden.
In Emmerich dagegen bleiben die Eheschließungen pro Jahr im einstelligen Bereich. 2017 waren es fünf Paare, 2018 sechs, 2019 vier, 2020 zwei und 2021 bis Ende November wieder fünf Paare. Nach Geschlecht wird in der Stadt nicht differenziert.
“Ehe für Alle“ - bislang gut 1000 Scheidungen
Die Stadt Moers zählt auch nur die reine Zahl der Eheschließungen, sortiert allerdings nach Geschlecht. 2017 waren es 19 Paare, 2018 waren es 28 Paare, 2019 waren es 15 Paare, 2020 sieben und bisher in 2021 zehn Paare. Insgesamt ließen sich seit 2017 79 Paare trauen, davon 48 Frauenpaare und 31 Männerpaare.
Deutschlandweit werden seit zwei Jahren auch die Scheidungsraten erfasst. Diese Zahlen halten sich allerdings noch in Grenzen. 2020 ließen sich etwa 900 gleichgeschlechtliche Paare scheiden. 2019 waren es rund 100 gewesen.