Düsseldorf. Jacques Tilly ist der berühmteste Karnevalswagenbauer Deutschlands. Uns gestattet er einen Blick in seine Werkstatt in Düsseldorf.

Jacques Tilly steht in seinem roten Arbeitsoverall in der alten Straßenbahndepot-Halle, auf seinem Gesicht macht sich ein zartes Lächeln breit. Das mag er besonders, wenn ein Gesellschaftswagen wie dieser hier auch eine politische Botschaft trägt. Und das tut der NRZ-Wagen! Heute ist Karnevalsauftakt, Zeit, die Satire und die Botschaften auf die Straße zu bringen!

Das Artensterben greift um sich. Demokratie, Meinungsfreiheit, Toleranz und Pressefreiheit sind gefährdet. Schuld daran tragen Ideologien, symbolisiert durch die immer gleiche Wortendung „-ismus“. Islamismus, Faschismus, Trumpismus sind solche Beispiele für die Bedrohungen der Demokratie. Und so rühren die drei Ideologie-Herren auf dem Karnevalswagen genüsslich in ihrer Brühe …

Mehrere Wochen braucht der Bau eines Karnevalswagens

Das Motiv des Karnevalswagens hat unser Karikaturist Thomas Plaßmann gezeichnet. Und er war so früh dran – das Düsseldorfer Wagenbau-Team um Tilly dankt – dass der Wagen schon im Sommer gebaut werden konnte. Kurzum: Die NRZ ist so was von bereit für den Karneval!

Die Düsseldorfer Wagenbau-Ikone Jaques Tilly hat die Plaßmann-Karikatur in eine Bauzeichnung umgewandelt und auf eine große Folie projiziert. David Salomo und Svenja Heweling machten sich ans Werk, bauten den Drahtkorpus für Schmetterlinge, graue Männer, Kaffeetassen und natürlich die NRZ-Zeitung, die sich an beiden Enden des Wagens befindet.

„Bedrohte Arten“: Demokratie, Pressefreihet, Toleranz und Meinungsfreiheit

„Es war schon sehr frickelig“, beschreibt David Salomo die Bauphase. Es war sehr viel Detailarbeit, kleine Teile, wie Finger oder Schmetterlingsfühler, die aus Draht geformt werden mussten. Für die Löffelchen, Tassenhenkel und die Bilderrahmen, in denen die bedrohten Arten ausgestellt sind, mussten sie sich auch gleich Plan B einfallen lassen. Statt Draht und Pappmaché musste hier eine feste Schaumstoffmasse und Styropor herhalten. Lisa Dünnwald und Melanie Rudolph haben knapp zwei Wochen lang Pinsel und Spraydosen angesetzt und den Wagen bunt gemacht. Das Ergebnis – toll! Zugegeben, wir als NRZ sind da vielleicht nicht ganz neutral …

Nur von oben zu sehen: Ein (fast) originalgetreuer Jan Vermeer versteckt sich in der Zeitung.
Nur von oben zu sehen: Ein (fast) originalgetreuer Jan Vermeer versteckt sich in der Zeitung. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Aber wird der Wagen auch tatsächlich fahren? Karnevalsexperte Tilly ist zuversichtlich, weiß aber auch: Alles ist möglich, selbst eine Absage des Rosenmontagszuges. „Aber wenn man den Zug dieses Jahr ausfallen lässt, kann man ihn für nächstes Jahr gleich mitabsagen. Dann werden wir doch wieder dieselbe Situation haben“, meint er.

Vorfreude auf den Rosenmontagszug in Düsseldorf

Dass der Rosenmontagszug unter der 2G-Regel laufen wird, glaubt er indes nicht. „Das kann man gar nicht machen.“ Na ja, mal sehen. Schließlich hängt alles von der Infektionslage im Februar ab. Die Karnevalisten in Düsseldorf jedenfalls sind wild entschlossen und heiß auf die Session; „Die scharren mit den Hufen“, weiß Tilly. Derweil konzentriert sich der Wagenbauer aufs Wagenbauen.

Derzeit sind die Gesellschaftswagen an der Reihe, die Kunden in Auftrag geben. Im Januar und Februar formt Tilly das Herz des Zuges, die politischen Wagen. Die sind so politisch, dass sich unter anderem die polnische Regierung schon bei der Deutschen beschwert hat.

„Auf Krawall gebürstet“ ist Jaques Tilly zwar nicht gerade, aber er will, dass seine Wagen und die Botschaften gesehen werden. „Die Leute sollen ihr Handy zücken und auch in der Straßenbahn noch darüber diskutieren“, wünscht er sich. An rund 85 Wagen wird derzeit in der Atelierhalle gedrahtet, beschichtet und gemalt. Der Wagen der Fortuna Düsseldorf, der neben dem NRZ-Gefährt steht, steckt noch ganz in den Anfängen.

Übrigens: Dass sich das Aufschlagen der Zeitung immer lohnt, beweist auch die Front des Wagens. Wer von oben in die aufgeschlagene NRZ blickt, entdeckt einen fast originalgetreuen Vermeer.

Das konnten wir jetzt doch nicht für uns behalten.

Info: Tilly signiert in Moers und Essen:

Jacques Tilly kann nicht nur Wagen bauen, er zeichnet auch. Für die NRZ hat er unter anderem ein Niederrhein-Poster entworfen, ein neues Kinder-Puzzle und ein Essener Stadtportrait. Am Freitag, 19. November, kommt er aus seiner Wagenbauhalle direkt in den Leserladen der NRZ Moers, Homberger Straße 4, um die Poster oder Taschen persönlich zu signieren. Und die eine oder andere Anekdote wird er sicherlich auch erzählen. Für diese Aktion gilt die 2G-Regel (geimpft oder genesen), eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Jaques Tilly wird von 15 bis 17 Uhr im Leserladen zu Gast sein. Und es gibt die Chance, ein Plakat zu gewinnen. Auf nrz.de/niederrhein-mit-fehlern hat Tilly ein Gebäude versteckt, das nicht an den Niederrhein gehört. Finden Sie’s?

Einen Tag später, am 20. November, wird er von 11 bis 13 Uhr im Leserladen in Essen, Jakob-Funke-Platz 1, seinen Stift zum Signieren zücken. Die Produkte sind in den Leserläden in Essen und Moers und unter leserladen.nrz.de erhältlich.