Emmerich. Carsten Schroeder hält am Emmericher Altrheinarm 60 Wagyu-Rinder. Das Fleisch der japanischen Tiere gilt als das teuerste der Welt.
Carsten Schroeder kommt geradewegs aus dem Stall. „Eine Kuh kalbt und hat dabei ein paar Probleme“, erklärt er. „Gleich muss ich noch mal hin.“ Als Landwirt ist er solche Situationen gewohnt, stressen lässt er sich davon längst nicht mehr. Deshalb kann er sich auch an diesem Tag etwas Zeit nehmen, um rauszufahren ins Naturschutzgebiet am Altrheinarm in Praest. Dorthin, wo seine Lieblingstiere stehen: die Wagyu-Rinder.
Auf dem Weg ins Grüne erzählt Schroeder von seiner Arbeit. Erzählt, wie er jahrelang den Milchbetrieb der Eltern führte, wie er sich immer mehr über die sinkenden Milchpreise sorgte, wie er einen Bauantrag für einen größeren Stall stellte. Plötzlich aber stellte eine Krankheit das Leben des Landwirts auf den Kopf und eine Erkenntnis machte sich in ihm breit: „Ich will kein Leben mehr für die Bank führen.“ Immer größere Mengen zu immer geringeren Preisen produzieren, das konnte doch nicht sein Ziel sein. „Da habe ich die Reißleine gezogen.“
Japanische Rinder leben am Niederrhein
Schroeder suchte nach Alternativen und kam schließlich auf einer Tagung in Kontakt mit Wagyu-Rindern. Wagyu, das ist Japanisch. Und bedeutet … Japanisch. In den 1970er Jahren kamen die „Japanischen Rinder“ in die USA, danach schloss das Land seine Grenzen für den Export von seinem „nationalen lebenden Schatz“. Die sich in Europa entwickelnde Population stammt also aus den Importen von Wagyu-Genetik aus den USA, lässt sich aber immer noch bis zu ihren Ursprüngen in Japan zurückverfolgen. Gleiches gilt für die Tiere am Niederrhein, die sich an diesem Tag ziemlich weit hinten versteckt haben.
Durchs kniehohe Gras geht’s bis zum stacheligen Zaun. Einmal durchklettern, dann beginnt die kleine Wanderung über die weiten Wiesen. Ganz schön viel Platz haben die Wagyu-Rinder hier. „Aktuell sind 22 Rinder hier, die Kleineren sind im Stall oder auf der Wiese bei uns am Hof“, erklärt Schroeder. Allmählich verdichten sich auch die schemenhaften Umrisse am Horizont zu echten Tieren. „Sobald die uns sehen, kommen die zu uns.“ Um das Ganze zu beschleunigen, pfeift der 53-Jährige einmal laut. Und langsam, ganz langsam, setzt sich die Herde in Bewegung.
Wagyu-Rinder wachsen langsamer
Schroeder bleibt entspannt stehen. Dann hat er eben noch etwas Zeit, um von seinen Anfängen zu berichten. Denn nachdem sein Interesse an Wagyu-Rindern entfacht war, kaufte er zehn Embryonen. Das war entschieden günstiger, als direkt die Tiere zu kaufen. „Die haben wir dann in unsere Schwarzbunten eingepflanzt“, sagt er. Doch die Befruchtung klappte nur in zwei Fällen. Und jetzt? Aufgeben kam nicht in Frage. Also kaufte er zusätzlich Rinder, setzte parallel aber weiterhin auf Embryonen. Und baute sich so über die Jahre eine Herde auf, die mittlerweile aus 60 Tieren besteht.
„Da sind sie auch schon“, sagt Schroeder und begrüßt die Ersten. Das ist jetzt aber schon ziemlich nah? „Die sind ganz ruhig“, sagt er. „Man darf sie nur nicht in Panik versetzen.“ Gut, also am besten auch die sehr langen und sehr feuchten Zungen einfach ignorieren. Die tun nichts. Außerdem sind sie ja sowieso relativ klein und kompakt, zumindest im Vergleich zu anderen Artgenossen. „Wagyu-Rinder wachsen nur halb so schnell wie eine normale Mastrasse“, sagt der Landwirt. Insgesamt vier Jahre verbringen sie auf den Wiesen, futtern sich durch vor Ort geerntetes Heu und später durch zugekauftes Kraftfutter.
Fleisch hat besondere Marmorierung
Dadurch entwickelt das Fleisch seine besondere Marmorierung, für das es so berühmt ist. Feine Fettfasern durchziehen das tiefrote Fleisch, lösen sich schon fast bei Zimmertemperatur auf. Beim Gedanken daran gerät der Landwirt direkt ins Schwärmen: „Das ist unheimlich zart.“ Und gesünder als herkömmliches Fleisch ist es auch noch, der Grund dafür sind unter anderem die vielen Omega-3-Fettsäuren. Das Ganze hat aber natürlich seinen Preis, Wagyu gilt als das teuerste Fleisch der Welt. „So etwas isst man ja nicht immer, deswegen zelebriert man es ganz anders.“
Hochwertige Lebensmittel wissen auch immer mehr Kundinnen und Kunden wertzuschätzen, der erste Verkauf von Wagyu-Fleisch im vergangenen Jahr lief dementsprechend gut. „Die Leute kommen wieder“, sagt Schroeder. Seine Familie testet sich übrigens gerade durch diverse Teilstücke, denn fast alles lässt sich verwerten. Gerade erst haben sie Osso buco zubereitet. Die drei bis vier Zentimeter dicken Beinscheiben werden dabei scharf angebraten, gewürzt und mit Weißwein, hellem Fond sowie grobgeschnittenen Zwiebeln geschmort. Dazu gibt’s Kartoffelpüree und Beilagen „nach Wunsch der Kinder“.
Milchbetrieb ist das zweite Standbein
Der Verlauf des Gesprächs scheint einem Rind nicht besonders zu gefallen, zumindest drängelt es sich nun mal lieber schnell nach vorne. „Das ist Ms. Teiko“, sagt Schroeder und lacht. „Die Chefin.“ Und als Chefin darf sie den Besuch ruhig beenden, der Landwirt hat ja sowieso noch auf dem Hof zu tun. Denn auch wenn er irgendwann komplett auf Wagyu-Rinder umstellen möchte, kann er aktuell noch nicht auf den Milchbetrieb verzichten. 140 Kühe gilt es zu versorgen, kalbende Tiere gehören zum Tagesgeschäft. Und deshalb ruft, beziehungsweise muht, nun auch schon wieder die Pflicht.
>>> Hier geht’s zum Wagyu-Fleisch
Ende November kommen die nächsten Wagyu-Rinder zum Schlachten nach Korschenbroich. Der Verkauf des Fleisches findet somit am 3. und 4. Dezember auf dem Hof Schroeder, Asternweg 31, in Emmerich-Praest statt.
Interessierte können sich vorab auf der Internetseite www.niederrhein-wagyu.de über die verschiedenen Teilstücke des Tieres informieren und anschließend Kontakt zu Carsten Schroeder aufnehmen: 02822/5372606 oder per E-Mail an hallo@niederrhein-wagyu.de