Im Zoo. Im Arnheimer Burgers’ Zoo hat man das Sozialverhalten der Kattas erforscht. Klar ist: die Männchen bevorzugen das Leben in der Männer-WG.

Die Kattas mit den gestreiften Schwänzen sind bei weitem die bekanntesten Bewohner Madagaskars. Seit den erfolgreichen Zeichentrickfilms die sich auf dieser afrikanischen Insel abspielen, hat die Beliebtheit von ‘König Julian’ und seinen Artgenossen bei Jung und Alt weiter zugenommen. Gibt es über so bekannte Tiere überhaupt noch etwas Neues zu erforschen? Aber sicher!
Seit letzten Januar hat der angehende Biologe Tom Ballemans in Burgers’ Zoo in Arnheim diese Makis beobachtet und Interessantes herausgefunden. Im Süden Madagaskars leben Kattas in gemischtgeschlechtlichen Gruppen von bis zu 25 Tieren in den Trockenwälder und offenen Dornbuschlandschaften. Sie zählen zu den bedrohten Tierarten, sind jedoch seit mehr als 50 Jahren recht gut erforscht.

Die Weibchen haben die Hosen an

Im Zoo scheint es genau andersherum zu sein. Kattas gelten als nicht allzu schwer zu halten und zu züchten, die Zoopopulation beträgt weit mehr als tausend Tiere alleine in Europa. In Menschenobhut sind sie also sicher nicht selten. Allerdings scheinen sich nicht gerade viele Zoo-Biologen wissenschaftlich mit dieser Art zu befassen. Und das, obwohl sie ein überaus interessantes Sozialverhalten haben, und wir ihnen außerdem im Zoo einiges an sozialem Anpassungsvermögen abverlangen.

Constanze Mager ist Biologin im Burgers’ Zoo Arnheim und lässt uns regelmäßig hinter die Kulissen des Tierparks gucken.
Constanze Mager ist Biologin im Burgers’ Zoo Arnheim und lässt uns regelmäßig hinter die Kulissen des Tierparks gucken. © Burgers` Zoo Arnheim | Theo Kruse

Da sie sich so gut fortpflanzen, werden Kattas in vielen Tierparks in eingeschlechtlichen Gruppen gehalten. Auch in Burgers’ Zoo ist das der Fall, hier leben seit mehr als zehn Jahren acht Kattas mit drei Mohrmakis zusammen in Junggesellengruppen. Über den Zusammenhalt und die Freundschaften in so einer Männer-WG wollten wir gerne mehr wissen, darum haben wir Tom ein geladen, sich in unsere Kattagruppe zu vertiefen.

Die Weibchen haben ganz klar die Hosen an

Mancher Leser mag vielleicht Mitleid haben mit acht Katta-Männchen, so ganz ohne Weibchen im Gehege. Man sollte da aber nicht allzu schnell vom menschlichen Standpunkt aus urteilen.

Denn bei den Kattas haben die Weibchen die Hosen an und kriegen die Männchen oft den Zorn der ranghöheren Weibchen zu spüren.

Kattamännchen nehmen in der Wildbahn gar keinen zentralen Platz in der Gruppe ein. Rundum die Paarungszeit – die oft nur ein bis zwei Tage im Jahr dauert – werden einige Männchen in der Gruppe toleriert und genießen noch etwas Aufmerksamkeit. Die übrigen, und den Rest des Jahres, führen sie mehr ein Außenseiterdasein, am Rande der Gruppe, gerade mal so mit Mühe einigermaßen geduldet.

Burgers’ Zoo

Burgers’ Zoo ist ein großzügig angelegter, 45 Hektar großer Tierpark. Um einen sicheren, unbeschwerten Zoobesuch zu ermöglichen, ist die Zahl der pro Tag zugelassenen Besucher weiterhin begrenzt. Tickets sind online zu kaufen (mit „Ankunftszeitfenster“). Einige Wege sind jetzt „Einbahnstraßen“ und es wurden spezielle Hygienemaßnahmen getroffen.

Tageskarte 24,50 Euro, vier bis neun Jahre 22 Euro. Infos: www.burgerszoo.de

In einer reinen Männchengruppe ist die Situation total anders.

Hier sind die Kerlchen keine Außenseiter, sondern sie formen selbst die Gruppe! Die Beobachtungen an unserer Gruppe haben gezeigt, dass die Männchen in einer eingeschlechtlichen Gruppe eine recht stabile Rangordnung entwickeln. Dabei gibt es noch leichte Unterschiede zwischen den verschiedenen Teilgebieten des hierarchischen Lebens. Anders gesagt, beim einander den Platz freimachen und in dem mit der Rangordnung zusammen hängendem Markierungsverhalten gibt es leichte Unterschiede.

drei plus zwei plus dreimal eins

Schaut mir in die Agen...
Schaut mir in die Agen... © Burgers' Zoo Arnheim | Theo Kruse

Das ist eher typisch für Primaten, denn bei denen ist die Rangordnung nicht so linear und eher simpel wie etwa bei Hühnern. Der junge Biologe guckte auch, welche Freundlichkeiten ausgetauscht wurden. Wer kämmt wem auf Maki-Weise mit den Zähnen das Fell, wer ruht an wen gekuschelt?

Im Grunde zeigte sich, dass unsere Makis eigentlich „drei plus zwei plus dreimal eins“ ist, womit auch hier wieder mal gilt: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile! Drei Kattas, die einander wohl gesonnen sind, dominieren die Gruppe. Zwei Männchen, die einander viel aufsuchen, sind am unteren Ende der Rangordnung angesiedelt.

Mehr Infos zum Burgers’ Zoo gibt es hier

Und die drei dazwischen schließen sich mal bei den Chefs an und mal den ‚Loosern‘, ohne aber ein gutes Band untereinander zu haben. Die Mittelschicht dieser Gruppe ist also eher loser Sand. Jedes einzelne Tier hat öfter positiven Umgang mit Artgenossen als dass es eine negative Erfahrung wie eine Zurückweisung erfährt oder gar einer Mobbingaktion ausgesetzt ist.

Diese Bilanz der Erfahrungen ist ein wichtiger Faktor beim Einschätzen des sozialen Wohlbefindens eines Tieres. Wir sind froh, dass unsere Arnheimer Kattajungs offensichtlich in einer – zumindest für Kattabegriffe – stabilen Gruppe mit zufriedenstellenden Beziehungen untereinander lebt. Über Junggesellengruppen bei Kattas ist noch sehr wenig publiziert, damit kann das Werk van Biologe Ballemans wichtige Erkenntnisse für die Zookollegen bringen.

Erkenntnisse der Verhaltensforschung

Übrigens zeigte sich ein überraschender und sehr interessanter Unterschied zwischen den von Weibchen dominierten Kattagruppen und unserer Männer-WG: Freundschaften und Dominanz bei Kattaweibchen hängen stark mit dem Blutband zusammen, Verwandte bleiben am liebsten unter sich. Bei unseren eigen Junggesellen war es genau anders. Unsere Kattas stammen aus drei verschiedenen Zoos. Wären es Weibchen, würde man wohl noch immer eine tiefere Vertrautheit zwischen Tieren desselben ursprünglichen Zoos sehen. Aber unser Top-Trio ist dahingegen bunt gemischt, mit aus jedem Ursprungszoo einem Mitglied in der Führungsebene. Wiegt bei Kattamännchen dann vielleicht Persönlichkeit bei der Auswahl der Vertrauten mehr als Blutbande?

Wie so oft in der Verhaltensforschung führt die neue Erkenntnis gleich wieder zu neuen Fragen!