Rhein und Ruhr. Viele Grüne am Niederrhein tendieren zu einer Koalition aus SPD, Grüne und FDP. Die Freien Demokraten sehen dagegen auch Jamaika noch als Option.

Für Julia Wenzel, Kreisvorsitzende der Duisburger Grünen, ist ganz klar, was nach diesem Wahlergebnis zu tun ist: „Erstens eine erneute Stillstand-GroKo zu verhindern.“ Und zweitens? Die Duisburger Parteibasis wünscht „tendenziell eine Ampel-Koalition“ – auch nach den Erfahrungen der gescheiterten Sondierungsgespräche zwischen CDU, FDP und Grüne vor vier Jahren. Ähnlich sehen es viele Grüne im Revier und am Niederrhein, wie eine NRZ-Nachfrage ergab. Auch wenn die meisten sich ein paar Prozentpunkte mehr erhofft haben, so zeigen sich die Grünen aber in den Kreisverbänden doch mit den Zuwächsen zufrieden. Im beispielsweise für die Grünen schwierigen Pflaster des Duisburger Nordens konnte die Partei ihre Stimmen verdoppeln, im Süden gar verdreifachen – und mit Lamya Kaddor und Felix Banaszak gleich zwei Bundestagsabgeordnete stellen. Das gebe Hoffnung, dass diesmal grüne Politik in Berlin auch umgesetzt wird: „Wir müssen diesmal eine Klimaregierung bilden“, sagt Julia Wenzel.

Auch Monika Heiming, Sprecherin des Ortsverein der Grünen in Moers, betont, dass es am Ende darauf ankommt, „dass wir die Klimawende schaffen“ und auch „eine Politik der sozialen Gerechtigkeit“ sei wichtig. Eine Mehrheit in ihrem Ortsverein würde ebenfalls eine Ampel-Koalition befürworten: „Rot-Rot-Grün ist ja nicht möglich.“ Persönlich habe es sie sehr gefreut, dass Robert Habeck bei den Verhandlungen dabei ist: „Er ist ein kluger Kopf.“

Einfach werden die Verhandlungen nicht. Es sei gut, dass FDP und Grüne schon vorab sprechen, bevor es in die Verhandlungen mit SPD oder CDU geht. „Vom Grundsatz her, könnte es mit beiden funktionieren, also SPD und CDU“, meint Katrin Rose, Grünen-Parteisprecherin in Mülheim. Wichtig sei, dass die Grünen ihre programmatischen Ziele umsetzen können.

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Offen einer Ampel-Koalition gegenüber zeigen sich auch viele Sozialdemokraten in der Region, auch wenn sich Bärbel Bas, wiedergewählte Bundestagsabgeordnete aus Duisburg, lieber „Rot-Rot-Grün“ gewünscht hätte. Jetzt wünschen sich auch viele Genossen eine Ampel. Gerd Drüten, Fraktionschef der SPD im Kreis Wesel, äußerte sich noch am Wahlabend: „Grüne und FDP sind die Königsmacher. Aber Jamaika? Herr Lindner müsste wirklich erklären, warum das heute ginge und es vor vier Jahren falsch gewesen wäre.“

Die Basis der FDP zögert noch, sich auf eine Option festzulegen. Die Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen in Düsseldorf, Laura Litzius, findet es gut, dass nun Grüne und FDP als erstes miteinander reden: „Ich glaube da müssten wir uns als erstes einig werden“, sagt sie. In Düsseldorf sehe sie, dass eine Ampel gut funktionieren könne, auch wenn die FDP inhaltlich natürlich näher an der CDU sei. Beide Koalitionsoptionen wären für sie denkbar.

Georg Cluse, stellvertretender Ortsvorstand in Kleve, würde eine Jamaika-Koalition durchaus befürworten: „Das wäre eine gute Sache“, findet er. Mit den Grünen müsste man allerdings sachlich über Themen wie die Landwirtschaft sprechen, um diese nicht zu zerstören. Außerdem sei das Thema Finanzen ein Knackpunkt: „Man sollte nicht auf Verschuldung und Steuererhöhungen setzen.“ Cluse ist allerdings auch klar, dass die CDU nicht den natürlichen Anspruch auf die Kanzlerschaft habe und will deshalb eine Ampel-Koalition nicht gänzlich ausschließen.

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Erst mal „sacken lassen“ wollen viele Christdemokraten das Ergebnis. „Das Wahlergebnis tut richtig weh“, erklärt Dr. Günther Bergmann, CDU-Kreisvorsitzender in Kleve, auch wenn die Partei im Kreis Kleve noch gut ausgefallen sei und man deutlich gewonnen habe. Über die Rolle der CDU künftig in Berlin und mögliche Kanzlerschaften will er so kurz nach Wahl nicht sprechen. Den Wahlkampf empfand er durch den Dreikampf schwieriger zu führen, als bei bisherigen Bundestagswahlen, in denen es klare zwei Optionen gab. Trotzdem hätte man früher die Kernthemen der CDU herausarbeiten müssen, wie Wirtschaft und innere Sicherheit.

In Düsseldorf ist Bernhard Herzog mit dem lokalen Wahlverlauf recht zufrieden. Das Bundesergebnis sei dagegen „furchtbar schlecht“, resümiert der Kreisgeschäftsführer. Er findet es gut, dass immerhin noch die Option der Jamaika-Koalition bestehe, wobei die Verhandlungen nicht einfach werden. Regierungsverantwortung würde Herzog sich jedoch wünschen, wenn er an die CDU in der Opposition denkt, wie etwa von 1998 bis 2005: „Das ist kein schönes Gefühl.“