Schermbeck. Nicole Fasselt und Gunnar Praße töpfern in einem umgebauten Gartenhäuschen. Ihre „Sinneskeramik“ verkaufen sie nun auf dem Schermbecker Markt.
Vorsichtig streicht Nicole Fasselt über die kleine Schale, spürt den vielen Erhebungen nach, klopft mit ihrem Finger gegen den unebenen Rand und betrachtet ausgiebig das wilde Muster der Innenseite. Keramik hat mit Fühlen, Hören und Sehen zu tun. Deshalb fiel es der Schermbeckerin auch nicht besonders schwer, einen passenden Namen für das neuste Projekt von ihr und ihrem Partner Gunnar Praße zu finden: „Sinneskeramik“.
Dabei fing, wie so oft, alles mit einer einfachen Idee an. „Gunnar wollte eine französische Butterdose haben“, erzählt Nicole. Keine Ahnung, was das ist? Dann holt sie mal eben ein Exemplar. Sieht aus wie eine umgedrehte Tasse. Doch jetzt kommt der Clou. Das mit Butter gefüllte Gefäß steht kopfüber in einem etwas größeren und mit Wasser gefüllten Gegenstück. „Die Dose muss nicht in den Kühlschrank und die Butter bleibt trotzdem frisch.“ Ziemlich praktisch!
Handgemachte Keramik aus Schermbeck
Und weil bei ihnen auf dem Frühstückstisch auch eine solche Butterdose stehen sollte, schenkte Nicole ihrem Gunnar einen Drehkurs. Damit er sich das ungewöhnliche Gefäß selbst töpfern konnte. Naja, und Nicole selbst, das gibt sie lachend zu, hat das Ganze natürlich auch interessiert. Also lernten sie gemeinsam das Töpfern, Lasieren und Brennen. Doch nach dem zweitägigen Workshop ließ sie das Thema nicht so recht los, sie wollten mehr ausprobieren, besorgten sich deshalb Ton. Und standen vor einem Problem.
„Hier in der Nähe gibt es keinen Brennservice oder er ist sehr teuer“, erklärt Gunnar. Gut, dann musste eben ein eigener Brennofen her. Jetzt aber konnten sie so richtig loslegen. Oder? Aller Anfang ist schwer, das kann Nicole aus Erfahrung sagen und zeigt dabei auf die kleine Schale mit wildem Muster. Eigentlich sollte die Innenseite komplett weiß werden, doch dafür hatte sie einen zu dunklen Ton mit falscher Zusammensetzung gewählt. So sah ihr Werk nach dem Brennen ganz anders aus als gedacht.
Töpfern mit der Drehscheibe
Macht aber nichts, ist ja alles handgemacht. Wobei Gunnar sich mittlerweile immer mehr in Perfektion übt und bereits einige zusammenpassenden Teller- oder auch Tassen-Sets hergestellt hat. Dafür braucht er allerdings eine Drehscheibe, die sich die beiden wenige Monate nach ihrem Start ebenfalls gekauft haben. Wie das Töpfern an der Platte funktioniert, zeigt er am besten direkt in der Praxis. Drüben steht das kleine Gartenhäuschen, das sie zur Kreativwerkstatt umgebaut haben.
Etwas Ton abschneiden, gute 420 Gramm braucht es für eine Tasse, dann kann es losgehen. Der Fuß steht auf dem Pedal, die Hände umfassen sanft den Klumpen. „Zuerst versuche ich, den Ton zu zentrieren“, erklärt Gunnar. Nichts darf wackeln. Geschafft! Nun formt er einen Kegel, den er mit zwei Fingern aufbricht. „Technik und Kraft“ braucht es dafür. Und natürlich Gefühl. Den Boden festdrücken, anschließend kann er die Wände hochziehen. Sieht aus wie eine Tasse, kann aber auch noch eine Schale oder Vase werden.
Tasse fürs kleinste Strommuseum der Welt
„Die äußere Form kommt ganz zum Schluss“, erklärt Gunnar. Noch etwas Wasser dazugeben, dann läuft’s geschmeidiger. „Je besser man ist, desto weniger Wasser braucht man“, sagt er. Fast hypnotisch bleibt der Blick an der sich drehenden und immer weiter drehenden Scheibe hängen, bis am Ende aus dem unförmigen Klumpen ein ansehnlicher Becher geworden ist. Fehlt nur noch der Henkel und auch hierbei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Einen Telefonkabelhenkel bekommt die Tasse fürs kleinste Strommuseum der Welt, das sich quasi um die Ecke befindet. Und einen „Pömpel“ unterm Henkel hat Nicoles Lieblingstasse, „damit mein Finger nicht die heiße Tasse berührt“. Die Ideen für ihre Kunstwerke sammeln die beiden auf Instagram & Co., immer wieder probieren sie in ihrer Werkstatt etwas Neues aus. „Die Herausforderung ist, die Idee auch umzusetzen“, sagt Gunnar. Aber gerade das fasziniert ihn bis heute.
Meditieren und Töpfern in einem Kurs
Seit über einem Jahr drehen, lasieren und brennen die beiden nun schon. Sind die Schränke langsam nicht voll? Die beiden nicken. Deshalb verkaufen sie jetzt die schönsten Stücke über ihre Website, vielleicht bald auch auf Weihnachtsmärkten. Außerdem plant Nicole fürs kommende Jahr Achtsamkeitskurse, in denen sie Meditationen anleitet und ins Töpfern einführt. „Es geht darum, sich ganz auf das zu konzentrieren, was man gerade macht.“ Mit allen Sinnen.
>>> Keramik für alle Sinne
Nicole Fasselt und Gunnar Praße bieten ihre Arbeiten auf der Internetseite www.sinneskeramik.de an. Interessierte können dort auch den Brennservice oder aber einen Töpferkurs buchen.
Auf dem Schermbecker Markt am Samstag, 11. September, vom 11 bis 18 Uhr werden die beiden ihre Keramikarbeiten ausstellen.
Und wer direkt selbst mal töpfern möchte, bekommt an dem Marktstand eine kostenlose Kugel Ton. Nur fürs Brennen der eigenen Arbeit fällt eine Gebühr von zehn Euro an.