Dinslaken. Mit vielen Infostände kämpfen Parteien aus der Region vor der Bundestagswahl um Stimmen. Doch wie läuft es? Wahlkämpfer aus Dinslaken berichten.

Der Wahlkampf zur anstehenden Bundestagswahl am 26. September hat längst auch in Dinslaken Einzug gehalten. Deswegen herrschte am Samstagmittag (5. September) auf der Neustraße reger Betrieb. Mit Infoständen hatten sich viele Parteien in der Innenstadt verteilt, um die Werbetrommel für ihre Kandidaten zu rühren.

Doch wie war die Stimmung bei den Wahlkampfteams? Und wie nahmen Bürgerinnen und Bürger das Angebot an, während des samstäglichen Flanierens über Dinslakens Einkaufsstraße in direkten Austausch mit den Parteien zu treten? Die NRZ fragte vor Ort nach.

CDU Dinslaken am Neutorplatz präsent

Am Neutorplatz hat die CDU Dinslaken ihren Wahlkampfstand aufgebaut. Für das Wahlkampfteam sei es wichtig, als Ansprechpartner für die Bürger präsent zu sein. „Es ist gut und wichtig, mit den Bürgern in den Austausch zu gehen, erklärt Meike Janßen von der Jungen Union. „Wir wollen hier unsere Positionen näher bringen und auch mit Personen ins Gespräch kommen, die politisch mit uns nichts anfangen können“, sagt die 25-Jährige.

Für Ratsmitglied Thomas Koch sei es sogar wichtig, in der Sache auch mal mit anderen Personen heftiger aneinanderzugeraten: „Die direkte politische Auseinandersetzung ist sehr wichtig und zeigt, dass wir in einer funktionierenden Demokratie leben. Wichtig ist, dass man dabei den Respekt bewahrt und nicht auf eine persönliche Schiene gerät.“

Auch die SPD wurde in Dinslaken ihre Flyer los

Starke Besetzung auch am Stand der SPD am Neutorplatz. Bundestagsabgeordneter, Landtagsabgeordneter, Stadtverbandsvorsitzender – auch in Dinslaken wollen die Sozialdemokraten den Schwung aus den Scholz-Umfragen nutzen. „Morgens um 10 Uhr war’s noch recht ruhig“, sagt Ratsherr Reinhard Wolf im Gespräch mit der NRZ. 15 Grad und Nebel lockten nur wenige vom Frühstückstisch in die Innenstadt. Nach elf wurde es dann sonniger und voller.

Und die Wahlkämpfer wurden auch ihre Flyer los. „Am besten klappt es, wenn wir einen Kugelschreiber oder einen Bierflaschenverschluss dazu anreichen“, schmunzelt Wolf, der seit acht Jahren SPD-Mitglied ist. Ob sie nach der Wahl ein Bündnis mit den Linken eingehen sollen – das wurde von den Passanten nicht gefragt. Aber die Genossinnen und Genossen am Stand diskutierten das Thema. Einig wurden sie sich allerdings noch nicht.

Diskussion um Corona-Schulpolitik von Yvonne Gebauer

Reinhard Claves, Rats- und Kreistagsmitglied (Kreistag Wesel), ist seit 1982 bei der FDP Dinslaken und hat seit seiner Mitgliedschaft bei jedem Wahlkampf in der Region geholfen, verrät Claves. Für den 74-Jährigen sei es wichtig, den Wahlkampf auch vor Ort und nicht nur im Fernsehen und den sozialen Medien auszutragen. „Hier vor Ort ist man wesentlich näher am Bürger, als über andere Wege. Der Austausch mit den Bürgern ist enger. Es ist wichtig hier anwesend zu sein, um Antworten zu geben auf die Fragen, die die Bürger haben.“

Seine Wahlkampfhelfer mussten sich auch kritische Fragen von drei Passanten gefallen lassen. Der Grund für die hitzige Diskussion: Die Quarantäne-Politik von Landesbildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) und der Schwarz-Gelben Landesregierung. Eine Frau aus der dreiköpfigen Gruppe sieht als Mutter die Gesundheit ihrer Kinder gefährdet, wenn zukünftig nur noch Kinder in Quarantäne geschickt werden, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben. Um ihrem Frust freien Lauf zu lassen, besuchte sie den Stand der Liberalen: „Dafür sind mein Mann und ich extra in die Innenstadt gekommen. Die Leute, die hier am Wahlkampfstand stehen, können vielleicht nichts für die Entscheidungen, die aus Düsseldorf kommen, aber irgendwo muss man seinen Frust ja ablassen.“ Dass es die Möglichkeit gebe, seinen Dampf über die Politik auf der Straße bei den Infoständen abzulassen, sei aber wichtig. „Es ist gut, dass man sich hier auch mal auf sachlicher Ebene austauschen und streiten kann. Die Kommunalpolitiker, die sich hier hinstellen, sind ja dabei oft eh nur das schwächste Glied.“

Grünen-Wahlkampfhelferin: „Nicht alle Bürger sind digital unterwegs“

Direkt vor dem Einkaufszentrum „Neutorgalerie“ hat die Dinslakener Fraktion der Grünen ihren Infostand aufgebaut. Seit einigen Wochen kommen die Grünen jeden Samstag in Dinslakens Innenstadt, um Wahlkampf für ihre Direktkandidatin und stellvertretenden Bürgermeisterin Stefanie Weylandt im Wahlkreis Oberhausen und Dinslaken zu machen. Statt sich nur auf bequemere, digitale Wege zu verlassen, soll an der Basis möglichst jeder potenzieller Wähler direkt vor Ort angesprochen werden, erklärt Wahlkampfhelferin Kerstin Engel „Es ist sehr wichtig, hier vor Ort Wahlkampf zu betreiben, weil nicht alle Wählerinnen und Wähler digital unterwegs sind. Vor allem die ältere Generation benutzt seltener das Internet“, glaubt Engel.

Mit Menschen ins Gespräch zu kommen, auch wenn sie nicht zur klassischen Wählerschaft der Grünen gehören, sei für Engel eine spannende und interessante Erfahrung. Für sie ist es der dritte Wahlkampf, den sie als Helferin begleitet. In diesem Jahr sei die Stimmung bei den Bürgern aber angestrengter als sonst. „Man hat schon das Gefühl, dass die Leute durch die Corona-Pandemie angespannter sind. Die Nervosität und die Anspannung bei den Bürgern ist schon höher als in den Jahren zuvor. Das erschwert natürlich, mit Bürgern ins Gespräch zu kommen.“ Ein Passant freute sich, auch mal persönlich mit Politikern der Grünen zu reden: „Endlich kann man auch mal Fragen zum Wahlprogramm stellen oder auch Dinge äußern, die einem nicht gefallen. Im Internet geht das unter.“

Stefanie Weyland (weiße Jacke) mit ihrem Wahlkampfteam der Grünen am Neutorplatz. Für die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Dinslaken soll es am 26. September in den Bundestag gehen.
Stefanie Weyland (weiße Jacke) mit ihrem Wahlkampfteam der Grünen am Neutorplatz. Für die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Dinslaken soll es am 26. September in den Bundestag gehen. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Linke-Wahlhelfer: Briefwahl wirkt sich auf die „heiße Phase des Wahlkampfes“ aus

An der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Neustraße stand der Infostand der Linken. Dass der Wahlkampf auf die Straße gehört, steht für Ratsmitglied Detlef Fuhg außer Frage. „Den Kontakt zu den Menschen hier vor Ort herzustellen, ist viel einfacher und persönlicher als über Facebook oder über Zoom. Einer Person gegenüberzustehen und mit ihr zu diskutieren, kann man durch nichts ersetzen. Außerdem ist es wichtig, auch nahbar für die Bürger zu bleiben.“

Dieter Holthaus, stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Dinslakener Stadtrat, haut in die gleiche Kerbe: „Wenn man Politik macht, muss man sich zeigen“, erklärt Holthaus. „Hier an der Basis findet der direkte Austausch mit den Bürgern statt. Und an unseren Wahlkampfständen geht es ja nicht nur darum, bundespolitische Themen an die Wählerschaft zu bringen, sondern auch über Dinge zu reden, die die Leute hier in Dinslaken direkt betrifft.“ Das Schöne am Straßenwahlkampf sei, dass man sich selbst bei unterschiedlicher politischer Meinung auf einer sachlichen Ebene begegnet, fügt Holthaus an. „Es kann auch mal hoch hergehen an unseren Infoständen. Man kann auch mit Bürgern diskutieren, die mit unserer Politik nichts anfangen können, aber anders als in den sozialen Medien wird im direkten Gespräch in den meisten Fällen immer der Anstand gewahrt.“

Dennoch spüren beide Linken-Politiker eine gewisse Zurückhaltung bei den Passanten, an die Infostände zu kommen. Dies liegt nach der Ansicht von Detlef Fuhg auch daran, dass sich viele Wähler bereits entschieden haben. „Wenn man sieht, dass sich für diese Bundestagswahl bereits viele für die Briefwahl registriert haben, ist es natürlich schwer mit Leuten ins Gespräch zu kommen, wenn sie ihre Kreuze bereits gemacht haben. Das ist in der heißen Phase des Wahlkampfes natürlich ärgerlich.“