Voerde. Mit philippinischen Fachkräften will die Caritas und der Bund dem Pflegenotstand entgegen wirken. Warum sie gezielt Menschen aus Manila werben.

Janet lächelt in die Kamera. Sie wirkt sehr ruhig und entspannt. Dabei könnten die nächsten Minuten über ihre komplette Zukunft entscheiden. Die 30-Jährige ist nämlich eine von insgesamt 55 Pflegekräften von den Philippinen, genauer Manila, die der Caritasverband für die Dekanate Dinslaken und Wesel, mit der Unterstützung von Sabine Weiss (CDU),parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Anfang 2022 nach Deutschland holen möchte. „Wir sind auf Menschen aus dem Ausland angewiesen, um den Pflegenotstand hier vor Ort zu reduzieren“, sagt die Politikerin.

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Sie ist seit 30 Jahren mit einem eigenen Projekt gegen Frauenhandel auf den Philippinen vor Ort, kennt die Menschen dort. „Bei der Auswahl der Länder, aus denen wir die Menschen nach Deutschland einladen möchten, haben wir auch geschaut, welche uns da von der Mentalität her nah sind“, begründet sie die Wahl für philippinische Pflegekräfte. Das Land sei stark christlich geprägt. „Viele Menschen dort lernen Pflege mit dem Ziel, ins Ausland zu gehen“, sagt Weiss.

Während die Pflegekräfte hier mit einem Bruttogehalt von 2300 Euro einsteigen, verdienen sie auf den Philippinen nicht mehr als 400 bis 600 Euro pro Monat, „mit denen sie die gesamte Familie versorgen müssen“, wirft Weiss ein. Auch Janet möchte ihren Verdienst aus Deutschland in die Heimat senden. „Ein Teil meiner Familie arbeitet zudem schon in Deutschland und in Belgien. Ich möchte gerne näher zu ihnen ziehen“, berichtet sie in gutem Deutsch während des Bewerbungsgesprächs per Live-Schalte von Voerde nach Manila.

Caritasverband Dinslaken und Wesel prüft die Bewerberinnen und Bewerber

Neben Sabine Weiss und Caritasdirektor Michael van Meerbeck sind auch Jessica Tepaß, Betreuerin aller Beratungsstellen in der Altenhilfe, Barbara Förster, Einrichtungsleiterin eines Altenpflegeheims in Dinslaken sowie Petra van Meerbeck, Fachbereichsleiterin Pflege und Beratung bei der Caritas, dabei. Sie möchte von Janet wissen, ob sie Erfahrungen mit demenzkranken Menschen hat und ob sie einen Führerschein besitzt. Beides kann die gelernte Pflegekraft mit „ja“ beantworten.

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„Ich bin beeindruckt, wie gut die Pflegekräfte uns verstehen und wie gut sie selbst durch Deutschkurse in ihrer Heimat bereits unsere Sprache sprechen“, sagt van Meerbeck. Er ist mit seinem Team auch für die Unterbringung, Verpflegung und Ausbildung der Pflegekräfte von den Philippinen zuständig. „Alle 55 werden die ersten Monate bei uns wohnen. Dann wollen wir gemeinsam mit ihnen eine dauerhafte Bleibe finden“, beschreibt er die Planungen. Ziel sei es auch, die Pflegekräfte bei einer Anmeldung in einem Sportverein zu unterstützen und in die Kirchengemeinden zu integrieren. „Wir möchten unbedingt, dass sie wissen, dass sie hier gut aufgehoben und wir sehr dankbar sind, dass sie unsere Pflegekräfte unterstützen“, ist van Meerbeck wichtig.

Dem Pflegenotstand am Niederrhein entgegenwirken

Dadurch solle auch die Wertschätzung der Caritasmitarbeiter, die derzeit unter dem Pflegenotstand leiden, zum Ausdruck kommen. „Man kann für Pflegerinnen und Pfleger klatschen, uns ist es aber wichtig, nachhaltig zu zeigen, wie wertvoll dieser Berufszweig und wie wichtig uns die Zufriedenheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist“, so der Caritasdirektor.

Der Caritasverband selbst wird durch das Arbeitsamt unterstützt. Dieses übernimmt die Kosten für Pflegeschule und Prüfung. Den größten Anteil von insgesamt 250.000 Euro trägt der Verband jedoch selbst. „Ein teurer Prozess, aber wir wollen auch, dass unsere Pflegekräfte sehen, dass sie uns am Herzen liegen, dass wir uns um sie kümmern“, sagt van Meerbeck. Kümmern will sich die Caritas natürlich auch um die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Philippinen. „Hierbei erhoffen wir uns auch ein bisschen Unterstützung von den Bürgerinnen und Bürgern“, appelliert van Meerbeck. Menschen, die bei der Integration behilflich seien, um den Fachkräften aus Südostasien die Eingliederung zu vereinfachen, seien herzlich willkommen. „Jetzt sind wir erstmal total gespannt wie es funktioniert und freuen uns sehr auf die Unterstützung von den Philippinen.“