Wachtendonk. Ein Nachmittag in Wachtendonk verspricht abenteuerlich zu werden – dank einer Fähre zum Selbstankurbeln und einer Warnung vor Kunststoffschuhen.
Am Anfang steht die Suchmaschine. Zumindest kann die schon mal die harten Fakten ausspucken: „Die Gemeinde Wachtendonk liegt im südlichen Zipfel des Kreises Kleve.“ Gut, das hilft auch nur bedingt weiter. Deshalb plane ich einfach selbst loszufahren, um einen Nachmittag an einem mir bislang gänzlich unbekannten Ort zu verbringen. „Schau dir auf jeden Fall Haus Püllen an“, gibt mir die Kollegin noch mit auf den Weg. Ein letztes Mal das Internet befragen, das natürlich auch auf diese Frage eine passende Antwort hat: Beim Haus Püllen handelt es sich um ein „Besucherzentrum des Naturparks Schwalm-Nette“. Das ist doch der perfekte Startpunkt für meinen Ausflug!
Das rosafarbene Gebäude mit barockem Doppelgiebel ist kaum zu übersehen, die Tür bereits geöffnet. Drinnen sitzt Michaela Quay und grüßt mit einem freundlichen Lächeln. Was macht denn nun das Örtchen hier zu etwas so Besonderem? Da muss die Mitarbeiterin nicht lange überlegen. „Wachtendonk hat einen der ältesten mittelalterlichen Stadtkerne“, erklärt sie. Und außerdem so einiges zu bieten. Zum Beweis holt sie einen Stapel Flyer hervor, berichtet währenddessen von Paddeltouren auf der Niers oder den Musikkonzerten an der Burgruine. „Sie haben Glück, gleich gibt’s vor der Gaststätte Büskens irische Live-Musik“, beendet sie schließlich ihre Ausführungen. Es ist eben einiges los in Wachtendonk.
Geschichte des Naturparks Schwalm-Nette
Aber auch ein Gang durch das Haus Püllen lohnt sich, deshalb geht’s jetzt erst mal auf eine kleine Zeitreise. Verschiedene Modelle nehmen mit in die Kreidezeit, das Mittelalter, die Gegenwart – und weisen schließlich in die Zukunft des Naturparks Schwalm-Nette. Natur zum Anfassen gibt’s direkt im Anschluss an die Ausstellung. Dazu einfach durch die Tür, über den Innenhof und bis zum Gartenzaun gehen. Das hat Michaela Quay vorab verraten und direkt noch einen Schlüssel mitgegeben, mit dem sich das Tor öffnen lässt. Dahinter versteckt sich der Bauerngarten mit Staudenpflanzen im vorderen und Kräuter- sowie Nutzpflanzen im hinteren Teil. Ein wildwucherndes Naturerlebnis, doch viel Zeit zum Verweilen bleibt nicht.
Immerhin hat Michaela Quay noch eine kleine To-Do-Liste mitgeben, die es nun abzuarbeiten gilt. Wie weit ist es denn bis zur Burgruine? „Ach, nur fünf Minuten“, sagt sie. Sowieso ist hier eigentlich alles in Laufnähe. Und so geht’s vorbei an historischen Häuschen mit bunten Blumenkästen, bis plötzlich ein Backsteingebäude mit „Pulverturm“-Aufschrift auftaucht. Moment, dazu steht doch in einem der Flyer etwas: „Neben der Burgruine ist der Pulverturm wohl der einzige noch sichtbare oberirdische Hinweis der Festungsanlage.“ Heute befindet sich darin ein Restaurant mit scheinbar beliebtem Biergarten. „Ai ai ai“, ruft ein gerade ankommender Radfahrer beim Anblick der vollen Tische.
Corona-Geduldsfaden zum Abreißen
Deshalb lieber schnell weiterlaufen und sich über kreative Kleingartengestaltung freuen: „Beware of the crocs“ steht auf einem Schild neben einem Teich, in dem Kunststoffschuhe schwimmen. Und daneben gibt’s den „Corona-Geduldsfaden zum Abreißen“. Alle Fäden sind schon weg, aber egal. Geduld braucht es heute sowieso nicht, denn nur wenige Minuten später erreiche ich das Ziel. Von der ehemaligen Burganlage der Festung Wachtendonk ist nicht viel übriggeblieben, der Zusatz „Ruine“ trifft es ganz gut. Die Wasserburg war ein Bauwerk des Erzbistums Köln, verrät der Flyer, bevor ich ihn wieder in die Tasche stecke. Denn nun beginnt ein etwas längerer Spaziergang entlang der Niers bis zur Selbstbedienungsfähre.
Gestern erst sei sie selbst damit übers Wasser gefahren, hat mir Michaela Quay im Haus Püllen erzählt. „Das war ganz schön abenteuerlich, so mit Hund und Rad.“ Klingt spannend! Und da liegt es auch schon, das floßähnliche Gefährt. Einmal aufsteigen und los geht’s. Die Kurbel drehen – falls sich nichts bewegt, einfach mal die andere Richtung ausprobieren – und schon setzt sich die Fähre langsam, sehr langsam in Bewegung. Drüben warten bereits die nächsten Radfahrerinnen und Radfahrer, für mich geht’s zu Fuß zurück in Richtung Zentrum. Der Kirchturm von St. Michael weist den Weg, wobei, verlaufen kann sich hier dank der vielen Hinweisschilder wirklich niemand.
Direkt am Kirchplatz, vor einer Weinstube, sitzen ein paar hungrige Ausflügler und lassen sich den selbstgebackenen Kuchen schmecken. So langsam wäre ein Päuschen auch für mich genau das Richtige… Hinter der nächsten Ecke ist schließlich die versprochene irische Live-Musik zu hören und meine Entscheidung gefallen: Hier, mitten in Wachtendonk, lasse ich den Nachmittag ganz gemütlich bei Kuchen und Musik ausklingen.
>>> Und was hat Wachtendonk sonst noch so zu bieten?
Das Haus Püllen ist dienstags bis sonntags jeweils von 9 bis 12.30 Uhr und von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
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