In Grieth versorgt das Hanselädchen die Bürgerinnen und Bürger und dient mit einem Café auch als Kommunikationsort. So funktioniert das Konzept.

Auf dem Markt im 850-Einwohner-Dorf Grieth bei Kalkar zeigt sich bürgerschaftliches Engagement in vielen Facetten. Ein Bücherschrank steht neben der Haltestelle des Bürgerbusses und auf der anderen Straßenseite liegt das „Hanselädchen“, der Dorfladen, für den sich Bürger zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben. Der Name verweist auf die reiche Geschichte des Ortes, der über viele Jahrhunderte eine Hansestadt war, ein stolzer Handels- und Hafenort.

Als Birgit Mosler vor 22 Jahren nach Grieth zog, da gab es dort alles, was wichtig ist für die Nahversorgung. Eine Post, zwei Banken, einen Metzger, einen Bäcker, einen kleinen Laden, Kneipen. Im Laufe der Jahre machte alles zu. Und dann wurde Grieth 2013 zu einer Art Feldlabor, zum Studienobjekt des Projekts „Smart Villages“ der Hochschule Rhein-Waal. Mosler war Projektkoordinatorin. Die zugrundeliegende Frage: Wie werden Dörfer wieder lebenswerter?

Grieth: Studierende wurden durchs Dorf geschickt

Um die Frage zu beantworten, schickten Mosler und ihre Mitstreiter Studierende durchs Dorf. „Es ging uns darum, zu erfahren, was die Betroffenen wollen und sie zu beteiligen.“ 130 Haushalte nahmen an der Befragung teil. „Wichtig waren den Menschen vor allem drei Dinge: Mobilität, die Nahversorgung und ein sozialer Treffpunkt.“ Die Ergebnisse der Feldstudie wurden der Bürgerschaft im März 2014 präsentiert und das „Hanselädchen“ wurde die praktische Umsetzung der Theorie.

Birgit Mosler, Geschäftsführerin bei RheWaTech- Rhein-Waal Institut für Technologie und Prof. Dr.-Ing. Rolf Becker, Fakultät Kommunikation und Umwelt Hochschule Rhein-Waal, Physik mit dem Schwerpunkt Sensorik und Mechatronik halten am 4.8.2021 vor dem Griether Dorfladen in Kalkar-Grieth eine Kiste mit Lebensmittel in den Händen. Der Dorfladen wird von einer Genossenschaft betrieben.
Birgit Mosler, Geschäftsführerin bei RheWaTech- Rhein-Waal Institut für Technologie und Prof. Dr.-Ing. Rolf Becker, Fakultät Kommunikation und Umwelt Hochschule Rhein-Waal, Physik mit dem Schwerpunkt Sensorik und Mechatronik halten am 4.8.2021 vor dem Griether Dorfladen in Kalkar-Grieth eine Kiste mit Lebensmittel in den Händen. Der Dorfladen wird von einer Genossenschaft betrieben. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

In der heimeligen Anmutung eines alten Krämerladens finden sich 1300 verschiedene Produkte, die meisten von ihnen aus regionaler Produktion. Im Erdgeschoss und im ersten des Stock des Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert haben die Genossenschaftler ein gemütliches Café eingerichtet, auf dem Marktplatz wird bei gutem Wetter draußen bedient. Hinter die Wünsche Nahversorgung und sozialer Teilhabe können die Griether also seit der Eröffnung des kleinen Ladens einen Haken machen.

Hanselädchen: Projekt hat Arbeitsplätze geschaffen

Möglich wurde das, weil sich, Zitat Mosler, „eine kunterbunte Truppe“ aus engagierten Menschen zusammengeschlossen hat. Alteingesessene und Zugezogene, Deutsche und Niederländer. Mit der Unterstützung der Stadt Kalkar, zu der Grieth gehört, aber ohne sonstige staatliche Unterstützung, setzten die Griether das Projekt um. Ein Prozess, der auch dazu zu neuem bürgerlichen Selbstbewusstsein beitrug.

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Die Genossenschaft besteht heute aus 136 Mitgliedern, etliche Ehrenamtler helfen mit bei Veranstaltungen, in der Spülküche oder im Service, wenn es wie häufig im Sommer am Wochenende richtig brennt, weil so viele Touristen Halt machen. Und durch das Projekt sind Arbeitsplätze geschaffen worden: Zehn Minijobs, eine 40-Prozent-Stelle, ein integrativer Arbeitsplatz und ein Job als Wiedereingliederungsmaßnahme für einen Langzeitarbeitslosen.

Dorfläden werden vom Land NRW gefördert

Von Bürgern initiierte und betriebene Dorfläden werden auch durch das Dorferneuerungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Seit dem Jahr 2018 sind über das Programm Projekte in den westfälischen Kommunen Hopsten, Minden, Porta Westfalica und Rheine, im sauerländischen Sundern, in Monschau nahe der belgischen Grenze, in Unna und in Viersen am Niederrhein unterstützt worden. „Für die Landesregierung gilt mit Blick auf unsere Dörfer der Dreiklang: „Bewahren, stärken, gestalten“, sagte Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) der NRZ.

Das Förderprogramm habe zum Ziel Orte bis zu 10.000 Einwohnern „als Lebens-, Arbeits-, Erholungs-, Kultur-und Naturräume für die Menschen zu sichern und weiter in die Zukunft zu investieren“. Ein besonderes Anliegen sei es, das bürgerschaftliche Engagement in den Dörfern und dörflich geprägten Gemeinden zu unterstützen. „Dazu zählt auch die Unterstützung von Dorfläden“, so Scharrenbach.