An Rhein und Ruhr. Sportklettern etabliert sich immer mehr, speziell das Bouldern wird beliebter. Olympia könnte einen zusätzlichen Effekt auf den Sport haben.
Eine Wand voller bunter Blöcke – groß und rund, eckig und klein oder auch glatt und flach. Häufig ist die Wand schräg, manchmal fast parallel zum Boden gebaut. Das Ziel: Den obersten Stein einer farbigen Route mit beiden Händen sicher greifen. Doch wie, wenn die zur Verfügung stehenden Steine zu weit auseinander scheinen und oder fast unmöglich zu greifen sind?
Dieser Aufgabe stellen sich immer mehr Kletternde, denn der Sport wird immer beliebter, vor allem das Bouldern, also Klettern ohne Sicherung in Absprunghöhe. Und geklettert wird längst nicht mehr nur in alpinen Regionen und draußen an echten Felsen. Viele Hallen gibt es mittlerweile auch an Rhein und Ruhr.
Auch interessant
Dass Klettern in diesem Jahr erstmals olympisch ist, zeigt, wie sich der Sport in den letzten Jahren entwickelt hat. Für Deutschland treten bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio Alexander Megos aus Nürnberg und Jan Hojer aus Köln an. Yannick Flohé aus Essen hat die Qualifikation knapp verpasst. Bei Olympia besteht der Wettkampf aus einer Kombination dreier Kletterdisziplinen: Lead (Klettern mit Seil), Bouldern (ohne Sicherung in Absprunghöhe) und Speed (Klettern am Seil auf Zeit) beim „Olympic Combined“.
Hoffen auf den Olympia-Effekt
„Welchen Effekt Olympia haben wird, warten wir gespannt ab“, erklärt Evelyn Hörster-Fleckenstein, Sportmanagerin Landesverband NRW des DAV. Man hoffe, dass durch die größere Popularität noch mehr junge Talente, den Weg zum Klettern als Leistungssport finden.
Immerhin war das Sportklettern mit den Disziplinen „Bouldern“ und „Speed“ auch schon bei den Ruhrgames in Duisburg vertreten und wurde dadurch bereits im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen. Die meisten betreiben das Klettern und vor allem Bouldern als reines Hobby und es geht nicht unbedingt um den Wettkampf, sondern eher um ein Gemeinschaftsgefühl.
Kletterhallen als erfolgreiches Geschäftsmodell
Guido Krautkrämer ist der Geschäftsführer von sechs verschiedenen Kletter- und Boulderhallen im Ruhrgebiet die unter dem Namen Neoliet laufen. Als mittelloser Lehramtsstudent habe er 2005 in Bochum seine erste Halle mit einem holländischen Partner eröffnet. Vorher gab es nur eine Boulderhalle in Essen.
„Hier im Ruhrpott konnten die meisten damals nichts damit anfangen, da gab dir auch kein Bänker 2,5 Millionen Euro für“, erinnert sich Krautkrämer an die Anfänge. In Holland habe man da schon früher den Trend gesehen. Nach über fünfzehn Jahren, weiteren Eröffnungen in Bochum, Mülheim, Essen, Gelsenkirchen und Oberhausen und mittlerweile rund 140 Mitarbeitern sieht man allein an Guido Krautkrämers Beispiel, dass der Klettersport auch hierzulande deutlich populärer geworden ist. Warum das so ist? „Weil’s einfach ein geiler Sport ist!“, erklärt Krautkrämer.
Corona traf die Kletterszene stark
Doch durch die Coronapandemie haben die Hallenbetreiber gelitten. Während des Lockdowns durften die Hallen viele Monate nicht öffnen. Die Hauptsaison sei außerdem im Herbst und Winter und da waren die Hallen zu, erklärt Krautkrämer.
Nach Schätzungen des DAV gab es 2018 in ganz Deutschland etwa 500 künstliche Kletteranlagen, Tendenz steigend. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 gab es nur 180 Anlagen. Speziell sind dabei viele Boulder-hallen entstanden und haben klassische Seilkletterhallen im Wachstum eingeholt.
Bouldern in Duisburg und Kleve
Auch hierzulande etabliert sich Bouldern immer mehr. Allein in Duisburg entstanden 2019 gleich zwei neue Hallen. Thomas Franco, neuer Leiter der Einstein-Boulderhalle in Duisburg verspricht sich durch Olympia einen positiven Effekt auf den Sport: „Jan Hojer und Alex Megos sind sympathische Typen.“ Jan Hojer ist sogar schon bei ihm in der Halle gewesen.
Und die Trendsportart hat es auch bis an den Niederrhein geschafft. Philip Becker und Alexander Schmitz eröffneten 2020 mitten im Coronasommer ihre Kliff-Boulderhalle in Kleve. Ihnen fehlte das Angebot in ihrer Heimatregion. „Wir mussten immer entweder ins Ruhrgebiet, nach Nimwegen oder Bocholt“, erklärt Philip Becker. Seit der Eröffnung konnten Becker und Schmitz ihre Halle erst fünf Monate öffnen, den Sport an den Niederrhein zu holen sei aber kein Fehler gewesen.