An Rhein und Ruhr. Kinder aus einem Gelsenkirchener Freizeittreff haben ein Buch gegen Mobbing geschrieben. „Leon sagt nein!“ soll helfen und zum Lesen motivieren.

Hänseleien auf dem Schulhof oder auf dem Weg nach Hause – wie können Kinder lernen, sich gegen Mobbing zur Wehr zu setzen? Das Buch „Leon sagt Nein“, in einfacher Sprache und von Kindern selbst illustriert, zeigt, wie. Die Geschichte stammt von Heike Becker. „Ein Herzensprojekt, weil die Kinder mich um Hilfe gebeten haben.“

Die gelernte Kinderpflegerin engagiert sich ehrenamtlich im Gelsenkirchener Kirchenkeller, in dem sie mit Kindern zwischen vier und zwölf Jahren spielt, bastelt – und ihnen vor allem zuhört. „Ich hatte das Gefühl, dass der Umgangston immer rauer wird und habe die Kinder darauf angesprochen.“ Das sei noch gar nichts, hatten die Kinder erwidert.

Mit Bauchweh in die Schule gehen, ausgelacht und gehänselt werden, weil man als Mädchen kurze Haare trägt und mittags hungern, weil einem schon am Morgen das Geld für das Essen abgeknöpft wurde. Von solchen Mobbing-Erfahrungen berichten die Kinder Becker, ihrer Vertrauensperson. „Einem der Jungen wurde sogar schon mal der Finger in der Schule gebrochen“, erzählt sie betroffen.

 Heike Becker mit dem Buch „Leon sagt nein“. Kinder berichten darin von ihren Erfahrungen mit Mobbing.
Heike Becker mit dem Buch „Leon sagt nein“. Kinder berichten darin von ihren Erfahrungen mit Mobbing. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Die Kinder bitten sie um Hilfe, doch was kann sie tun? Die Kinder kommen aus der Nachbarschaft, doch gehen sie auf verschiedene Schulen oder sogar noch in den Kindergarten. Da kam ihr die Idee zu einem Buch, um ein Zeichen gegen Mobbing zu setzen. „Ich habe die vielen schlimmen Dinge, die mir die Kinder erzählt haben zu einer Geschichte zusammengefasst und an einer Person, Leon, erzählt.“ Stellte sich aber noch die Frage nach den Illustrationen, denn Fördermittel standen dem Projekt keine zur Verfügung.

Wie gut, dass sie eine kleine Schar an kreativen Kindern an ihrer Seite hatte. „Sie wollten dann selbst die Bilder malen“, erzählt Becker fröhlich. Sie fühlen sich aufgehoben und gesehen, viele kommen aus Familien, in denen die Eltern beruflich stark eingebunden sind.

Mittlerweile gibt es sogarein kleines Theaterstück

„Wir haben uns auf ein paar Dinge geeinigt, damit man die Protagonisten immer erkennen kann, egal wer sie zeichnet.“ So bekam Leon jedes Mal die gleiche Frisur, und der Bösewicht, Mobber Dennis, trägt auf jedem Bild das gleiche Cappy.

Auf das fertige Buch sind die Kinder mächtig stolz, Becker schenkt es ihnen. „Für manche der Kids war es das erste eigene Buch.“ Und sie bekommen noch mehr bestärkenden Zuspruch – ein Verlag wird auf sie aufmerksam und ist vom Projekt begeistert. „Die haben ein kleines Buch für Vorschul- und Grundschulkinder daraus gemacht, mit Platz für eigene Gedanken und Hilfe gegen Mobbing.“ Schulen können „Leon sagt Nein“ jetzt bestellen und das Thema Mobbing schon früh und kindgerecht in den Unterricht einbringen. Denn in der Geschichte lernt Leon, „Nein“ zu sagen und sich zu wehren. Kinder

So bunt haben die Kinder das Buch illustriert.
So bunt haben die Kinder das Buch illustriert. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

sollen keine Angst haben, zu einem Lehrer zu gehen und sich Hilfe zu holen.

Mittlerweile gibt es sogar ein kleines Theaterstück zu dem Buch, welches die Kinder gemeinsam eingeübt haben. Ein Kurzfilm wurde gedreht, und eine Schauspielerin liest Online die Geschichte.

„Leon sagt nein“ wird immer wieder als Aktion gegen Mobbing eingesetzt, aktuell zeigt die Stadt Gladbeck kurz Filme, in denen Menschen von ihren Erfahrungen erzählen und Tipps geben, wie man mit Hänseleien umgehen kann. Das Buch wird jetzt zum zweiten Mal aufgelegt, erzählt Becker. Durch ergänzende Zeichnungen will das Buch noch mehr Vielfalt zeigen und diverser werden als die erste Version.

Lust amLesen fördern

Doch das Buch soll noch mehr schaffen – die Lust am Lesen wecken. Allein oder auch gemeinsam mit den Eltern. „Es ist eine spannende Geschichte, nicht zu lang und leicht zu verstehen – vor allem können sich viele Kinder damit identifizieren“, ist sich die Autorin sicher. Einer der beteiligten Jungen habe ihr freudig von seinem ersten gemeinsamen Leseerlebnis mit seiner Mutter erzählt. „Die Mutter fand das Projekt ganz großartig und hat es gemeinsam mit dem Sohn durchgeblättert. Und gerade dieses Kuscheln und gemeinsam lesen, das ist doch die schönste Erinnerung an die Kindheit.“