Düsseldorf. Endometriose ist eine weit verbreitete Frauenkrankheit, die starke Bauchschmerzen verursacht - und oft unerkannt bleibt. Eine Betroffene erzählt.

„Frau Fenster, Sie haben Endometriose“. Obwohl die Diagnose im Herbst vergangenen Jahres einen großen Einschnitt bedeutet, ist Alma Fenster aus Düsseldorf vor allem eins: erleichtert. Dabei sorgen die Zysten und Entzündungen, die sich beim weit verbreiteten Krankheitsbild Endometriose im Bauchraum ansiedeln, für starke Schmerzen.

Bauchkrämpfe, Blähungen, Kopfschmerzen und Atemprobleme - all das begleitet Alma Fenster bereits seit ihrem 20. Lebensjahr. Endlich hat die 42-Jährige eine Erklärung dafür. Doch es sind nicht nur die Schmerzen, die Alma Fenster fast täglich quälen. Die Unerklärlichkeit der Symptome lassen ihr Jahrzehnte lang keine Ruhe. „Es war für mich immer eine Frage: Was könnte es sein?“, sagt die Mutter von zwei Söhnen.

Jahrzehntelange Odyssee für die Endometriose-Diagnose

Die Düsseldorferin hangelt sich über Jahre von einer möglichen Diagnose zur nächsten - ohne einschlägiges Ergebnis. Zweimal muss sie wegen der starken Schmerzen sogar in die Notaufnahme und wird ohne Erkenntnisse wieder nach Hause geschickt. Auch die Operationen wegen einer Blinddarmentzündung und eines vermuteten Leistenbruches lassen die Beschwerden nicht verschwinden. Ist es eine Lebensmittelunverträglichkeit, sind es psychische und körperliche Erschöpfung?

Die zahlreichen medizinischen Erklärungsversuche stellen Alma Fenster nicht zufrieden. Dann werden die Schmerzen im Herbst vergangenen Jahres plötzlich stärker als je zuvor. Auf einer Dienstreise in München kann die Beschäftigte im Vertrieb eines Modeunternehmens in einem Meeting kaum mehr stehen. Nach der Dienstreise recherchiert Alma Fenster wie so oft ihre Symptome - und entdeckt den Begriff Endometriose. Ihr wird schnell klar: Das könnte es tatsächlich sein.

Richtige Intuition: Es ist tatsächlich Endometriose

Alma Fenster hofft und bangt. Wieder ein Strohhalm, an den sie sich klammert. Wieder eine mögliche Diagnose, die ihr weiterhelfen könnte. Oder bloß erneut eine falsche Spur? Doch ihre Intuition ist richtig: „Für mich war es fast schon klar, dass ich das haben muss.“

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Wenige Tage nach der quälenden Dienstreise geht sie mit ihrem Verdacht zur Frauenärztin, die erschrocken ist über ihren Zustand. „Mein Bauch war extrem aufgebläht, ich sah aus, als sei ich mehrere Monate schwanger.“ Die Ärztin geht dem Endometrioseverdacht nach, Alma Fenster bekommt eine Bauchspiegelung. Auf dem OP-Tisch denkt sie noch: „Bist du bescheuert? Du wachst gleich auf und sie haben wieder nichts gefunden.“

Nach der OP: Ein Leben ohne Schmerzen - neue Lebensqualität

Doch nach dem Eingriff weiß sie endgültig: Es ist Endometriose, sogar äußerst ausgeprägt. „Ich bin in Tränen ausgebrochen“, erinnert sich Alma Fenster. „Endlich ein Ergebnis nach 20 Jahren. Ich habe jetzt endlich einen Namen für meine Schmerzen.“ Nach einer weiteren Operation im vergangenen Dezember sind alle Entzündungsherde und die Gebärmutter entfernt, Alma Fenster ist erstmals schmerzfrei. „Ich habe eine neue Lebensqualität gespürt und gemerkt, was es bedeutet, die ganze Zeit so eingeschränkt gewesen zu sein.“

Doch die 20 Jahre lange Odyssee habt ihre Spuren hinterlassen. Frust und Trauer schwingen in Alma Fensters Stimme mit, als sie sagt: „Hätte ich schon vorher von Endometriose gehört, hätte ich mich ganz schnell bei der Diagnose eingefunden. Ich habe unglaublich viel Geld ausgegeben für Tests und bin letztlich immer damit verabschiedet worden: Es ist Stress. Es war immer alles in Ordnung. Es gab keine Lösung.“

Endometriose-Aufklärung und Behandlung: „Es müsste mehr passieren“

Sie selbst habe ihre Symptome erst sehr spät mit einem gynäkologischen Problem in Verbindung gebracht und deshalb ihre Frauenärztin nicht zuvor darauf angesprochen. „Sonst wäre ich wahrscheinlich viel früher auf diese Diagnose gekommen.“ Doch eigentlich ist eine Diagnose nicht Alma Fensters Aufgabe. „Was das Allerschlimmste ist, dass die Ärzte teilweise schon mal etwas von Endometriose gehört haben, aber überhaupt nicht im Thema sind“, sagt sie. Es gebe zu wenig Forschung, zu wenig Aufklärung. „Es müsste mehr passieren.“

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Alma Fenster will deshalb über ihren Weg sprechen. Doch abschließen kann sie mit der Erkrankung nicht. Im Mai sind die Schmerzen schon wieder zurück. Eine große Enttäuschung. „Ich wusste, dass das möglich ist, aber das hat mich schon ziemlich schockiert“, sagt Alma Fenster. „Jetzt muss ich schauen, wie es weitergeht. Aber wenigstens weiß ich, dass ich mir nichts einbilde. Ich weiß jetzt, was es ist.“ Und sie will das Beste daraus machen.

>>> Was ist Endometriose genau?

Bei Endometriose treten Zysten und Entzündungen (Endometrioseherde) auf, die sich an Eierstöcken, Darm oder Bauchfell ansiedeln können. Ihr Gewebe ähnelt dem der Gebärmutterschleimhaut. Die Herde können mit dem hormonellen Zyklus wachsen und bluten und bleibende Schäden an Organen verursachen.

Starker Menstruationsschmerz ist laut der Deutschen Endometriose Vereinigung in Düsseldorf ein sehr häufiges Symptom. Die Schmerzen können aber auch zyklusunabhängig auftreten und im ganzen Körper auftreten. Bei etwa 40 bis 60 Prozent der ungewollt kinderlosen Frauen steckt eine Endometriose dahinter.

Informationen rund um das Thema gibt es bei der Endometriose Vereinigung Deutschland in Düsseldorf:https://www.endometriose-vereinigung.de/home.html