Am Niederrhein. Der Klever Bildhauer und Fotograf Günter Zins ist 70! Zu seinem Geburtstag schenkt ihm das Museum Kurhaus Kleve eine umfangreiche Ausstellung.

Was kann man jemandem schenken, der 70 Jahre alt wird und vermutlich schon alles hat? Wie wäre es mit einer Ausstellung in einem der wohl schönsten Museen in der Region? Ein tolles Geschenk! Das jedenfalls findet der Bildhauer und Fotograf Günther Zins, dem das Museum Kurhaus Kleve eine umfangreiche Werkschau widmet.

Unter dem Titel „Präzision und Leichtigkeit“ zeigt das Haus die skulpturalen Projekte des Künstlers und blickt zurück auf eine jahrzehntelange künstlerische Auseinandersetzung mit der Linie und dem Raum. Zu sehen sind nach dem jetzigen Plan ab dem 21. Mai rund 70 Arbeiten seit den frühen 1980er Jahren bis heute. Ein Besuch im Atelier.

Kunst in ehemaliger Schuhfabrik

Der im Dach des alten Pförtnerhauses der ehemaligen Klever Pannier-Schuhfabrik versinkende Würfel aus Edelstahl weist dem Gast den Weg. Hier wird Kunst gemacht. Was im übrigen nicht nur für Günther Zins gilt, der hier seit gut einem Jahr sein neues Atelier hat. Nach und nach ziehen freischaffende Künstler und Fotografen in die alten Gebäude ein, die Idee eines Kulturzentrums für die Klever Oberstadt nimmt hier allmählich Gestalt an. Mittendrin Günther Zins, der seine alte Arbeitsstätte im ehemaligen Gebäude der Klever Bensdorp-Kakao-Fabrik als einer der letzten verlassen hat, nach 36 Jahren. Und das Angebot in die Räume der ehemaligen Schlosserei zu ziehen gern angenommen hat.

Hier wartet jetzt die für die ursprünglich für März geplante Ausstellung längst fertig gestellte Plastik „Traumtänzer“ auf ihre Installation auf dem historischen Balkon des Museums Kurhaus. Für den doppelstöckigen Saal, der sich zum Wald hin öffnet, entwarf Zins die über sechs Meter hohe Wandarbeit „Innen, Kopf“, Außen, Körper“. Sie alle eint zugleich stabil und leicht zu sein, ruhig und beinahe schwerelos zu wirken, wie schwebende Körper im Raum.

Schwebende Werke im öffentlichen Raum

Dabei ist das von Zins bevorzugte Material Edelstahl, die schwere Werkbank, Amboss, Winkelschleifer, Schweißapparat und Schraubzwingen erzählen jedoch nur scheinbar eine andere Geschichte. „Es geht mir immer um das Schweben und das Durchdringen“, sagt der 70-Jährige. „Am Anfang stand die Linie.“ Ganz allmählich seien dann Würfel und Quader entstanden, erzählt der Bildhauer, dessen Werke auf meist öffentlichen Plätzen und Gebäuden nahezu überall im Land von Leichtigkeit und Schwerelosigkeit künden, selbst dann, wenn der Künstler etwa mehrere seiner Formen übereinander balanciert, scheinbar frei schwebend an einer Wand platziert oder darin versinken lässt.

Das Lieblingsmaterial von Günther Zins ist Edelstahl. Dennoch wirken seine Werke leicht und beinahe schwerelos.
Das Lieblingsmaterial von Günther Zins ist Edelstahl. Dennoch wirken seine Werke leicht und beinahe schwerelos. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Der Klever Günther Zins hat in Köln und Berlin Malerei studiert. „Ich wollte danach etwas anderes machen, räumlich arbeiten.“ So entstanden in den 1970er Jahren Bildobjekte, seine Kunst wurde konkreter, die Arbeiten und das Konzept immer reduzierter und klarer bis hin zu seinen heutigen, fast minimalistischen Grundformen. Den Weg dorthin zeichnet die Klever Ausstellung nach mit frühen Zeichnungen, Gouachen, Aquarellen und transparenten Plexiglasarbeiten sowie Fotografien.

Stipendium als Startschuss

Das Märkische Stipendium für bildende Kunst, das er 1987 in Lüdenscheid für die Dauer eines Jahres erhielt, war wie ein Startschuss für seinen beruflichen Weg als Künstler. „Ich habe in dieser Zeit viele Kontakte geknüpft und erhielt mit der Einladung zur Gestaltung des Gebäudes der Dresdner Bank in Frankfurt meinen ersten großen Auftrag“, erinnert er sich. Dass viele weitere folgten, davon erzählen die versinkenden Würfel im Klever Forstgarten, die „Wintersonnenschirme“ auf der Dachterrasse des Museums Kurhaus, die schwebenden, ineinander geschlungenen Ringe über dem Neutorplatz in Bocholt oder seine filigranen Plastiken an der Finanzverwaltung NRW in Münster oder dem Baukunstarchiv in Dortmund.

Mit Fotografien von geworfenen oder gehaltenen Stäben aus Edelstahl fügte Günther Zins 2013 seiner Idee von der Plastik im Raum einen weiteren Aspekt hinzu. „So wollte ich sehen, wie sich die Plastik in Raum und Zeit entwickelt“, so der Künstler. Und auch hier bleibt er seinem Prinzip treu, mit der Linie im Raum vom Prozess des Versinkens und Schwebens zu erzählen.

>>> Infos zu Günther Zins

Günther Zins wird am 9. April 1951 im hessischen Butzbach geboren. Er lebt seit seinem zweiten Lebensjahr in Kleve.

Von 1970 bis 1975 studierte er Freie Malerei an der Fachhochschule für Kunst und Gestaltung, Köln, von 1979 bis 1980 an der Hochschule der Künste in Berlin. 2004 und 2007 arbeitete er im Atelier in der Cité Internationale des Arts in Paris.

1984 hatte er seine erste Einzelausstellung im Museum Haus Koekkoek, Kleve. Die für Ende Mai geplante Werkschau ist nach 2004 die zweite im Museum Kurhaus Kleve. Weitere Infos: www.guentherzins.de.