Am Niederrhein. Jedes Jahr geht’s für Jugendliche vom Niederrhein in die Niederlande. Doch ob die Ameland-Freizeiten 2021 stattfinden können, ist noch offen.

Sobald einem die frische Meeresbrise um die Nase weht und der warme Sand unter den Füßen kribbelt, kommt richtiges Urlaubsgefühl auf. Auf diesen ersten Moment am Strand freuen sich schon jetzt viele Kinder vom Niederrhein, die sich für eine der verschiedenen Ameland-Freizeiten angemeldet haben. Dabei steht aktuell noch gar nicht fest, ob im Sommer überhaupt wieder Reisen in die Niederlande möglich sein werden.

Die Organisatoren des Ferienlagers St. Ida aus Moers hegen aber zumindest noch die Hoffnung, dass sich die Corona-Lage in den kommenden Wochen entspannt und dem zweiwöchigen Urlaub am Meer nichts im Wege steht. Dabei war es anfangs durchaus ein „sehr schwieriger Entscheidungsprozess“, wie Lagerleiter Christian Esser erzählt. „Viele Vermieter auf der Insel gehen aktuell lieber auf Nummer sicher und vermieteten nur an kleinere Gruppen.“ Schließlich aber hätten sie noch einen Vermieter gefunden, der trotz des Risikos die rund 70 Kinder und 20 Betreuer aufnimmt.

Entscheidung steht in Moers Ende Mai fest

Nur die Anzahlung sei höher gewesen als sonst, so Esser. Und im Falle einer Stornierung würden sie nichts wiederbekommen. Damit dann aber nicht die Eltern dafür aufkommen müssen, hilft die Kirchengemeinde finanziell aus. Immerhin ist es für einige Kinder der einzige Urlaub im Jahr, sie sollen nicht aufgrund des Geldes darauf verzichten müssen. Die Rahmenbedingungen stehen also, jetzt gilt es nur noch die Corona-Lage zu beobachten. Bis Ende Mai wollen die Organisatoren eine Entscheidung fällen. „Das sind wir den Kindern, Eltern und Betreuern schuldig“, betont Esser. Einen Ersatz werde es bei einer Absage aber definitiv nicht geben. „Dazu sind wir gar nicht in der Lage.“

Wie wichtig für viele die Ameland-Freizeit ist, weiß der heutige Lagerleiter übrigens aus eigener Erfahrung. Er ist bereits als Kind mitgefahren, kennt so ziemlich jede Ecke der Insel und liebt die dortige „Urigkeit“. Vor allem aber, das sagt er auch, „kommen die Kinder mal raus“. Weg von den Eltern, weg vom Handy. „Das ist etwas ganz Besonderes, heute noch mehr als früher“, findet Esser. Und so hofft er sehr, im Sommer mal wieder „auf dem schönsten Sandhaufen der Welt anzukommen“.

Corona-Schnelltests in Wesel vor und nach der Reise

Auch das katholische Ferienwerk Wesel befindet sich aktuell noch im Stadium des Planens – und des Hoffens. „Wir entscheiden spätestens bis zum 15. Juni, ob wir fahren können“, erklärt Karl-Heinz Ortlinghaus, stellvertretender Vorsitzender der Honnerbachstiftung. Klar ist aber schon jetzt, dass selbst bei einer Zusage alles etwas anders ablaufen wird. Die Organisatoren haben die Gruppengröße um die Hälfte auf 28 Kinder reduziert, alle Mitfahrenden müssen sich jeweils vor der Hin- und Rückreise auf Corona testen lassen.

Karl-Heinz Ortlinghaus hat vor 61 Jahren die Weseler Ferienfreizeit Ameland mitbegründet.
Karl-Heinz Ortlinghaus hat vor 61 Jahren die Weseler Ferienfreizeit Ameland mitbegründet. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Ortlinghaus, Spitzname Olly, wünscht sich jedoch trotz aller Widrigkeiten, dass es irgendwie klappt mit der Freizeit. Denn auch bei ihnen gebe es im Falle einer Absage keine Ersatzveranstaltungen vor Ort. „Das würden wir nicht schaffen.“ Also heißt es weiter hoffen, dass Corona eine Reise auf die Insel zulässt. Dorthin, wo die Kinder „Freiheit, Luft und Natur“ erleben können, wie Ortlinghaus erklärt. Er selbst würde dann aber nur mal kurz vorbeischauen, denn als Mitbegründer war er schon das ein oder andere Mal auf Ameland.

Schwierige Zeiten für Vermieter auf Ameland

Seit 61 Jahren organisiert Ortlinghaus die Ferienfreizeiten mit, seit 61 Jahren geht’s jeden Sommer zum Ferienhof Kiewiet im größten Dorf Nes. Anfangs war die Unterkunft ein Bauernhof, wie der heutige Besitzer Anton Kiewiet erzählt: „Im Sommer standen die Kühe sowieso nur auf der Wiese, deshalb haben meine Großeltern den Stall sauber gemacht und Betten reingestellt.“ Die ersten Kinder- und Jugendgruppen reisten an, darunter auch eben jene aus Wesel. Und sie kamen jedes Jahr wieder, erlebten den Wandel vom umfunktionierten Kuhstall zum modernen Wohnhaus mit. Nur im vergangenen Jahr, ausgerechnet im Jubiläumsjahr, musste die Fahrt coronabedingt ausfallen.

Vor über 60 Jahren schliefen die Kinder vom katholischen Ferienwerk Wesel noch in einem zeitweise umfunktionierten Kuhstall. Mittlerweile ist der aber längst zu einer modernen Unterkunft umgebaut worden.
Vor über 60 Jahren schliefen die Kinder vom katholischen Ferienwerk Wesel noch in einem zeitweise umfunktionierten Kuhstall. Mittlerweile ist der aber längst zu einer modernen Unterkunft umgebaut worden. © Katholisches Ferienwerk Wesel

Das schmerzte auch Kiewiet. Persönlich, aber natürlich auch finanziell – trotz staatlicher Hilfen. „Normalerweise kommen zwischen April und Oktober 40 Gruppen, im letzten Jahr waren es fünf“, sagt er. Darunter nur Klassenfahrten niederländischer Schulen. Die deutschen Gruppen mussten ihre Reisen absagen und reservierten in diesem Zuge direkt für 2021. Doch die Lage ist weiter ungewiss, scheinbar täglich ändern sich die Corona-Bestimmungen.

Kiewiet bittet daher alle Gruppen, möglichst lange mit der Entscheidung für oder gegen eine Ameland-Freizeit abzuwarten. Und selbst wenn es in diesem Jahr wieder nicht klappen sollte, dann hofft er zumindest eines: „Dass die deutschen Gruppen, die seit Jahren hier hinkommen, ihre Sehnsucht nach Ameland nicht verlieren.“