Am Niederrhein. Warum ist das Jüngksen vom Niederrhein weiter südlich ein Jüngelchen? Sprachforscher Georg Cornelissen erklärt die Gründe in einem neuen Buch.

Ganz schön knallig, ganz schön bunt – Sprache – nicht nur am Niederrhein – ist vielfältig und da darf auch ein wissenschaftliches Buch dazu knalligbunt daherkommen, der zauberhafte Titel: „dat & wat“. Mit einem herzhaften Farbtupfer verabschiedet sich der Sprachforscher Dr. Georg Cornelissen in den Ruhestand – Samstag, beim (Tag der Landeskunde), hat er seinen letzten öffentlichen LVR-Auftritt. Um 15.30 Uhr (kann man online dabeisein) wird er seinen Sprachatlas vorstellen – wir haben mit ihm schon einmal hinein gelünkert.

Dubbel oder Bütterken?

Sagen Sie eigentlich Botteram oder Dubbel? Bütterken oder etwa Knifte? Und benutzen Sie noch das Wort Jüngelchen oder Jünksken? Georg Cornelissen nimmt uns einmal mehr an die Hand und wandert mit uns durch die Welt der Wörter – und wir lernen schnell, dass auch die Wörter wandern.

„Da hab’ ich lange dran gesessen – aber es hat sich gelohnt“, schmunzelt der Autor. Ein farbiges Werk mit 50 Sprachkarten liegt nun vor, zwei neue Sprachkarten zeigen, wo welche Vokabel verwendet wird. Und das alles anschaulich, alltagstauglich und humorig erklärt.

50 Sprachkarten zeigen, wo welches Wort benutzt wird

Cornelissen nimmt sich zwei Regionen vor – oder, so sagt es der Untertitel: den Raum „zwischen Emmerich und Eifel“. „Aus regionaler Sicht ist zweierlei bemerkenswert“, so der Sprachforscher. „Erstens hebt sich der Niederrhein auf zahlreichen Karten vom Sprachgebiet um Aachen, Köln und Solingen deutlich erkennbar ab. Zweitens lassen sich auch schon zwischen Kleve, Viersen und Duisburg auffällige Varianten entdecken, etwa „Kroos“, „Kitsche“ und „Knosch“ als Bezeichnungen für das Kerngehäuse des Apfels...“

dat & wat – der neue Sprachatlas

Was haben Emmerich und die Eifel gemeinsam? Nun, mehr als wir denken. Zumindest verbindet beide Regionen nun das jüngste Werk von Sprachforscher Dr. Georg Cornelissen. Das ist rechtzeitig fertig geworden zum „Tag der Regionen“ und ab sofort für alle Regionenfans, und die, die es werden wollen, erhältlich: Georg Cornelissen: „dat & wat. Der Sprachatlas für das Land am Rhein zwischen Emmerich und Eifel“. 216 Seiten, Leinen-Einband mit Lesebändchen, 28 Euro. Erhältlich im Buchhandel, ISBN 978-3-7743-0932-6.

Im Zentrum des neuen Werkes steht die dat-und-wat-Sprache, die regionale Umgangssprache. Die Karten belegen, dass und wie sich Sprachebenen miteinander verzahnen. Eine Besonderheit des Atlas ist die Berücksichtigung aller Altersgruppen, so dass sich Vergleiche zwischen der Sprache der Seniorinnen und Senioren und der von Jugendlichen bevorzugten Varianten anbieten.

Zwei Pfade lassen sich unterscheiden, auf denen Wörter und grammatische Formen wandern, so Cornelissen: Entweder sie wandern von Ort zu Ort und von Mund zu Mund. Oder sie wandern über Schule und Medien. In den Kartenkommentaren erklärt er, wie sich die Spuren dieser Wörterwanderungen entdecken und deuten lassen.

Mit dem Finger auf der Landkarte unterwegs… immer auf der Suche, wer wo was wie ausspricht – und wie die Wörter wandern.
Mit dem Finger auf der Landkarte unterwegs… immer auf der Suche, wer wo was wie ausspricht – und wie die Wörter wandern. © FUNKE Foto Services | Gerd Hermann

Ein schönes Beispiel ist da das „Jüngsken oder Jüngelchen“, also ein kleiner Junge (siehe Karte oben). Typisch niederrheinisch ist „Jüngsken“ (pink), mancherorts ist eher „Jüngken“ (orange) zu hören.

Cornelissen erkärt: „Das -ken beruht auf der Dialektform am Niederrhein (Jöngske, Jöngke). Im Süden ist „Jüngelchen“ (gelb) die Normalform, in einer Übergangszone erscheint „Jüngchen“ (türkis), eine Form, die sich an das benachbarte „Jüngken“ anschließt.“

Die eingezeichnete „Benrather Linie“ trennt die niederrheinischen Varianten von den Formen der rheinländischen Südhalbkugel. „Man kann am Niederrhein durchaus jemanden als „Jüngelchen“ bezeichnen; das will dann aber heißen, dass diese Person nicht ganz ernst zu nehmen ist. Das Kölner „Jüngelchen“ ist dagegen ein stinknormaler Junge, wenn auch vielleicht kein ganz großer.“