Eindhoven. Designer Tim Teven macht aus Abfall Stühle, Tische oder Regale. Die Produkte sind nicht nur schön, sondern halten auch ein Leben lang.

Sich seine Bude herrichten und die richtigen Möbel finden, das ist eine Philosophie für sich. fast schon eine Lebensaufgabe. Zu groß ist das Angebot, zu viele Leute raten dir, kauf dies oder jenes. Das meiste ist sowieso hässlich und schrottig.

Wer Geld hat, kann sich ansehnliche Gegenstände leisten und wird im Einrichtungsgeschäft seines Vertrauens oder online ganz gut fündig. Doch wie bei Klamotten lohnt immer auch ein Blick über die Grenze. Die Niederländer haben eben einen anderen Geschmack, zumindest gibt es viele kreative Köpfe, deren Produkte sich vom Schöner-Wohnen-Katalog wohltuend abheben.

Einer von ihnen heißt Tim Teven. Der Absolvent der Design Academy Eindhoven im Jahr 2018 ist noch recht frisch auf dem Markt, seine Entwürfe bisher nur einem kleinen Kreis bekannt. Der 28-Jährige neigt zu einem unkonventionellen Materialeinsatz, so setzt er einer Sitzgelegenheit oder einer Vase so massiv zu, bis sie garantiert wie kein zweites Teil aussehen.

Alu wird auf zwei mm Dicke gepresst

Beispiele gefällig? Sein Druckhocker und seine Bank (siehe Fotos) bestehen aus Aluminiumblech, in die ein Muster gedrückt wird. Das normalerweise kalte und steife Material nimmt ein unerwartet weiches und angenehmes Aussehen an. „Diese Technik macht es möglich, leichte Sitzmöbel aus Aluminium herzustellen, sie sind nur zwei Millimeter dick“, verrät Tim Teven.

 Rettet Papierfasern vor dem Ende in der Müllverbrennungsanlage: Designer Tim Teven.
 Rettet Papierfasern vor dem Ende in der Müllverbrennungsanlage: Designer Tim Teven. © tim teven studio

Schon als kleiner Junge wird sein Interesse an Material und Technik geweckt. „Meine Familie besitzt eine Stahlbaufirma, und schon als Kind habe ich immer viel Zeit in der Firma und in der Fabrik verbracht“, erzählt der Designer aus Eindhoven. Im Studium erweitert er seinen Horizont, doch Materialität bleibt der Mittelpunkt seiner Arbeiten. „Als Designer sehe ich das Potenzial, mit dem Einsatz bestimmter Materialien zu neuen Innovationen beizutragen. Wir können Prozesse in Objekte übersetzen, die etwas über Produktionsmethoden und Industrie erzählen“, umschreibt Tim Teven seinen Ansatz, mit dem er sicherlich auch im Ruhrgebiet mit seinem vielen Industriedesign gut aufgehoben wäre.

Der innovative Tüftler beschäftigt sich aber nicht nur mit der anderen Bearbeitungsformen von Stoff, sondern wie diese auch vor der Müllpresse bewahrt werden können. Bei einem Besuch einer Papierrecyclinganlage stellte er fest, dass der Recyclingprozess eine große Menge an Industrieabfällen erzeugt. Fasern, wie Kunststoff, Holz und nicht wiederverwertbares Papier werden vom Hauptprodukt getrennt und als sogenannter Siebabfall gesammelt. Teven wollte einen Weg finden, das nicht recycelbare Papier wiederzuverwenden, um Bausteine ​​für die Herstellung von Möbeln und anderen Gegenständen herzustellen.

„Ich sah einen Ort, an dem ich diesen Industrieabfall wieder in das Leben der Menschen einbringen konnte, die den Abfall erzeugen, ohne es zu wissen“, erklärt Tim Teven dem Fachportal furniturehomewares.com. „Der Prozess umfasst relativ einfache Schritte, die energieeffizient sind und nicht zu viele Ressourcen verbrauchen“, führt er dort aus. Und weiter: „Das Gute ist, dass die Fasern, die nicht für die Papierherstellung geeignet sind, während des Aufschlussprozesses herausgefiltert werden. Das bedeutet, dass die Abfallfasern frei von Feststoffen, Chemikalien, Lebensmitteln oder Tinte sind.“

Die Smurfit Kappa-Recyclinganlage in Roermond versorgt ihn mit dem Rohsiebabfall für seine Produkte.„Es ist sehr schön zu sehen, dass man als Designer ein Augenöffner für die Fabrik sein und eine gesunde Win-Win-Situation für mich, sie und die Umwelt schaffen kann“, betont Tim Teven.

 Der Hocker ist aus gepresstem Alu gefertigt.
 Der Hocker ist aus gepresstem Alu gefertigt. © tim teven studio

Alle Arbeiten werden in seinem Studio in Eindhoven von Hand gefertigt und auf Bestellung auch direkt von dort verkauft. Außerdem bieten einige Galerien und Geschäfte die außergewöhnlichen Produkte vor Ort an.

Sockel aus Blättern

Und was kommt jetzt? „ In letzter Zeit habe ich mit einem Innenarchitekturstudio zusammengearbeitet, um Teile eines Ladeninterieurs in Schweden zu erstellen“, verrät Tim Teven. „Wir haben Blätter aus recyceltem Material hergestellt, die für die Präsentation von Sockeln im Ladeninneren verwendet werden.“

Ist der Auftrag erledigt, will er sich neuen Produkten zuwenden. Man darf sich sicher sein: Auch diese werden in keinem 08/15-Möbelhaus auftauchen – und auch nicht im nächsten Schöner-Wohnen-Prospekt.