Kleve. Kleiner Bummel dorthin, wo Ananas, Kakao und Bananen wachsen – in Kleve, am Niederrhein – im Tropischen Gewächshaus der Hochschule Rhein Waal.

Franz-Josef Kuhnigk, Gärtnermeister im Tropenhaus der Hochschule Rhein Waal, hat mal schnell durchgerechnet – auf die Frage war er gar nicht vorbereitet – ebkes in die Dokumentenmappe geguckt, zusammengezählt und da war die Zahl: 862 Kilo! Das ist das beeindruckende Gesamtgewicht der Bananenernte seit Ende 2014. Macht zusammen 3870 Früchte, die 45. Fruchtreife ist gerade in vollem Gange. Potzblitz, das hat die Gäste der ersten virtuellen Führung durchs Tropenhaus doch überrascht. „Und wie schmecken die Bananen aus Kleve?“ kam die Frage aus dem Netz. „Unvergleichlich“, antwortete Tropenhaus-Leiter Prof. Jens Gebauer, „bei uns haben die Früchte ja die Chance, bis zur vollen Reife wachsen zu dürfen.“

Forschungsgarten

Führungen durch das Tropenhaus

Die nächste Führung durch das Tropische Gewächshaus der Hochschule Rhein Waal ist für Sonntag, 27. Juni geplant – im Rahmen der Offenen Gärten im Kleverland. Infos: www.gaerten-kleverland.de

Wer Interesse an einem Freiwilligen Ökologischen Jahr hat – ein Platz ist noch zu vergeben (Stand Ende März). Beginn des FÖJ ist am 1. August 2021.
Infos bei Franz-Josef Kuhnigk, 0 28 21-80 67 36 39

Tropisches Gewächshaus mit Lehr- und Schaugärten der Hochschule Rhein-Waal, Marie-Curie-Straße 1 (Navi: Sommerdeich 24), 47533 Kleve.

www.hochschule-rhein-waal.de und dann weiterklicken zu Fakultäten / life sciences / tropisches gewächshaus

Zum ersten Mal hatte die Hochschule Rhein Waal zur digitalen Führung durchs Tropische Gewächshaus inklusive Schau- und Lehrgärten eingeladen. „Wir würden Sie ja lieber persönlich vor Ort begrüßen“, so Prof. Gebauer, „aber wir freuen uns, dieses Format nun anbieten zu können.“ 94 Gäste nutzten die Gelegenheit, sich gemütlich vom Wohnzimmer aus mit Gärtnermeister Kuhnigk auf in die Tropen zu machen – zugeschaltet waren Gartenfans aus dem Vorarlberg, aus Bayern, Berlin, Münster und, natürlich, vom Niederrhein.

Freilandbeete an der Hochschule.  Hier wächst der regionale Garten, Kartoffeln, Erdbeeren, Stangenbohnen...
Freilandbeete an der Hochschule. Hier wächst der regionale Garten, Kartoffeln, Erdbeeren, Stangenbohnen... © FFS

Jakob Vögerl, Koordinator für Nachhaltigkeitspädagogik der Hochschule, hatte ein bisschen mit der Technik zu kämpfen – aber das war schnell beigelegt und außerdem: eine Premiere hat immer ihre eigenen Spielregeln.

Unterwegs mit Sauzahn und Löffelstecher

Frohgemut folgte die Web-Gemeinde dem Gärtnermeister durch die Open-Air-Beetwelt vor dem gläsernen Forschungsgarten. Und, schön zu sehen, auch ein Experte der Fakultät Life Sciences (zu der das Tropenhaus-Projekt ja gehört) greift nicht nur zu Reagenzglas und Pipette sondern auch beherzt zu bewährtem Gartengerät: Breitgabel, Sauzahn, Löffelstecher.

Biodiversität zum Anfassen möchte die Hochschule mit dem Tropenhaus-Projekt anbieten. „Biodiversität ist eine Alternative zur Massenproduktion, Artenvielfalt im Vergleich zur Monokultur“, so Jens Gebauer. Und so wachsen und gedeihen im hochmodernen Gewächshaus auf kleinem Raum und unter steter wissenschaftlicher Beobachtung Nutz-Exoten wie Kakao, Kaffee, Kulturbananen, Ananas, Zimt und sogar ein Baobab (Affenbrotbaum) – ein schon besonderer Lern- und Lehrort.

Biodiversität zum Anfassen, das ist das große Thema

Was muss eine Kulturpflanze haben, um gut wachsen zu können, wie sehen die idealen Nährstoffkompositionen aus, wie kann man Schädlingen ohne Chemie auf die Pelle rücken, und welche Pflanzen mögen sich als Nachbarn und welche pflanzt man besser etwas weiter auseinander. Mitunter kommt auch eine Pflanze an den Tropf – um herauszufinden, wie viel Nährstoffe es braucht, um sie fit zu halten.

23 Erdbeersorten werden getestet

Gern lädt die Hochschule zu Tagen der offenen Türe ein – coronabedingt fällt das aus – aber die Idee der digitalen Führung kam auch prima an.
Gern lädt die Hochschule zu Tagen der offenen Türe ein – coronabedingt fällt das aus – aber die Idee der digitalen Führung kam auch prima an. © FFS | Thorsten Lindekamp

Und draußen in den Schaugärten demonstrieren die (angehenden) Wissenschaftler den Anbau heimischer Gewächse. Gemüse, Obst, Getreide und Feldfrüchte, Kräuter werden nach ökologischen Grundsätzen angebaut – Mangold und Rote Bete, Kartoffeln. 23 Erdbeersorten werden sorgfältig beobachtet, ihre Stärken und Schwächen erprobt.

Die Florfliege knackt die Blattläuse

Auch die Florfliege hat ihren Auftrag: der kleine Nützling macht Blattläusen und Spinnmilben den Garaus. Übrigens: Ein einziger Marienkäfer kann an einem Tag 50 Blattläuse verputzen – eine Marienkäferlarve vertilgt im Laufe ihrer vierwöchigen Entwicklung Hunderte von Blattläusen. Und der Australische Marienkäfer futtert für sein Leben gern die fiesen Wollläuse weg.

Während das Bananenexperiment glückt, klappt das mit der Annona noch nicht. „Sie gilt ja als die wohlschmeckendste Frucht der Welt“, sagt Prof. Gebauer. Aber bislang will sie in Kleve einfach noch keine Frucht tragen. Warum das so ist? – Da wartet wohl eine weitere Forschungsaufgabe.